Ich beginne mit dem letzten Teil Ihrer Frage. Einfache US-Bürger, die Trump bei den Wahlen am 8. November unterstützt haben, haben ihm zum Präsidentenamt verholfen. Wie Präsident Wladimir Putin mehrmals öffentlich erklärte, waren wir nie bestrebt, den Wahlkampf zu beeinflussen, denn das ist eine innere Angelegenheit der USA. Wenn jemand versuchte, sich einzumischen, dann waren es Verbündete der USA. Lesen Sie, was viele europäische Spitzenpolitiker während des Wahlkampfs über Trump gesagt und geschrieben haben.
Was die Märchen über "russische Hacker" und andere Beschuldigungen gegen uns im Zusammenhang mit dem Wahlkampf anbetrifft, so wurden sie zu Tode geritten. Kennzeichnend ist, dass die Autoren von solchen Beschuldigungen, die die russlandfeindliche Hysterie vor den Wahlen in den USA hochgeschraubt haben, jetzt in sieben Sprachen schweigen.
Niemand legte "Beweise" für eine Einmischung in den Wahlprozess vor, weder der amerikanischen Öffentlichkeit noch der Weltöffentlichkeit. Das zeigt nochmal, dass diese ganze Geschichte aus dem Bereich der Mythen stammt und auf die Lösung politischer Konjunkturfragen abzielt.
Wir rechnen damit, dass die neue US-Regierung die Fehler ihrer Vorgänger nicht wiederholt, die die russisch-amerikanischen Beziehungen gezielt ruiniert haben. Selbstverständlich haben wir die Ausrichtung von Donald Trump auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern positiv aufgenommen, die er während des Wahlkampfs an den Tag gelegt hat.
Unsererseits sind wir immer offen für den Aufbau eines ehrlichen und pragmatischen Dialogs mit Washington zu allen Fragen der bilateralen und globalen Tagesordnung aufgrund der Prinzipien des gegenseitigen Respekts, der Gleichberechtigung und der Berücksichtigung der Interessen von einander und der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten.
Am 14. November dieses Jahres haben Präsident Wladimir Putin und der neu gewählte US-Präsident Donald Trump ihr erstes Telefonat geführt und die Bereitschaft bekräftigt, zusammenzuarbeiten, um die bilateralen Beziehungen aus dem heutigen Krisenzustand herauszubringen und aktuelle internationale Probleme, darunter die Bekämpfung der Terrorgefahr, zu regeln. Wir hoffen, dass das außenpolitische Team des neuen Präsidenten, das gerade gebildet wird, praktische Schritte in dieser Richtung unternehmen wird, und dass die Zusammenarbeit mit ihm konstruktiv sein wird.
Selbstverständlich sind wir uns darüber im Klaren, dass die Wiederherstellung einer umfassenden Zusammenarbeit zwischen Russland und den USA keine einfache Aufgabe ist. Für die Überwindung der verheerenden Folgen des antirussischen Kurses der Obama-Regierung bedarf es ernster Anstrengungen von den beiden Seiten. Doch wie Präsident Wladimir Putin betont hat, sind wir bereit, unseren Teil des Weges zu gehen, um die russisch-amerikanischen Beziehungen auf eine stabile Bahn zurückzubringen.
Wir gehen davon aus, dass in der modernen Welt viel von unseren Ländern abhängt, darunter in Bezug auf die Aufrechterhaltung der strategischen Stabilität und Sicherheit sowie die effektive Lösung von Schlüsselproblemen der Gegenwart.
Was sind die Ziele Russlands in Syrien?
Gleich seit Beginn der Syrien-Krise setzt sich Russland unentwegt für eine politisch-diplomatische Regelung ein, und zwar durch die Aufnahme eines inklusiven innersyrischen Dialogs. Alle unsere Aktivitäten orientieren sich strikt am Völkerrecht.
Im Laufe der Syrien-Operation der russischen Luft-und Raumfahrttruppen, die auf die offizielle Anfrage seitens der legitimen Behörden dieses UN-Mitglieds durchgeführt werden, ist es uns gelungen, den Terroristen einen bedeutenden Schaden zuzufügen, die in diesem Land tief verwurzelt sind, darunter durch die massenhafte Unterstützung aus dem Ausland.
