Kurzschluss aus Platzmangel
Demnach hatten die von Samsungs eigener Firma SDI produzierten Batterien einen Design-Fehler, der dazu führen konnte, dass sich die Elektroden unter Druck berühren konnten. Die Geräte explodierten also durch einen Kurzschluss in den Akkus. Die Batterien eines Hongkonger Herstellers, die nach dem ersten Rückruf als Ersatz verwendet wurden, hätten keinen Design-Mangel gehabt, so Samsung. Hier hätte die überhastet angeworfene Produktion zu fehlerhaften Lötstellen geführt.
Samsung übernimmt die Verantwortung, weil der Hersteller "die Zielspezifikationen für die im Note 7 eingesetzten Akkus vorgegeben hat". Das aber ist das eigentliche Problem: Die Vorgaben an die Tochterfirma SDI waren nämlich, eine möglichst dünne und kleine Batterie zu bauen, die in das 7,9 Millimeter dünne Phablet passte. Trotzdem sollte der Akku eine Kapazität von 3500 Milliamperestunden haben, um eine lange Laufzeit zu ermöglichen. Weil die Effizienz von Lithium-Ionen-Akkus in den vergangenen Jahren nicht entscheidend verbessert werden konnte, blieb dem Herstellern dafür nur ein Weg: Die inneren Komponenten so weit wie möglich zu verkleinern und auf möglichst engem Raum unterzubringen.
Höhere Energiedichte - höheres Risiko
Fotos der Spezial-Firma "Instrumental" zeigen, wie wenig Platz die Batterie des Note 7 hat und wie sehr die Ingenieure auch entscheidende Komponenten reduziert haben. So sind die Isolationsschichten zwischen den Elektroden offenbar so dünn, dass schon relativ leichter Druck auf den Akku genügt, um einen Kurzschluss auszulösen.
Experten des "Battery Advisory Boards", das künftig Samsungs Produktsicherheit "mit neutralem Blick begleiten" soll, sehen das Problem ebenfalls im Drang, immer dünnere Smartphones mit gleichbleibenden oder sogar längeren Laufzeiten zu bauen. Professor Clare Grey schreibt, dass Akkus aufgrund "der hohen Reaktivität der stark oxidierten und reduzierten Materialien, die zur Erzeugung der von diesen Geräten benötigten hohen Energiedichten verwendet werden", inhärente Risiken aufwiesen. Diese seien seiner Meinung zwar beherrschbar, doch stiegen sie unweigerlich, "wenn wir nach Akkus mit immer höherer Energiedichte streben".
Ähnlich sieht dies Greys Kollege, Professor Gerdrand Ceder von der University of California at Berkeley: "Die wachsende Energiedichte von Lithium-Ionen-Akkus hat zu längeren Laufzeiten von Mobilgeräten, geringeren Kosten und einer großen Verfügbarkeit von mobiler Energie geführt, stellt aber auch strengere Anforderungen an Materialien, Design und Herstellung."
Überflüssiger Schlankheitswahn
Wie der dritte Experte, Professor Yi Cui von der Stanford University wollen sie Samsung dabei helfen, die Sicherheit der Akkus zu verbessern, auch wenn sie bei gleichbleibender Kapazität immer kleiner werden. Das ist natürlich eine gute Sache, aber ist dies auch die logische Konsequenz, die aus dem Note-7-Desaster gezogen werden sollte? Vernünftiger wäre es wahrscheinlich, keine "beherrschbaren Risiken" einzugehen. Denn wenn trotz der hochqualifizierten Forschung etwas schiefgeht, riskiert Samsung nicht nur seinen Ruf oder seinen Profit, sondern die Gesundheit seiner Kunden. Wäre es so schlimm, wenn ein Smartphone mit 5,7 Zoll mächtigem Display statt 7,9 Millimeter 9 Millimeter "dick" wäre? Wohl kaum.
Und: Samsung hat vielleicht das Know-how und die Mittel, um Akkus noch weiter zu komprimieren, sie in noch engere Gehäuse zu quetschen und trotzdem noch einen sicheren Betrieb zu gewähren. Aber ist das bei allen anderen Herstellern auch so? Vor allem Käufer eines billigen Nachahmerprodukts sollten sich da große Sorgen machen, ob auch bei diesen Geräten die Risiken beherrschbar sind.
Das heißt natürlich nicht, dass jedes superdünne Smartphone gefährlich ist, aber der Schlankheitswahn ist völlig überflüssig. Die meisten Nutzer wissen nicht mal mehr, wie dünn ihr Handy ist. Auch ein Moppelchen mit 1-Zentimeter-Taille kann toll aussehen, wenn das Design stimmt. Ein Risiko sollte man nur eingehen, wenn es sich lohnt. Das tut es in diesem Fall nicht.
Tags: