Kia Optima stromert in der Business-Klasse

  15 Februar 2017    Gelesen: 1542
Kia Optima stromert in der Business-Klasse
So richtig elektrisiert fühlen sich die deutschen Kunden nicht von der staatlichen Kaufprämie für Elektroautos. Dabei könnten Plug-In-Hybride wie der Kia Optima durchaus eine Alternative sein – wie der n-tv.de-Praxistest belegt.
Der Viertürer mit der eleganten, coupéhaften Dachlinie ist ein stattliches Gefährt. Stolze 4,86 Meter lang ist er und im Unterschied zu zahlreichen anderen Limousinen ähnlichen Kalibers zeigt er auch für die Passagiere in der zweiten Reihe üppige Dimensionen. Gegenüber dem noch aktuellen Opel Insignia zum Beispiel verfügt der Optima über rund sieben Zentimeter mehr Radstand, was sich in einer großzügig bemessenen Beinfreiheit für die Fond-Insassen niederschlägt. Die Platzverhältnisse dort kann man ohne Einschränkung als Business-Class-tauglich bezeichnen.

Bequemes Reisen garantiert

Bequemes Reisen ist also garantiert, nur dürfen die Urlauber nicht allzu anspruchsvoll bei der Gepäckmitnahme sein: Hinter den Rücksitzlehnen ist die auf eine Kapazität von 9,8 kWh ausgelegte Lithium-Ionen-Batterie montiert. Ihr Bauraum schränkt das Gepäckfach erheblich ein und verhindert überdies, dass eine Durchlade-Einrichtung genutzt werden kann. Von den 510 Litern Kofferraum, die das konventionell angetriebene Schwestermodell bietet, fehlen hier rund 200 Liter. Der Rest wird noch einmal durch zwei Taschen reduziert. Deren Inhalt – die Ladekabel für verschiedene Anschlüsse – liefert Kia zwar lobenswerter Weise mit, doch wer nicht zu den ganz ordentlichen Zeitgenossen gehört, wird sie alsbald lose im Kofferraum spazieren fahren.

Was dem Gepäckabteil fehlt, bietet der Innenraum: Platz. Er ist wohnlich eingerichtet, die Sessel sind bequem, die Verarbeitung stimmt, alles sieht gediegen und hochwertig aus. Weder geben die Bedienungselemente Rätsel auf, noch wird mit überflüssigen Spielereien geprotzt, alles ist auf eine seriös hochwertige Anmutung ausgelegt. Lediglich die Ablagen in den Türen könnten etwas größer sein, denn manche Insassen pflegen die Angewohnheit, immer eine große Trinkflasche in Reichweite haben zu müssen.

Verbrenner bleibt in Aktion

Gänzlich unprätentiös und ohne Technik-Huberei kommt das Cockpit aus. Statt virtueller Animationen auf hochauflösenden Bildschirmen wird über ein klar strukturiertes Zwei-Uhren-Display informiert. Wo bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen der Drehzahlmesser sitzt, ist beim Hybrid die Energiestandsanzeige zu sehen, die über Leistungsabruf ebenso wie über die Stromausbeute im Schubbetrieb Auskunft gibt. Eine Möglichkeit, die Energiegewinnung zu variieren, fehlt. Während einige Hersteller dazu übergangen sind, ihre Hybride mit einer Technik auszustatten, die es bei längerer Bergabfahrt – zum Beispiel im Gebirge – erlaubt, die Rekuperation zu maximieren, gibt es hier nur eine Standard-Rückgewinnung.

Unter günstigsten Umständen soll der Optima Hybrid rund 50 Kilometer emissionsfrei zurücklegen können. Auf seiner Website spricht der Hersteller von 54 km elektrischer Reichweite, nach einer Nacht an der Haushalts-Steckdose zeigte der Testwagen eine Distanz von 53 Kilometern an. Doch es fehlt die Möglichkeit, das präzise zu überprüfen. Dazu müsste man einen rein elektrischen Fahrmodus wählen können, der das Zuschalten des Verbrenners komplett unterbindet. Diesen Modus gibt es nicht und selbst bei vollständig geladenem Akku schaltet sich beim Starten erst einmal der Vierzylinder ein. Der Hersteller begründet das damit, dass zum Beispiel bei kühlen Außentemperaturen der Benzinmotor das Kühlwasser erwärmen soll, um den Innenraum heizen zu können und die Batterieladung für den Fahrbetrieb zu schonen.

Eine gut ausgestattete Full-Size-Limousine ist selten ein Leichtgewicht, da macht der Kia keine Ausnahme. Letztlich bringen auch die für den Hybridantrieb notwendigen Aggregate und Steuereinheiten zusätzliches Gewicht ins Auto. Allein der Lithium-Ionen-Akku wiegt fast 131 kg. Um die insgesamt rund 1,8 Tonnen angemessen in Fahrt zu bringen, stehen 68 PS aus dem E-Motor und 156 PS des Vierzylinders zur Verfügung. Beides addiert sich zu einer Systemleistung von 205 PS. Gemeinsam mit einem kombinierten Drehmoment von 375 Newtonmetern sollte das für zügiges Fortkommen reichen. Sportliche Ambitionen sind dem Optima Hybrid aber fremd. Das zeigen die 9,4 Sekunden für die Fahrt aus dem Stand auf 100 km/h und die Höchstgeschwindigkeit von 192 km/h. Bis 120 km/h soll er elektrisch fahren können.

