FC Bayern leidet sehr ohne Lewandowski

  13 April 2017    Gelesen: 1108
FC Bayern leidet sehr ohne Lewandowski
Bis zuletzt verkünden sie, das mit dem Robert Lewandowski, das wird schon werden. Es wird aber nichts. Und beim FC Bayern passiert das, was eigentlich nicht passieren darf. Der Unersetzliche fehlt – mit fatalen Folgen gegen Real Madrid.

Am meisten leidet Thiago. Der Spielmacher des FC Bayern. Immer wieder geht der kleine Spanier an diesem Mittwochabend in der Allianz-Arena gegen Real Madrid ganz weite Wege, schlingelt mit dem Ball am Fuß mal irgendwo zwischen der eigenen Viererkette herum, mal weit vorne im Zentrum, wo eigentlich Robert Lewandowski stehen sollte. Der Torjäger des FC Bayern. Doch der ist überraschend nicht da – und dem augenscheinlich traurig-verwirrten Thiago fehlt der wichtigste Abnehmer. Der hat nämlich nach wie vor große Schmerzen in der Schulter. Seit Samstag, seit einem sehr harten Zweikampf mit dem Dortmunder Innenverteidiger Marc Bartra. Lewandowski kann nicht spielen, ist nicht einmal im Kader. Diese Nachricht verbreitet sich indes erst in den Stunden vor dem Duell mit den Spaniern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League.

Das Spiel, es geht für die Münchener 1:2 (1:0) verloren. Weil Reals Superstar Cristiano Ronaldo zweimal trifft (47./77. Minute), weil es Bayern-Torschütze Arturo Vidal (25.) beim Elfmeter mit der Wucht übertreibt (45.), weil "Wadlbeißer" Javi Martinez einmal zu oft und zu wild zulangt und mit Gelb-Rot vom Platz fliegt, weil die Mannschaft von Trainer Carlo Ancelotti in Halbzeit zwei plötzlich panisch unsicher spielt und weil sie nicht weiß, wie sie den Verlust des unverletzlichen und unersetzlichen Robert Lewandowski kompensieren kann. Mit Thomas Müller, der sowohl die Position als auch die Rolle des Polen einnehmen sollte, das haben sie nun nach 90 Minuten (Müller spielte gar nur 81) gegen die Madrilenen gelernt, gelingt das nicht.

Eine ganz große Qualität von Robert, so hatte Teamkollege Arjen Robben noch einen Tag vor dem Königsklassen-Gipfeltreffen erklärt, sei es, "dass er nie verletzt ist". Keine 26 Stunden später war diese Erkenntnis obsolet. Dabei hatte der Torjäger nach seinem Bundesliga-Doppelpack gegen die Borussia aus Dortmund am Samstagabend in den Katakomben der Allianz-Arena noch zuversichtlich versichert, wie sicher sein Einsatz gegen Real doch sei. Der Wahrheitsgehalt dieser Versicherung bröckelte dann aber am Dienstag, als er das Abschlusstraining nach nur 20 Minuten abbrechen musste. Zuletzt hatte Lewandowski vor gut eineinhalb Jahren am 19. September 2015 beim 3:0 gegen Darmstadt 98 wegen Sprunggelenksproblemen verletzungsbedingt passen müssen.

"Das beste Spiel überhaupt"

Nun also wieder. Nicht gegen einen mittelmäßigen Klub aus der heimischen Liga, sondern gegen die vielleicht beste oder halt zweitbeste (nach den Münchnern) Mannschaft in Europa. Denn so hatte es Real-Legende Emilio Butragueño im Bayern-Magazin vorab ausgemacht: "Es ist wahrscheinlich das beste Spiel, das es weltweit gibt." In diesem Spiel der Besten nun also fehlte Lewandowski, der auf seiner Position international ja als die Koryphäe überhaupt gilt. Doof zwar, da war man sich bei den Bayern einig, aber nicht ganz so schlimm: "Sein Ausfall wird an unserer Strategie und an unserem Selbstvertrauen nichts ändern. Wir wissen, wie stark er ist, aber wir können auch ohne ihn stark sein. Da habe ich keine Zweifel", hatte Ancelotti gesagt. Er wurde schmerzhaft eines Besseren belehrt, ebenso wie die 70.000 Zuschauer, sofern sie denn Bayern-Fans waren.

Für Lewandowski rückte der gerade erst von einer Verletzung genesene Thomas Müller in die Spitze. Das behagte ihm augenscheinlich nicht. Ob wegen seiner mangelnden Spielpraxis oder wegen der engen Bewachung und ständigen Konfrontation mit Reals personifiziertem Räumkommando Sergio Ramos und dessen ebenfalls kompromisslosen Nebenmann Nacho. Müller jedenfalls verlor gefühlt jeden Zweikampf, was die Statistik zwar widerlegt - sie weist erstaunliche 50 Prozent gewonnener Duelle aus -, es aber auch nicht besser macht. Jeder Ball in die Spitze, war ein verlorener – ob aus der Mittelfeldmitte oder alternativ von den Flügelspielern Franck Ribéry und Robben. Was nicht nur an der Verwertung der Pässe, sondern auch teilweise an deren fürchterlicher Qualität lag. Der Raumdeuter Müller ist eben keiner, der sich mit dem Rücken zum Tor wohlfühlt. Anders eben als Platzhalter ganz vorne, der die Aufgaben als Ziel- und Abschlussspieler perfekt vereint.

Kein Ersatz im Premium-Kader

Für einen wie Lewandowski gibt es selbst im Premium-Kader des Rekordmeisters keinen Ersatz. 38 Pflichtspieltreffer in 40 Einsätzen hat er in dieser Saison erzielt - 26 in der Bundesliga, sieben in der Champions League und fünf im Pokal. Im Vergleich dazu hatte Müller bis zum Mittwochabend gerade mal magere acht Törchen aufzuweisen. Eine Bilanz, die er nicht aufgebessert hat. An seinem Optimismus für das Rückspiel nagt das allerdings nicht: "Wir brauchen kein Wunder, aber eine überragende Leistung. Wir müssen die paar Prozent mehr drauflegen, die uns gefehlt haben, weil wir trotz Führung zu viel Respekt hatten und zu wenig Risiko nach vorne gegangen sind."

Ob Müller daran nächste Woche etwas ändern kann? Wohl kaum. Lewandowski wird zurückkehren und den Weltmeister wieder aus dem Team schubsen. Für Müller ist das keine gute Nachricht, für seinen Trainer schon. Und vor allem auch für Thiago.

Quelle: n-tv.de

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