Kampf im Lkw - Fahrer verhinderte Schlimmeres

  21 Dezember 2016    Gelesen: 687
Kampf im Lkw - Fahrer verhinderte Schlimmeres
Nachdem ein Tatverdächtiger freigelassen wird, dauert die Suche nach dem Berlin-Attentäter weiter an. Die Ermittler gehen zahlreichen Hinweisen nach und sagen: "Wir tappen nicht im Dunklen". Unterdessen werden weitere Details des Tathergangs bekannt.
Der polnische Lkw-Fahrer, der beim Attentat auf dem Beifahrersitz saß, hat offenbar in letzter Sekunde eine noch größere Katastrophe verhindert. Die Obduktion habe ergeben, dass Lukasz U. zum Zeitpunkt des Anschlags noch lebte, berichtete die "Bild"-Zeitung. Ermittler gehen davon aus, dass es in der Fahrerkabine einen Kampf gegeben hat. Auch von Messerstichen ist die Rede. Erschossen worden sei Lukasz U. erst, als der Lkw zum Stehen kam. Nach dem Attentat fand man den Polen tot im Führerhaus. Er wurde mit einer kleinkalibrigen Waffe erschossen. Von ihr fehlt bislang jede Spur.

Der Lkw hatte seine Fahrt ins Zentrum Berlins am Montagabend um 19:37 Uhr begonnen. Möglicherweise hat Lukasz U. den Truck zu diesem Zeitpunkt noch gesteuert. Denn für einen Fahranfänger wäre es schwierig gewesen, einen Sattelschlepper durch den Berliner Verkehr zu lenken. Was sich seit dem letzten Kontakt von Lukasz U. zu seiner Spedition gegen 16 Uhr am Montagnachmittag und dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz um 20:02 Uhr ereignet hat, versuchen die Ermittler nun möglichst detailliert zu rekonstruieren.

Und die Ermittler suchen nach dem womöglich bewaffneten Täter und etwaigen Komplizen. Der zunächst festgenommene Verdächtige Naved B. wurde wieder freigelassen, nachdem sich gegen ihn kein dringender Tatverdacht ergeben hatte. Ein Augenzeuge hatte den Mann am Montagabend zu Fuß verfolgt, der Pakistaner wurde dann von der Polizei zwei Kilometer vom Tatort entfernt festgenommen. Allerdings fanden sich bei ihm keine Schmauchspuren, keine Verletzungen und kein Blut, obwohl in der Fahrerkabine viele Blutspuren vorhanden waren. Der Zeuge räumte zudem ein, den Fliehenden zwischenzeitlich aus den Augen verloren zu haben. Auch ist von einem Alibi die Rede, das Naved B. für die Zeit unmittelbar vor dem Attentat vorweisen konnte.

Zwar reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Angriff auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche für sich. Allerdings steht bislang nicht fest, ob wirklich eine so weit verzweigte Organisation hinter dem Anschlag steht oder der Täter auf eigene Faust handelte. Der IS hatte über sein Sprachrohr Amak verbreitet, der Angriff sei eine Reaktion auf Aufrufe gewesen, die Bürger von Staaten der Anti-Terror-Koalition anzugreifen. Sollte sich bestätigen, dass der IS hinter der Tat steht, wäre es der erste islamistische Anschlag mit einer Vielzahl von Todesopfern in Deutschland.

Nur eine vage Täterbeschreibung

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sagte, es sei möglich, dass der gefährliche Täter noch im Raum Berlin unterwegs sei. Bundesinnenminister Thomas de Maizière versicherte, die Ermittler tappten nicht im Dunklen. Es gebe Ermittlungsansätze, die würden verfolgt. "Und niemand wird ruhen, bis nicht der Täter oder die Täter gefasst sind", so der Innenminister. Der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, sagte am Dienstagabend im ZDF: "Ich bin relativ zuversichtlich, dass wir vielleicht schon morgen oder in naher Zukunft einen neuen Tatverdächtigen präsentieren können." Vieles könne derzeit nicht verraten werden, aber es gebe "gute Hinweise" und "sehr viele Ansatzpunkte".

Die Berliner Polizei hat nach eigenen Angaben mehr als 500 Hinweise zu dem Anschlag erhalten. Neben Zeugenaussagen werten die Ermittler Schulz zufolge DNA-Spuren und Fingerabdrücke aus. Mit GPS-Daten vom Tatabend werde nach dem Handy des Täters gesucht. Auf dieser Basis könne ein Bewegungsbild erstellt werden. "Wir haben viele Möglichkeiten, um die Person auch zu finden", sagte Schulz.

Am Montagabend war der vermutlich entführte Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz im Herzen Berlins gerast. Einschließlich des Polen starben zwölf Menschen, rund 50 wurden teils lebensgefährlich verletzt. Laut de Maizière konnten - neben dem Polen - bislang erst sechs Tote identifiziert werden. Bei ihnen handelt es sich um deutsche Staatsbürger. Bislang ist bekannt, dass 14 Menschen noch mit dem Tod ringen.

Tags:


Newsticker