Doch noch mehr als seine Gegner wird Präsident Trump seine Anhänger, die weiße abgehängte Mittelklasse, überraschen. Er hat sie mit einem Heilsversprechen geködert: "Die vergessenen Männer und Frauen unseres Landes werden nicht länger vergessen sein", hat Trump Millionen Amerikanern, die durch Globalisierung und Strukturwandel ihren Job verloren haben, in seiner Siegesrede versprochen.
Es wird die größte Lüge seiner Präsidentschaft werden. Die Arbeiter und Angestellten ohne Uni-Abschluss, die Trump aus Hoffnung auf den Wiederaufstieg gewählt haben, werden in seiner Amtszeit noch mehr verlieren. Der neue Präsident wird Politik gegen die machen, in dessen Namen er ins Weiße Haus einzieht. Oder sie zumindest massiv enttäuschen.
Ein Handelskrieg schafft keine Jobs
Zuallererst bei dem Jobwunder, das er angekündigt hat: "Wir werden unsere Innenstädte reparieren und unsere Autobahnen, Brücken, Tunnel, Flughäfen, Schulen und Krankenhäuser wiederaufbauen. Und wir werden dabei Millionen Menschen Arbeit geben", hat Trump am Tag seines Wahlsiegs gesagt. Die Aktien von Baumaschinenfirmen steigen dank seinem Infrastrukturplan bereits. Aber er löst das Problem nicht: die hochbezahlten Fabrikarbeiterjobs der Fünfziger Jahre werden selbst mit öffentlichen Milliardeninvestitionen nicht in die USA zurückkommen. Die Jobs sind längst nach China und Indien abgewandert.
Mit massivem Protektionismus will Trump diesen Trend umkehren. Doch seine Strategie verkennt die Realitäten. Strafzölle auf chinesische Waren werden vielleicht ein paar Jobs in die USA zurückbringen. Aber die Supermarkt-Rechnung seiner Wähler wird dabei immens steigen. Einen Handelskrieg mit Mexiko und China werden die kleinen Leute, die an seine Versprechen geglaubt haben, zuerst im Geldbeutel spüren.
Und selbst wenn Trump es schaffen sollte, Jobs in die USA zurückzuholen, werden sie nicht mehr so gut bezahlt sein wie früher. Dazu ist die globale Konkurrenz einfach zu groß. Im "Rostgürtel" in Pennsylvania, Ohio und Michigan, wo früher das Herz der US-Schwerindustrie schlug, wird deshalb kein neuer Wohlstand aus dem Boden sprießen.
Offen ist zudem, wie Trump sein gigantisches Investitionsprogramm finanzieren will. Entweder läuft es auf eine Explosion der Staatsschulden hinaus. Sie wird das Wachstum langfristig hemmen. Oder Trump muss massiv bei anderen Ausgaben streichen, wie den Gesundheits- und Sozialversicherungsprogrammen. Damit würde er wieder genau die Wähler treffen, die für ihn gestimmt haben.
Schulden für alle, Steuergeschenke für Reiche
Die Wut der Mittelklasse über den Abstieg ist verständlich. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in kaum einem anderen entwickelten Land größer als in den USA. Das US-Steuersystem begünstigt Superreiche auf Kosten der Mittelklasse, die Trump ins Weiße Haus getragen hat. Doch warum Millionen wütende, von der Globalisierung abgehängte Arbeiter glauben, dass ausgerechnet ein Milliardär, der kaum Steuern zahlt und in einer Luxusvilla wohnt, ihnen ein besseres Leben bringen wird, ist rational kaum zu verstehen. Auch seine Steuerpläne werden die Ungerechtigkeit nur noch vergrößern.
Auf Trumps Amtsantritt freuen sich vor allem Großkonzerne wie Apple, Google und Amazon, die Milliarden Dollar im Ausland bunkern. Trump will nicht nur generell die Unternehmenssteuern von 35 auf 15 Prozent senken. Laut seinem Steuerplan werden die Multis ihr Geld bald so gut wie kostenlos in die USA zurückholen können - mit einer Einmalzahlung von zehn Prozent der Gesamtsumme.
Ein noch größerer Schlag ins Gesicht seiner Wähler sind Trumps Steuergeschenke für Superreiche. Die Erbschaftssteuer will er ganz abschaffen, den Spitzensteuersatz auf 33 Prozent senken. Die US-Denkfabrik "Tax Policy Center" hat ausgerechnet: Während die reichsten Amerikaner im Schnitt mit 1,1 Millionen Dollar mehr im Portemonnaie rechnen können (+14 Prozent), entlasten Trumps Steuerpläne das ärmste Fünftel der Steuerzahler um gerade mal rund 100 Dollar (+0,8 Prozent).
Es sieht alles danach aus, als ob Präsident Trump seine frustrierten Anhänger massiv desillusionieren wird. In vier Jahren dürften sie dann noch wütender und enttäuschter an die Urnen laufen. Wen sie dann wählen könnten, mag man sich lieber nicht vorstellen.
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