Rohrmann, der zuletzt im Außendienst in der Lebensmittelbranche gearbeitet hatte, dachte sich schon, dass es schwer werden würde mit der Jobsuche. Aber so schwer? Damit hatte er dann doch nicht gerechnet. Denn neun Monate und mehr als hundert Bewerbungen später hat er noch immer keinen neuen Job.
Aber jetzt hat er einen Plan: Er will 7000 Kilometer laufen, vom Nordkap bis nach Sizilien. Allein, ausgerüstet nur mit Zelt und Rucksack und einem Banner. "7 Länder, 7000 km, 1 Europa, 1 Job", steht darauf. Unterwegs will er so viele Menschen kennenlernen wie möglich - und einer davon wird sein zukünftiger Arbeitgeber sein. So zumindest die Hoffnung des Bayern. "Irgendwie muss ich ja Arbeitgeber auf mich aufmerksam machen", sagt er. Dienstag geht die Reise los.
Als Verzweiflungstat will Rohrmann sie aber nicht verstanden wissen. "Mich treibt eher die Wut als die Verzweiflung", sagt er. "Ich bin 57, ich kann doch noch zehn Jahre arbeiten!"
Mit seiner Wanderung will er auch eine gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft älterer Arbeitnehmer starten. "Jüngere können vielleicht schneller arbeiten, aber Ältere kennen die Abkürzung", das sei sein Wahlspruch, sagt Rohrmann. "Es kann doch nicht sein, dass man schon ab 40 zum alten Eisen gehört."
Auf 60 Prozent seiner Anschreiben habe er noch nicht mal eine Absage bekommen, erzählt er. Nur ein einziges Mal sei er zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Und was aus der Stelle wurde, weiß er nicht. Auf Nachfragen reagierte niemand. "So kann man nicht mit Leuten umgehen", sagt er.
Was er sich wünsche, sei doch nur "ein anständiger Job", die Stelle müsse weder in der Lebensmittelbranche sein, noch im Vertrieb, noch nicht mal in Deutschland. Mit seiner Frau habe er das schon besprochen; er könne überall in Europa arbeiten. Zur Not hätten sie dann eben eine Fernbeziehung. Nur eines, das könne er sich gar nicht vorstellen: Hartz IV zu beantragen. "Das mach ich nicht. Da hab' ich eine Schranke", sagt Rohrmann.
Sein Arbeitslosengeld läuft jetzt aus. Die nächsten neun Monate will er vom Ersparten leben. Acht Euro pro Tag beträgt sein Budget. Vielleicht könne er sich unterwegs mal ein Abendessen erarbeiten, durch Holzhacken oder so, sagt er. Länger als ein paar Tage werde er aber auf keinen Fall an einem Ort bleiben, er wolle ja seinen Zeitplan nicht über den Haufen werfen. Und der sieht vor, dass er im September wieder in Bayern ist - da will er zwei Tage Urlaub im eigenen Haus in Schongau machen - und im Januar auf Sizilien ankommt.
Über seine Fortschritte will er bloggen, die Website hat er schon eingerichtet. Und erste Leidensgenossen haben sich auch schon bei ihm gemeldet: Sie wollen mitlaufen. Wenigstens einen Teil der Strecke.
Quelle : spiegel.de
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