Gelassenes Gleiten über Land

Ein Wert von 1,6 Litern Kraftstoff je 100 Kilometer sieht im Prospekt fantastisch aus, zeigt aber nur die Praxisferne der NEFZ-Verbrauchsermittlung. Realistischer erscheint da schon die Herstellerangabe von 12,2 Kilowattstunden je 100 Kilometer, die bei Zugrundelegung eines Strompreises von 28 Cent/kWh zu Kilometerkosten von 3,42 Cent führt. Dieser Praxistest mit etwa gleichen Anteilen von Stadt- und Überlandverkehr beendete der Probewagen mit einem Kraftstoffverbrauch von 5,8 Litern je 100 Kilometer. Bei angenommenen 1,30 Euro je Liter Superbenzin kostete so der Kilometer 7,5 Cent.

Abgesehen von einer etwas bemühten Akustik des Verbrenners bei kräftiger Beschleunigung bleibt der Wagen in den meisten Fahrsituationen entspannt. Das Fahrwerk hat ausgeprägte Nehmerqualitäten, Federn und Dämpfer absorbieren gelassen die Folgen minderer Fahrbahnqualität, Wind- und Abrollgeräusche wirken sich nicht störend aus. Die Lenkung wünschte man sich etwas direkter und rückmeldungsstärker, doch beim Manövrieren gibt es dank Rückfahrkamera und guter Rundumsicht keine Probleme.

Die Konkurrenz im Blick

Überhaupt tut Kia ab Werk viel für Sicherheit und das Wohlfühlen an Bord. Bei Inanspruchnahme der Elektro-Kaufprämie wäre der Optima Hybrid für 37.490 Euro zu haben und bietet dafür ein erstaunliches Angebot an Komfort- und Assistenzsystemen. Die Ausstattungslinie "Attract" trägt ihren Namen zu Recht, denn aus LED-Scheinwerfern, dynamischem Kurvenlicht, Parksensoren vorn und hinten, Licht- und Regensensor, Navigations- und Musikanlage, Bluetooth-Freisprecheinrichtung, elektrisch einstellbarem Fahrersitz, Sitzheizung vorn, Zwei-Zonen-Klimaautomatik und schlüssellosem Zugangssystem ist zweifellos ein attraktives Paket geschnürt. Mit dem optionalen Lederpaket und dem Panoramadach kam der Testwagen auf einen Endpreis von 47.470 Euro.

Auch in Korea wachsen die Bäume nicht in den Himmel, und so weiß man bei Kia sehr wohl, dass ihr Optima trotz großzügigen Platzangebots und umfangreicher Ausstattung nicht zum Konkurrenten für einen Audi A6 oder 5er-BMW taugt. Doch bei den Marktanteilen von Opel Insignia, Ford Mondeo und anderen einheimischen Mittelklässlern ließe sich wohl der eine oder andere Prozentpunkt wegknabbern, besonders dann, wenn der Kunde mehr das Preis-Leistungsverhältnis und nicht so sehr den Restwert des Autos im Blick hat.

Fazit: Der Kia Optima Hybrid ist etwas für Kunden, die Vielseitigkeit von ihrem Pkw verlangen. Auf der Langstrecke wird der Diesel für viele erste Wahl bleiben, doch in der Stadt punktet der Kia durch weitgehend emissionsfreien Betrieb. Mit einer Ladestation in der eigenen Garage kann er die Vorteile dieses Plug-In-Hybrids in vollem Umfang nutzen. Nur die Einschränkung beim Gepäckvolumen kann auch eine Anschaffungs-Prämie nicht ausgleichen.

DATENBLATT Kia Optima PHEV
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,86 m / 1,86 m / 1,47 m
Radstand 2,81 m
Leergewicht / Zuladung 1780 kg
Sitzplätze 5
Ladevolumen 307 Liter
Motor Vierzylinder Reihenmotor, 1999 ccm Hubraum
Leistung 115 kW / 156 PS bei 4000 U/min
Nenndrehmoment 205 Nm
Leistung E-Maschine 50 kW / 68 PS
Kapazität Lithium-Ionen-Batterie 8,7 kWh
Systemleistung 156 kW / 205 PS
Getriebe 6-Gang-Automatik
Kraftstoffart Benzin
Tankvolumen 50 Liter
Antrieb Frontantrieb
Höchstgeschwindigkeit 192 km/h
max. Drehmoment (Boost) 375 Nm ab 2330 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h 9,4 s
NEFZ-Durchschnittsverbrauch 1,6 l
Testverbrauch 5,8 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch) 37 g/km
Emissionsklasse EU 6
Grundpreis 37.490 Euro
Preis des Testwagens 47.470 Euro
Quelle: n-tv.de

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