Armenien erwirbt Langstreckenraketen aus Russland: Aserbaidschan wird reagieren

  16 Oktober 2016    Gelesen: 1025
Armenien erwirbt Langstreckenraketen aus Russland: Aserbaidschan wird reagieren
Armenien hat Iskander-Offensivraketen aus Russland gekauft. Damit leitet die Kaukasus-Republik eine weitere Eskalation im militärischen Wettrennen mit Aserbaidschan um die von Armenien okkupierte Karabach-Region ein. Aserbaidschan hat zahlreiche Möglichkeiten, militärisch zu reagieren.
In den vergangenen Wochen paradierte Armenien seine neu erworbenen, fortschrittlichen Waffensysteme in der Öffentlichkeit. Diese erwarb es im Rahmen eines 200 Millionen schweren Kredits aus Moskau. Bei einer Parade in Jerewan anlässlich des 25. Jahrestages der armenischen Unabhängigkeit stellte Armenien die Iskander-Langstreckenraketen zur Schau. Diese stammen aus Russland. Obwohl unklar ist, ob russische oder armenische Einheiten diese neuen Raketen nun kontrollieren und steuern, bleibt unterm Strich zu bemerken: Jerewan erhöhte seine Abschreckungsfähigkeiten. Laut einer Analyse vom Kaukasus-Experten Z. Schiriyew sollen zahlreiche Analysten in Aserbaidschan vom Umstand erstaunt sein, dass Armenien die Raketen erwerben konnte. Sie erklären diese Entwicklung damit, dass Moskau über die Verluste beim sogenannten „Vier-Tage-Krieg“ gegen Aserbaidschan auf armenischer Seite im vergangenen April besorgt sei. Die Entscheidung diene dazu, die gestiegene anti-russische Rhetorik in der armenischen Öffentlichkeit herunterzukochen.

Überraschend war die auffallend gedämpfte Reaktion der aserbaidschanischen Führung an die Adresse Russlands angesichts des Raketenverkaufs an Armenien. In der Vergangenheit haben Regierungsbeamte in Baku in der Regel entweder solche Entwicklungen verurteilt oder öffentliche Forderungen gestellt, die Proliferation von Waffen an Armenien im Konfliktgebiet Karabach einzustellen. Anfang des Jahres sagte der aserbaidschanische Außenminister Elmar Mammadyarow noch:

„Während Waffen an Armenien geliefert werden, sollte Moskau verhindern, dass Munition in die besetzten Gebiete von Aserbaidschan kommen.“

Die gegenwärtige Zurückhaltung von Baku geht auf zwei Gründe zurück: Erstens ändert die Auslieferung von einigen wenigen Iskander-Raketen die regionale Militärbalance nicht stark und eine vehemente Regierungsreaktion könnte als Schwäche in der Öffentlichkeit interpretiert werden. Zweitens glaubt Baku höchstwahrscheinlich, dass die beste Antwort auf diese Raketen der Kauf eines eigenen Systems ist, dass die Iskander-Raketen bekämpfen kann.

Für neue Raketensysteme hätte Aserbaidschan Möglichkeiten, Systeme in Russland, der Ukraine oder in Israel zu erwerben. Mit dem Erwerb neuer Raketen würde Baku ein gegenseitiges Abschreckungsregime in der Region einleiten, insbesondere wenn diese in Nachitschewan aufgestellt werden. Nachitschewan ist eine aserbaidschanische Exklave zwischen Armenien, Iran und der Türkei. Baku könnte argumentieren:

„Wenn ihr uns angreift, greifen wir euch an.“

In anderen Worten könnte Aserbaidschan auf einen Raketenangriff Armeniens mit einem verheerenden Gegenangriff aus Aserbaidschan und Nachitschewan reagieren. Solch eine Abschreckung ist möglich, auch wenn Baku keine ausländischen Raketensysteme erwirbt. Das Land versucht gegenwärtig, seine bestehenden Raketenfähigkeiten auszubauen. Derzeit verhandelt das aserbaidschanische Verteidigungsministerium über den Kauf von Technologien, um Raketen mit einer Reichweite von 280 Kilometern heimisch herstellen zu können. Im Übrigen kann Baku auf ein Arsenal von vorhandenen Raketen zurückgreifen, einschließlich kürzlich ausgelieferter Mehrfachraketenwerfer T-300 Kasirga mit Lenkflugkörpern. Diese haben eine effektive Reichweite von 90 bis 110 Kilometern, ausreichend um von Nachitschewan aus weite Landstriche Armeniens ins Visier zu nehmen.

Armenien erhielt höchstwahrscheinlich Raketen vom Typ Iskander-E mit einer Reichweite von 280 Kilometer. In diesem Fall sollte bemerkt werden, dass diese Reichweite nicht ausreiche, um Baku zu beschießen. Baku liegt rund 305 Kilometer von der armenischen Grenze entfernt. Jerewan müsste die Systeme in Karabach stationieren, um Baku anzugreifen. Das würde allerdings die angespannte Lage signifikant verschlechtern. Eine militärische Reaktion Bakus wäre voraussichtlich die Folge. Aserbaidschan würde außerdem politisch negativ auf Russland reagieren.

Unterm Strich eskaliert Jerewans Iskander-Erwerb jetzt schon das Rüstungswettrennen zwischen beiden Staaten. Dabei versuchen vor allem Drittstaaten, von der Anspannung zu profitieren. Pakistan versucht beispielsweise seit 2007, sein Mehrzweckkampfflugzeug JF-17 an Baku zu verkaufen. Islamabad beschreibt die pakistanisch-chinesische Gemeinschaftsproduktion als beste Möglichkeit Aserbaidschans, Armenien gegenüber starke Angriffsfähigkeiten zu entwickeln. Beide Staaten, Armenien und Aserbaidschan, machen sich gegenwärtig für eine umfassende militärische Konfrontation bereit.

Quelle:eurasianews

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