Stattdessen hatten Apples Entwickler ein System von Gesten erdacht, mit dem sich das Gerät bedienen lassen sollte, direkt mit dem Finger auf dem Bildschirm, dem Touchscreen. So etwas hatte es bis dahin nicht gegeben. Das neue Interface sorgte für Staunen und Verwirrung.
Wie das alles funktionieren sollte, war damals kaum jemandem klar. "Mit einer Berührung wird die Verbindung aufgebaut, das Menü soll sich sofort anpassen. Wer mit einer Tastatur unbedingt arbeiten will, der kann sich eine auf dem Bildschirm einblenden lassen", versuchte SPIEGEL ONLINE damals, das erste iOS zu beschreiben.
Apples Fans jubelten natürlich. Sie waren von den jahrelangen Gerüchten um ein Apple-Handy aufgestachelt worden und enttäuscht von Motorolas Versuch, ein iTunes-kompatibles Handy zu bauen.
Die Handybranche gab sich weniger beeindruckt. Auf der parallel zu Apples Veranstaltung stattfindenden Unterhaltungselektronikmesse CES erklärte der Nokia-Sprecher Kari Tuuti, man respektiere Apple, doch gelte Nokia "unter allen Handyherstellern als derjenige mit der einfachsten Benutzerführung". Das iPhone sei dagegen chancenlos, schließlich habe sein Unternehmen 2006 "fast 70 Millionen Musik-Handys verkauft. So viele iPods hat Apple in etwa fünf Jahren abgesetzt."
Tuutis Urteil damals: "Ich bin mir sicher, dass wir der Marktführer bleiben." Eine krasse Fehleinschätzung. Etwas näher an dem, was dann wirklich geschah, lag Stanford-Analyst Michael Nelson. Er glaubte: "Obwohl es nicht auf den Massenmarkt zielt, hat das iPhone das Potenzial, die Branche durcheinanderzuwirbeln." Heute wird wohl niemand daran zweifeln, dass das iPhone ein Massenprodukt geworden ist.
"Ein kompliziertes Gerät"
Eine vorsichtigere Einschätzung lieferte Molly Wood vom Technikportal "Cnet". Sie urteilte, das iPhone sei "ein kompliziertes Gerät", das Technik nutze, "die zuvor noch niemand eingesetzt hat". Weitsicht bewies die Expertin mit der Vermutung, das große Display "könnte permanent mit Fingerabdrücken bedeckt sein, es könnte auch leicht zerbrechen."
Und dann gab es da noch den Ärger wegen des Namens: Lange vor Apple hatte sich der Netzwerkausrüster Cisco die Namensrechte an der Bezeichnung iPhone für eines seiner Internettelefone gesichert. Zwar habe Apple Verhandlungen über eine Nutzung der Bezeichnung geführt, doch die seien ergebnislos verlaufen, sagte damals Cisco-Justiziar Mark Chandler. Also klagte man gegen Apple. Ein paar Wochen später einigten sich die Unternehmen außergerichtlich. Details über den Deal wurden nicht genannt.
Apples Mitarbeiter
Nach Steve Jobs Ankündigung im Januar dauerte es jedoch noch Monate, bis die ersten iPhones in den USA ausgeliefert wurden. Genug Zeit für Nachahmer, schnell die ersten billigen Kopien zu bauen und auf den nach der Neuheit gierenden Markt zu werfen.
Als dann am Abend des 29. Juni 2007 in den USA der Verkauf begann, war der Ansturm gewaltig. Apple-Fans campierten schon Tage vorher vor den Apple-Stores. Ein Bild, das sich seither regelmäßig wiederholt hat.
Tausende Mitarbeiter wurden zusätzlich eingestellt, um die iPhones möglichst schnell aus den Regalen in die Einkaufstüten der Käufer umzuschichten. Wegen der großen Nachfrage mussten sich sogar Apples Angestellte in Geduld üben. Zwar war jedem von ihnen ein kostenloses iPhone versprochen worden, doch mussten sie darauf einen Monat länger warten, die zahlende Kundschaft hatte Priorität.
"Ein iParadies - mit Fallgruben"
Weil man Apples Handy damals noch nicht in Deutschland kaufen konnte, versuchten wir uns an einem Vergleich der wichtigsten iPhone-Funktionen mit denen anderer damals aktueller Geräte. Das Ergebnis lässt sich knapp zusammenfassen: Zwar gab es damals Mobiltelefone, die das eine oder andere iPhone-Feature auch boten, doch keines konnte mehrere oder alle vorweisen, vom Design gar nicht zu reden.
Gleichzeitig besorgte sich unser US-Korrespondent Marc Pitzke in New York ein iPhone. In seinem Test bescheinigte er dem Touchscreen-Handy, dass es "trotz seiner diversen Macken" ein revolutionäres Gerät sei, "nicht nur für Mac-Fans". Mit seiner Einschätzung, Apple läute damit "eine neue Ära der Kommunikation ein", lag er aus heutiger Sicht goldrichtig. Sein Fazit: Das iPhone sei ein "iParadies - mit Fallgruben."
Der Druck steigt
Seit der Vorstellung des ersten Modells am 9. Januar 2007 wurden mehr als eine Milliarde Apple-Handys verkauft. Laut Statista fast die Hälfte davon in den vergangenen zwei Jahren. Das spült Milliardengewinne in Apples Kassen, setzt den Konzern aber auch unter Druck: Jedes neue Modell muss ein Erfolg werden.
Quelle : spiegel.de
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