Packende Anhörung über Trumps Einreise-Dekret

  08 Februar 2017    Gelesen: 543
Packende Anhörung über Trumps Einreise-Dekret
Bohrende Fragen: Die Berufungsrichter in San Francisco haben die Anwälte beider Seiten bei einer Anhörung zu Donald Trumps Einreiseverbot hart angegangen. Eine Entscheidung fällten sie noch nicht.
30 Minuten hatten die US-Regierung sowie die Bundesstaaten Washington und Minnesota Zeit, ihre Argumente telefonisch vorzutragen. Es wurde eine intensive Befragung vor einem Berufungsgericht in San Francisco. Die drei Richter müssen darüber entscheiden, ob sie an der von einem Bundesgericht in Seattle verfügten Aufhebung von Donald Trumps Einreise-Dekret festhalten.

Die Entscheidung fällten sie am Dienstag noch nicht. Ein Gerichtssprecher sagte US-Medien, sie werde später in dieser Woche erwartet. Letztlich dürfte der Streit aber ohnehin vor dem Obersten Gericht der USA landen, dem Supreme Court.

Die US-Regierung hatte in der Anhörung einen schweren Stand. Für das Justizministerium betonte Anwalt August Flentje die Verfassungsmäßigkeit des Dekrets. Sie liege in der exekutiven Gewalt des US-Präsidenten, wie der Kongress sie ihm übertragen habe. Mit seiner Entscheidung für den Einreisestopp wolle der Präsident die nationale Sicherheit der USA schützen.

Packende Befragung

Phasenweise wirkte die Anhörung, die als Telefonschalte übertragen wurde, wie ein fesselndes Hörspiel. Das Gericht fragte oft nach: hart, scharf, gezielt und bohrend. Ob es Anlass zu aktueller Besorgnis gebe, fragte das Gericht. Die Regierungsvertreter wichen dem aus und sagten, eine sehr exakte Überprüfung Einreisender sei unabdingbar. Die betreffenden sieben Länder gehörten zu denen, die aufgrund signifikanter terroristischer Aktivitäten im Inland besonders gefährlich seien.

Frage des Gerichts an das Justizministerium: Gibt es eine reale Bedrohung für die USA? Antwort: Der Präsident hat entschieden, dass es sie gibt. Frage: Wenn es keine aktuelle Bedrohung gibt, worüber reden wir dann hier? Antwort: Ich wollte gerade einige Beispiele nennen. Frage: Aber in den Unterlagen sind sie nicht? Antwort: Nein, Eurer Ehren, das sind sie nicht. Wir diskutieren eine Risikoabschätzung.

Das Justizministerium wollte geltend machen, der ganze Vorgang habe sich zu schnell entwickelt, um alle Beweise beisammen zu haben. Darauf das Gericht: Es sei die US-Regierung gewesen, die auf ein Eilverfahren gedrungen habe. Der Regierungsanwalt versuchte, den Bundesstaaten grundsätzlich die Legitimität ihrer Klage abzusprechen, das überzeugte die Richter aber nicht.

Der Vertreter der US-Regierung ging nach 30 Minuten vom Feld. Das Gericht machte nicht den Eindruck, seiner Argumentation zu folgen.

Knappe Entscheidung wird erwartet

Im Anschluss sagte Anwalt Noah Purcell für den Staat Washington, ein Wiedereinsetzen des derzeit blockierten Dekrets würde die USA neuerlich ins Chaos stürzen. Auch hier zerrupfte das Gericht ein ums andere Mal die Position des Staats. Insgesamt waren die Fragen aber defensiver.

Purcell bat das Gericht, dem Fall die verfassungsgemäße Dimension zu geben, die er verdiene - würde das Dekret doch Religionen diskriminieren. Das Gericht erinnerte an die Aussage des früheren New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani, das Dekret sei Ausfluss eines zunächst geplanten generellen Muslim-Einreiseverbots.

Ein Richter schien insgesamt mehr der Position Trumps zuzuneigen, die von Barack Obama eingesetzte Richterin war eher der Seite der Kläger zuzuordnen. Der dritte Richter, noch von Jimmy Carter eingesetzt, war verhaltener. Beobachter erwarteten daher eine 2:1-Entscheidung.

Beide Seiten haben ihre Bereitschaft deutlich gemacht, den Fall vor den Supreme Court zu tragen, das bekräftigte Trump selbst am Montag.

Am Obersten Gericht der USA ist derzeit ein Stuhl unbesetzt, Trump hat dafür den konservativen Richter Neil Gorsuch nominiert. Ob und wie schnell dieser jedoch vom Senat bestätigt wird, ist unklar. Ein Unentschieden von vier zu vier Richtern am Supreme Court ließe den Rechtsstand der vorherigen Instanz weiter gelten. Für eine Korrektur der letzten Instanz sind mindestens 5 zu 3 Richterstimmen nötig. Wenn das Berufungsgericht Trumps Dekret wieder freigibt und der Supreme Court dem folgt, bleibt es in Kraft. Blockiert das Gericht den Bann weiter, und der Supreme Court sieht das genauso, ist er gescheitert.

Der US-Präsident hatte Ende Januar ein 90-tägiges Einreiseverbotfür Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern (Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen) verfügt. Daran gab es weltweit Kritik. Am Freitag setzte ein Bundesrichter in Seattleden Erlass auf Antrag der Justizminister der Bundesstaaten Washington und Minnesota aus. Die US-Regierung legte Berufung ein. Das Gericht in San Francisco lehnte es jedoch ab, die Visa-Sperren sofort wieder in Kraft zu setzen, und wies die Parteien an, ausführliche Argumente vorzulegen.

Quelle : spiegel.de

Tags:


Newsticker