Obama und Trump geben sich die Hand

  11 November 2016    Gelesen: 1597
Obama und Trump geben sich die Hand
Im Wahlkampf kämpft Barack Obama an der Seite Hillary Clintons gegen Donald Trump - und lässt keinen Zweifel daran, dass er den jetzigen Wahlsieger für völlig ungeeignet hält, Präsident zu sein. Der wiederum unterstellte seinem Vorgänger größtmögliche Inkompetenz. Nun treffen sie sich wieder.
Im Wahlkampf kämpft Barack Obama an der Seite Hillary Clintons gegen Donald Trump - und lässt keinen Zweifel daran, dass er den jetzigen Wahlsieger für völlig ungeeignet hält, Präsident zu sein. Der wiederum unterstellte seinem Vorgänger größtmögliche Inkompetenz. Nun treffen sie sich wieder.

Das Treffen beginnt um 11 Uhr Ortszeit und soll eigentlich nur zehn Minuten dauern. Doch dann kommen die beiden ins Gespräch und unterhalten sich 90 Minuten lang. Anschließend empfangen sie die es vor Spannung kaum aushaltenden Journalisten im Oval Office, dem Büro des US-Präsidenten. Zwei Männer in Anzügen sitzen da, hier der schlanke, noch immer durchaus jugendliche wirkende Obama, dort der deutlich untersetztere, aber strahlend blonde Trump.

Geht jetzt der Wahlkampf weiter? Wiederholt Trump, dass er seinen Vorgänger für inkompetent und desaströs hält? Wiederholt Obama, dass für ihn Trump gänzlich ungeeignet ist, Präsident zu sein? Natürlich nicht. Harmonie ist angesagt. Beide hocken leicht vorgebeugt auf der Vorderkante ihrer Sessel vor dem Kamin, als sie freundliche Worte übereinander wechseln: "Ich fühle mich dadurch ermutigt, dass der designierte Präsident daran interessiert ist, mit meinem Team bei den großen Aufgaben zusammenzuarbeiten, die vor unserem Land liegen", sagt Obama. Trump retourniert: "Es war mir eine große Ehre, bei Ihnen zu sein Mr. President, und ich hoffe wir treffen uns noch sehr oft." Sie geben sich sogar die Hand. Am Ende scherzt Obama wie immer und rät Trump nie zu antworten, wenn die Reporter alle auf einmal losfragen.

Alte Wunden

Dass Obama am Vortag eigens betont hatte, die friedliche Übergabe der Macht sei eine der Errungenschaften der Demokratie, sprach Bände. Denn Trump war es gewesen, der genau das infrage gestellt hatte. Selbst in der letzten TV-Debatte ließ er noch offen, ob er das Ergebnis der Wahlen anerkennen würde. Das wolle er nur tun, wenn er den Sieg davon trüge.

Obama schien bemüht, nun die Vergangenheit ruhen zu lassen. Mit George W. Bush habe er ja auch kaum etwas gemeinsam gehabt, hatte er zuvor gesagt, und dann hätten dessen Mitarbeiter völlig geräuschlos und ohne Widerwillen ihren Nachfolgern die Geschäfte übergeben. Bush selbst sei zudem überaus freundlich gewesen. Wie meistens wirkte Obama dabei glaubwürdig. Klar, ein normaler Vorgang, dieses Treffen. Aber Moment mal Mr. President - es ist doch Donald Trump! Der Angeber, der Belästiger von Frauen, der mit den rassistischen Äußerungen, der Leugner des Klimawandels, der Kandidat, dem jedes Mittel recht war, um nun in das Weiße Haus einzuziehen. Und das ist jetzt ein normaler Vorgang?

Und dann war da ja noch diese Geschichte in Washington. Vor fünf Jahren beim Korrespondentendinner, als Obama Donald Trump minutenlang vorführte, ihn mit Pointen piekste und gnadenlos bloßstellte. Als Reaktion darauf, dass Trump behauptet hatte, Obama sei gar nicht in den USA geboren und daher nicht berechtigt gewesen, Präsident zu werden. Und möglicherweise ein Moslem sei. Regungslos steckte Trump damals Pointe um Pointe weg, während die Gäste im Saal vor Lachen auf den Tisch schlugen. Beschloss Trump in diesem Moment, Obamas Nachfolger zu werden? Das Gerücht hält sich hartnäckig.

High-Noon-Moment fällt aus

Ob das stimmt, weiß wohl nur er selbst. Überraschenderweise nutzt er dann nicht die Gelegenheit, seinen Auftritt am Weißen Haus groß zu inszenieren. Während draußen die Fernsehkameras auf ihn warten, heißt es plötzlich, er sei bereits drinnen. Habe einen anderen Eingang genommen. Dabei wäre das doch eine schöne Schlagzeile - ach was: ein Filmtitel - geworden: Obama vs. Trump, 12 Uhr mittags - Das Wiedersehen. Doch der High-Noon-Moment fällt aus.

Wozu auch? Der Wahlkampf ist vorbei, Hillary Clinton ist geschlagen. Trump muss nicht mehr um die Aufmerksamkeit kämpfen. Er wird der nächste Präsident sein. Und Trump hat ja immer versprochen, "so was von präsidial" zu sein, wenn er erstmal im Amt sein würde. Und so wie Donald Trump da zum ersten Mal im Oval Office sitzt und ruhige, höfliche Worte findet, wirkt er doch ein wenig beeindruckt vom Heiligtum der ältesten Demokratie der Welt. Er habe Obama nun zum ersten Mal überhaupt getroffen, sagt er, und dann nennt er ihn einen "sehr feinen Mann" und sagt, er freue sich auch über seinen Rat.

Worüber haben sie gesprochen? Obamas Prestigeprojekt, die Krankenversicherung, die seinen Namen trägt ("Obamacare") steht ganz oben auf der Streichliste der Republikaner – und damit auch Trumps. Eine Mauer an der Grenze zu Mexiko dürfte Obama für eine Schnapsidee halten. Diskutierten sie vielleicht über die Existenz des Klimawandels? Golf wäre ein gutes Gesprächsthema gewesen. Beide verbringen ihre Freizeit gern auf dem Platz.

"Wir haben ein exzellentes Gespräch über Innen- und Außenpolitik geführt", sagt Obama. Und: "Es wäre gut für Amerika, wenn Präsident Trump erfolgreich ist." Trump, vom Gespräch sichtlich angetan, sagt, das Treffen hätte ruhig noch länger dauern können. Man habe über "Wundervolles aber auch Schwieriges" gesprochen. Konkreter werden die beiden erstmal nicht. Fragen werden nicht beantwortet. Aber immerhin: Trump zeigt Respekt vor den Institutionen des Staates. Nachdem er schon bei seiner Siegesrede in der Wahlnacht lobende Worte für Hillary Clinton fand, zeigt auch sein zweiter öffentlicher Auftritt: Donald Trump kann sich durchaus an die demokratischen Spielregeln halten. Wenn er will.

Quelle: n-tv.de

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