Wir gingen immer davon aus, dass sich der syrische Knoten nicht allein durch militärische Maßnahmen lösen lässt. Als unsere wichtigste Aufgabe wollen wir durchsetzen, dass die Syrer eine Perspektive, eine Hoffnung auf eine bessere Zukunft in einem freien und weltlichen Staat haben, in dem alle ethnischen und religiösen Bevölkerungsgruppen in Frieden und Eintracht leben.
Die Versuche, den Syrern eine fremde Tagesordnung aufzuzwingen, haben bereits zu Hunderttausenden Toten und Verletzten, Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen geführt, die soziale und wirtschaftliche Infrastruktur ruiniert sowie Elemente der ethnischen und konfessionellen Spaltung in der syrischen Gesellschaft entstehen lassen. Um all diese Probleme zu lösen, müssen sich die Syrer selbst, ohne jegliche Einmischung von außen, darüber einigen, wie sie ihren Staat, seine politische und administrative Ordnung sehen, und demnächst auf demokratischem Wege bestimmen, wer das Land regieren wird.
Doch vor allem ist es erforderlich, Frieden und Sicherheit zu gewährleisten und den Herd des Terrorismus in Syrien zu vernichten. Bis dahin bleiben ganze Distrikte in den Händen der Terrorgruppierungen, wie dem IS, Dschabhat Fatah asch-Scham und anderen. In diesem Zusammenhang ist die Bildung einer breiten Antiterrorfront auf einer allgemein anerkannten völkerrechtlichen Basis erforderlich, und solch eine Initiative wurde von Präsident Wladimir Putin noch im September letzten Jahres unterbreitet.
Zugleich soll ein inklusiver innersyrischer Verhandlungsprozess anhand der Bestimmungen des „Genfer Kommuniqués" vom 30. Juni 2012, der Resolution 2254 des UN-Sicherheitsrats und der Beschlüsse der Internationalen Unterstützungsgruppe für Syrien eingeleitet werden. Der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Syrien, Staffan de Mistura, der ein deutliches und klares Mandat des UN-Sicherheitsrates hat, soll zur Lösung dieser Aufgabe aktiver beitragen.
Wir helfen, dafür günstige Bedingungen zu schaffen, indem wir den Prozess der "lokalen Friedenserzwingung" fördern und große Arbeit mit der bewaffneten Opposition durch das Zentrum zur Versöhnung der verfeindeten Parteien in Hmeymim leisten.
Ich will nochmals betonen. Der Syrien-Konflikt kann nur von den Syrern selbst beigelegt werden. In diesem Zusammenhang rufen wir westliche und regionale Partner erneut auf, auf die Versuche des geopolitischen Engineerings in der Region zu verzichten, die Souveränität und die territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien zu respektieren und zusammen zum wichtigsten Ziel, zur Rückkehr des Lebens in diesem Staat auf die friedliche Bahn, beizutragen.
Präsident Wladimir Putin hat mehrmals behauptet, Moskau hege keine aggressiven Pläne gegenüber den Ländern aus dem Ostflügel der NATO. Wozu hat Russland in diesem Fall sein Militär im grenznahen Gebiet verstärkt?
Heutzutage beobachten wir eine nach dem Ende des "Kalten Krieges" beispiellose Aufstockung des militärischen Potentials, die Verstärkung der Militärpräsenz und der NATO-Infrastruktur im so genannten "Ostflügel" der Allianz zwecks Ausübung des militärisch-politischen Drucks auf unser Land.
Vor der russischen Grenze werden Militärübungen der Mitgliedsländer durchgeführt, welche oft einen ausgesprochen provokativen Charakter tragen. Unter dem Vorwand einer mythischen "Bedrohung aus dem Osten" werden in mittel- und osteuropäischen Ländern amerikanische Truppen und schwere Militärtechnik stationiert, dort entstehen neue Elemente der Kommando- und Stabsstruktur der Allianz.
