"Viele Schulen unterrichten immer noch ganz altmodisch, so wie es Anfang des 19. Jahrhunderts notwendig und erfolgreich war", sagt Marjo Kyllonen, Chefin der Bildungsbehörde in der finnischen Hauptstadt Helsinki, einem Bericht des Portals "Bright Side" zufolge. "Aber die Bedürfnisse sind heute nicht mehr dieselben. Wir brauchen ein Konzept, das ins 21. Jahrhundert passt."
Phänomene statt Fächer
Dieses Konzept, das Kyllonen mit ihren Kollegen entwickelt hat, sieht die völlige Abschaffung des bisherigen Fächerkanons bis zum Jahr 2020 vor. Stattdessen sollen die Schüler Ereignisse und Themen interdisziplinär bearbeiten - ein Ansatz, der an finnischen Schulen schon länger diskutiert wird. "Phänomen-Unterricht" nennen die Experten diese Form der Stoffvermittlung.
Ein Beispiel: Der Zweite Weltkrieg wird zukünftig in einem Projekt gleichzeitig aus historischer, geografischer und mathematischer Perspektive behandelt. Beim Thema "Arbeiten in einem Café" könnten Kenntnisse in Englisch und Wirtschaft sowie schriftliche und mündliche Kommunikationsfähigkeiten vermittelt werden.
Gruppenarbeit statt Frontalunterricht
Die Abschaffung der Fächer soll aber nicht an allen Schulen flächendeckend umgesetzt werden, sondern zunächst nur für ältere Schüler ab 16 Jahren. Die hätten dann die Möglichkeit, mit Blick auf ihre eigenen beruflichen Pläne diejenigen Projekte und Themen zu wählen, die sie interessierten, heißt es in dem Bericht.
Zumindest in der Oberstufe werde damit auch das traditionelle Unterrichtsmodell entfallen, die Schüler sollen statt dessen in kleinen Arbeitsgruppen lernen. Aber auch die 7- bis 16-Jährigen werden den neuen Unterricht kennenlernen. In allen Schulen soll es zumindest eine längere Phase des fächerübergreifenden Phänomen-Unterrichts geben, teilte die Bildungsbehörde in Helsinki mit.
Dabei profitieren nicht nur die Schüler, sondern auch die Lehrer von der Reform: Sie werden in Zukunft viel stärker als bisher fächerübergreifend mit Kollegen zusammenarbeiten. Zwei Drittel der Lehrer in Helsinki sind dafür bereits geschult worden - und erhalten, wenn sie im neuen System arbeiten, dafür auch einen Lohnzuschlag.
Quelle : spiegel.de
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