Die Entscheidung, nicht nur bis zu 600 Soldaten, sondern auch Kampfpanzer nach Litauen zu schicken, gilt als deutliches Signal, dass Deutschland die Sorgen der östlichen Verbündeten ernst nimmt. Vor allem die baltischen Staaten und Polen fühlen sich bedroht, seit sich der große Nachbar Russland 2014 die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim einverleibte.
Für die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau könnten die Ankündigungen hingegen eine weitere Belastungsprobe darstellen. Russland hatte die Grundsatzbeschlüsse der Nato zur Aufrüstung im Osten bereits im Sommer scharf kritisiert. "Die Allianz konzentriert ihre Kräfte darauf, eine nicht existierende Gefahr aus dem Osten einzudämmen", erklärte das Außenministerium damals und warf der Nato eine "Dämonisierung" Russlands vor.
Größte Aufrüstung seit dem Kalten Krieg
Die deutschen Pläne, die am Rande eines zweitägigen Verteidigungsministertreffens in Brüssel bekannt wurden, sind Teil des größten Nato-Aufrüstungsprogrammes seit dem Kalten Krieg. Dieses sieht unter anderem vor, vom kommenden Jahr an multinationale Kampftruppen in den Mitgliedstaaten Polen, Litauen, Lettland und Estland zu stationieren.
Deutschland hat zugesagt, in Litauen die Rolle der Führungsnation zu übernehmen. In Polen tun dies die USA, in Lettland die Kanadier und in Estland die Briten. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, dass die Kampftruppen im kommenden Sommer vollständig einsatzbereit sein sollten. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen nannte die vorgesehene Stärke als "genau angemessen" und "defensiv".
Die CDU-Politikerin hatte erst im vergangenen Jahr als Konsequenz aus der Ukrainekrise entschieden, die Bundeswehr mit rund 100 zusätzlichen Leopard 2 aufzurüsten. Bereits ausgemusterte, gebrauchte Panzer sollen von der Industrie zurückgekauft und ab 2017 modernisiert werden. Die im Zuge der Bundeswehrreform 2011 beschlossene Obergrenze von 225 Leopard-2-Panzern der Bundeswehr wird damit wieder auf 328 erhöht. Wie viele davon jetzt nach Litauen verlegt werden sollen, blieb zunächst unklar.
Nato-Einsatz gegen Schleuserkriminalität
Am zweiten Tag ihres Treffens in Brüssel wollen die Verteidigungsminister heute über die Zusammenarbeit des Bündnisses mit der Europäischen Union beraten. Bereits am Mittwochabend beschlossen sie nach Angaben aus Bündniskreisen, Logistik- und Aufklärungskapazitäten für die EU-Marineoperation "Sophia" vor der libyschen Küste zur Verfügung zu stellen. So könnten Nato-Schiffe zum Beispiel Radarbilder übermitteln oder die Versorgung des EU-Verbandes mit frischem Treibstoff sicherstellen.
Die EU-Marineoperation "Sophia" wurde im vergangenen Jahr als Einsatz gegen Schleuserkriminalität gestartet, hat mittlerweile aber auch die Erlaubnis zur Bekämpfung des Waffenschmuggels in Richtung Libyen. Zudem beinhaltet sie ein Ausbildungsprogramm für libysche Küstenschutzkräfte. Dieses wird wegen der Sicherheitslage in Libyen nicht an Land, sondern auf hoher See durchgeführt. EU-Staaten wie Italien und Deutschland erhoffen sich von der Operation "Sophia" unter anderem einen deutlichen Rückgang der unkontrollierten Migration von Libyen aus.
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