All die Aktionen der Allianz wurden im Laufe des NATO-Gipfels im Juli in Warschau "bewilligt", nach dem ein langfristiger Kurs auf eine weitere Aufstockung der Militärkomponenten des Blocks festgelegt wurde. Es sieht so aus, als würden die USA und die NATO den Spannungsgrad bewusst erhöhen.
Diese Schritte passen zur langjährigen destruktiven Linie der Nordatlantischen Allianz, die auf die militär-politische Dominanz in europäischen und internationalen Angelegenheiten sowie auf die Eindämmung Russlands abzielt. Sogar in den "besten Zeiten" hat die NATO nicht aufgehört, ihre Militärinfrastruktur, unter anderem durch die "drei Wellen" der Erweiterung, näher an die russische Grenze zu rücken.
Die NATO hat starke Aktivitäten in der osteuropäischen Region unterhalten und wurde in die Raketenabwehrprogramme der USA integriert, deren wahre Ausrichtung auch vor der Regelung der Situation um das iranische Atomprogramm keine großen Zweifel hervorrief. Ganz zu schweigen von den Versuchen der Allianz und ihrer einzelnen Mitgliedsländer, ihre eigensüchtigen geopolitischen Aufgaben zu lösen, ohne auf völkerrechtliche Normen und Prinzipien Rücksicht zu nehmen. Es genügt, sich nur an die Bombardierung des ehemaligen Jugoslawiens, an den Einmarsch in den Irak und die Aggression gegen Libyen zu erinnern.
Russland, das sich an die sich infolge der destruktiven NATO-Aktivitäten verändernde Lage auf dem Kontinent anpassen muss, ist unter den entstandenen Bedingungen gezwungen, entsprechende Maßnahmen für die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit und der nationalen Sicherheit zu treffen. Ich möchte auch bemerken, dass all die Schritte auf unserem Territorium unternommen werden. Im Unterschied zu den USA und einer Reihe anderer Länder, die ihre Truppen in die an Russland grenzenden Staaten verlegen und provokative Militärdemonstrationen an unseren Grenzen durchführen.
Wir sind zum Dialog und zur Zusammenarbeit mit der NATO bereit, aber nur - ausschließlich - unter den gleichberechtigten Bedingungen, so wie es in der Gründungsakte des Russland-NATO-Rates festgehalten ist.
Wie sieht Russland die Zukunft der Ukraine?
Russland ist an der Lösung des Konfliktes an seiner Grenze mehr als jemand sonst interessiert. Wir wünschen uns einen berechenbaren und zuverlässigen Nachbarn, mit dem eine pragmatische und gleichberechtigte Zusammenarbeit in allen Bereichen vorangetrieben werden kann.
Die Behauptungen bezüglich der Präsenz von russischen schweren Kriegsgeräts im Südwesten der Ukraine, das abgezogen werden soll, gehören offensichtlich zum Bereich der Fantasie. Die Sonder-Beobachtermission der OSZE und die OSZE-Gruppe an den Grenzkontrollposten "Gukowo" und "Donezk" an der russisch-ukrainischen Grenze haben in keinem ihrer Dokumente die Präsenz von russischen Truppen, das Vorhandensein oder die Lieferung von russischen Waffen, darunter auch von schweren, auf das Territorium der Gebiete Donezk und Lugansk festgehalten. Die Konfliktparteien benutzen Waffen, die nach dem Zerfall der UdSSR in der Ukraine verblieben sind. Kiew versucht außerdem, seine Verluste durch die Waffenlieferungen, darunter auch von tödlichen Waffen, aus den NATO-Ländern auszugleichen.
Es ist offensichtlich, dass die Frage der Militärtechnik im Donbass ganz von selbst gelöst wird, wenn der Maßnahmenkomplex von Minsk völlig umgesetzt wird. Dazu gehört auch die Gewährleistung von zuverlässigen verfassungsgebundenen Sicherheitsgarantien für die Bevölkerung aus dem Südosten in Form eines Sonderstatus der Region.
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