Mexiko ist wahrer Retter der US-Autobauer

  25 Januar 2017    Gelesen: 605
Mexiko ist wahrer Retter der US-Autobauer
Die Konkurrenz aus Mexiko macht den US-Autobauern mächtig Probleme, glaubt Präsident Trump. Doch so einfach ist die Lage nicht. Tatsächlich sichert der Autobau in Mexiko Zehntausende Jobs in den USA.
Die US-Autohersteller stehen unter Druck – nicht von japanischer oder deutscher Konkurrenz, sondern von ihrem eigenen Präsidenten. Donald Trump will Amerika wieder "great" machen und Ford, GM und Fiat Chrysler sollen ihm dabei helfen. Sie sollen gefälligst wieder die Fabriken wiederauferstehen lassen, die wie "Grabsteine in der Landschaft" liegen – wie Trump bei seiner Antrittsrede sagte. Produktion in Mexiko ist ab sofort Vaterlandsverrat, jetzt heißt es Jobs in den USA zu schaffen. Das Problem dabei: Genau dabei hilft Mexiko den USA bereits. Und das seit Jahren.

Zugegeben, schaut man sich die Entwicklung Mexikos an, kann einem US-Amerikaner der Atem stocken. In den vergangenen Jahren stieg das Land zu einem der größten Autohersteller auf, weil es mit niedrigen Löhnen und der Nähe zum US-Markt die großen Player aus Deutschland, Japan und den USA anlockte.

Mexiko wurde aber besonders dank der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta zu einer großen Chance für die US-Hersteller. Das Abkommen erlaubt es diesen, ganz Nordamerika als einen Markt zu begreifen. Dementsprechend können sie ihre Produktion jeweils dorthin verlagern, wo es am günstigsten ist. Für die Kleinwagenproduktion ist Mexiko attraktiv, weil diese nicht so aufwendig ist, wie die größerer und teurerer Limousinen oder SUVs. Außerdem sind die Margen nicht besonders hoch.

US-Hersteller profitieren von Mexiko

Viele Fabriken und Betriebe in den USA sind selbst an der Produktion in Mexiko beteiligt und verdienen so daran. Denn im Produktionsalltag ist die Grenze zwischen den USA und Mexiko, ebenso wie die zu Kanada, praktisch unsichtbar. Einzelne Teile überqueren bis zu acht Mal die Grenze(n), um jeweils weiter verarbeitet zu werden. So werden Airbags und andere hochwertige Teile aus den USA nach Mexiko geliefert, wo sie dann in die Kleinwagen eingebaut werden. Ein Auto, das in Mexiko vom Band rollt und dann in die Vereinigten Staaten exportiert wird, besteht daher zu bis zu 40 Prozent bereits aus US-Teilen, wie eine Studie des Center for Automotive Research (CAR) in Ann Arbor (Michigan) zeigt. Davon haben die amerikanischen Verbraucher etwas: Günstigere Preise. Laut der Studie sichern die Jobs in Mexiko so zahlreiche Arbeitsplätze in den USA.

Für teurere und hochwertigere Fahrzeugtypen sind niedrige Löhne dagegen gar nicht so wichtig. Gut ausgebildete Facharbeiter schon eher, und die sind immer noch eher in den USA zu finden als in Mexiko. Außerdem sind die Transportkosten niedriger, wenn Autos gleich in den Vereinigten Staaten hergestellt werden. All das zeigt eine weitere CAR-Studie. Demnach sind auch die Stromkosten in Mexiko höher, was aufwendige Produktionsverfahren teurer macht.

Als die Fabriken im Nordosten der USA schlossen, zogen sie daher auch nicht zwangsläufig ins südliche Nachbarland. Manche gingen in die Südstaaten, wo die Gewerkschaften weniger bissig sind. Dort zog es die deutschen Hersteller bereits von Anfang an hin. Mercedes Benz ließ sich in Alabama nieder, BMW öffnete ein Werk in South Carolina und VW nahm 2011 die Produktion in Tennessee auf. Der wahre Feind der Automobil-Arbeiter im Rust-Belt war niemals Mexiko, sondern die Automatisierung. Laut einer vom CAR zitierten Studie könnte diese für 87 Prozent der Arbeitsplatzverluste verantwortlich gewesen sein.

Mehr Jobs in den USA

Die Zahl der Jobs in der US-Autoindustrie wächst seit Jahren an. Zurzeit arbeiten in der Branche wieder 934.000 Menschen. Seit dem Tiefpunkt seit 2009 fanden fast 300.000 Menschen Arbeit bei Herstellern oder Zulieferern. Das ist zwar deutlich weniger als die 1,3 Millionen des Jahres 2000, aber der zweite große Jobkiller war die Finanzkrise, nicht die Produktion in Mexiko. Damals intervenierte die Regierung Obama bei den großen US-Herstellern in Detroit und half ihnen auf die Beine.

Auf denen können sie sich auch dank der günstigen Produktion in Mexiko halten. Ohne die Herstellung im Nachbarland hätte sie es gegen die Konkurrenz schwerer – zum Beispiel gegen die aus China, dem Land mit der größten Autoindustrie und Trumps Lieblingsfeind. Laut Studien, die die "Neue Zürcher Zeitung" zitiert, investierten Autokonzerne seit 2010 in den USA mehr als 77 Milliarden Dollar. In Mexiko waren es 26 Milliarden. Zwischen Los Angeles und New York werden mit rund 12 Millionen immer noch dreimal so viele Fahrzeuge hergestellt wie im südlichen Nachbarland.

Trumps Traum von einer Autoindustrie wie in der guten alten Zeit könnte zum Albtraum werden – zumindest dann, wenn er wirklich einen turmhohen Zoll von 35 Prozent für Importe aus Mexiko erhebt. Die grenzüberschreitende Produktion ist heute so weit verbreitet, dass es kein einziges Auto mehr gibt, das zu 100 Prozent "Made in U.S.A." ist. Das amerikanischste nach dieser Definition Auto wird in Louisville in Kentucky hergestellt, die meisten Teile, 75 Prozent, kommen aus US-Produktion. Es ist der Toyota Camry.

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