"Wir sind die New Kids on the Block", sagt der außenpolitische Novize Gabriel zu Trumps Vize. Er hat herausgefunden, dass sie beide gleich alt sind und von dem Moment an ist das Eis gebrochen. Der Sozialdemokrat aus Deutschland erzählt dem Republikaner Pence von dem ambivalenten Verhältnis seiner Generation in Deutschland zu den Vereinigten Staaten: von der damaligen Kritik an den US-Interventionen, aber auch von der Bewunderung für das Land der Freiheit.
Gabriel ist der erste ausländische Gast, den Trumps Vize empfängt. Am Ende eröffnet Pence dem deutschen Außenminister, dass er Mitte Februar zur Sicherheitskonferenz nach München kommen werde.
"Gute Grundlage" schaffen
Ähnlich geht es dem deutschen Vizekanzler eineinhalb Stunden später im State Department. Gabriel ist der erste Außenminister, der von Rex Tillerson empfangen wird. Der ehemalige Öl-Manager wurde erst am Vorabend vereidigt. Da habe Gabriel "eine Woche Vorsprung", scherzt Tillerson und signalisiert, ebenfalls bald nach Deutschland zu kommen, wahrscheinlich in zwei Wochen zum G20-Treffen nach Bonn.
Tillerson weigert sich zwar, anschließend gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen vor die Presse zu treten - er fürchtet wohl allzu kritischen Fragen amerikanischer Journalisten. Trotzdem hat Gabriel mit seinem Doppelbesuch in Washington in seiner ersten Woche als deutscher Außenminister einen kleinen Coup gelandet. Zumal die Gespräche auch thematisch zur Zufriedenheit des Deutschen verlaufen. Egal um welche Themen es geht, ob Russland, Iran oder Handelsfragen, weder Pence noch Tillerson zeigen ein Interesse daran, Europa zu schwächen.
Gabriel vermeidet es, allzu tief in konkrete Fragen hinabzusteigen. Ihm ist vor allem daran gelegen, "eine gute Grundlage für weitere Gespräche" zu schaffen. Er übermittelt allerdings die Sorgen der Bundesregierung angesichts des Trump-Dekrets für ein Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern.
Keine Illusionen
Auf direkte öffentliche Kritik an dem Präsidenten-Dekret verzichtet der deutsche Chefdiplomat. Um zu vermeiden, dass ihm das als Einknicken gegenüber der Trump-Administration ausgelegt wird, macht er einen Abstecher in die Bibliothek des amerikanischen Kongresses. In einem holzvertäfelten Saal lässt er sich eine deutsche Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung zeigen. Er greift zur Brille und beginnt vorzulesen. Alle Menschen, zitiert er das Dokument aus dem Jahre 1776, seien "gleich erschaffen" und mit "unveräußerlichen Rechten" versehen worden. Er hält inne, dann blickt er auf. "Ich glaube", sagt er, "es ist wichtig, das in diesen Tagen noch einmal zu betonen."
Auch wenn die Gespräche mit Vizepräsident und Außenminister positiv verliefen, macht sich Gabriel keine Illusionen, wer letztlich die Außenpolitik der USA bestimmt: Donald Trump. Doch was er wirklich vorhat, wissen nicht einmal führende Republikaner im Kongress.
In diesen Tagen wirken die Außenpolitiker im Senat wie eine Art Korrektiv für die Aussagen Trumps. Sie beschwichtigen, wenn Trump Australiens Premier beschimpft. Sie warnen, wenn er in der Iran-Politik den Gang hochschaltet. Gabriel trifft am Donnerstagmorgen zwei Senatoren. Auch sie betonen, so heißt es später, wie wichtig die transatlantische Partnerschaft ist und wie sehr sie an einem engen Austausch interessiert sind. Die Botschaft, die manche Teilnehmer aus dem Gespräch mitnehmen, lautet: Egal, was da künftig aus dem Munde unseres Präsidenten kommen mag - hier im Kongress habt ihr auf jeden Fall Verbündete.
Quelle : spiegel.de
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