Rechtsruck in Paris bleibt aus - Macron will Europa stärken

  08 Mai 2017    Gelesen: 736
Rechtsruck in Paris bleibt aus - Macron will Europa stärken
In Frankreich ist mit der Wahl des Pro-Europäers Emmanuel Macron zum Präsidenten ein Rechtsruck und für die EU ein weiterer Schock nach dem Brexit-Votum ausgeblieben.
Der Linksliberale besiegte am Sonntag in einer historischen Richtungswahl die rechtsextreme Rivalin Marine Le Pen, die das Land aus der EU und dem Euro herauslösen wollte. Den Börsen bescherte der Sieg Macrons am Montag zeitweilig kräftigen Rückenwind. In der EU-Zentrale in Brüssel und in Berlin machte sich Erleichterung breit. Macron kündigte an, "Europa und seine Völker" wieder zu versöhnen. Er will zudem die deutsch-französische Achse stärken und schon bald Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin treffen.

Le Pen hatte im Wahlkampf mit schrillen Tönen gegenüber Deutschland für Schlagzeilen gesorgt. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel fordert nun eine weichere Finanzpolitik gegenüber Frankreich, um Macron als Präsidenten den Rücken zu stärken. "Es muss aufhören, dass wir den Franzosen ständig mit dem erhobenen Zeigefinger gegenüber treten, nichts mitmachen und sie sozusagen um jeden Millimeter Flexibilität in der Politik betteln lassen", sagte der SPD-Politiker der ARD. Deutschland müsse Macron unterstützen.

Der Direktor des Deutsch-Französischen Instituts (DFI), Frank Baasner, sieht in der Niederlage Le Pens ein Abebben der Populismus-Welle in Europa. "Für viele Menschen war die Rechtsextreme eine Option. Doch die Vorschläge der Populisten reichen ganz offensichtlich nicht aus, den Menschen das Gefühl zu geben, sie könnten alles anders machen." Bereits bei der Wahl in den Niederlanden war ein von manchen befürchteter Rechtsruck ausgeblieben. Der pro-europäische Ministerpräsident Mark Rutte setzte sich dabei klar gegen seinen islamfeindlichen und EU-kritischen Herausforderer Geert Wilders durch.

Die EU war durch das unerwartete Austrittsvotum der Briten im Juni 2016 in schwieriges Fahrwasser geraten und wird mit den anstehenden Brexit-Gesprächen vor eine weitere Bewährungsprobe gestellt. Der Berater Macrons, Jean Pisani-Ferry, kündigte an, der neue Präsident in Paris werde in Bezug auf die Verhandlungen mit London eine harte Linie vertreten, wolle Großbritannien aber "definitiv nicht bestrafen".

Macron erreichte bei der Stichwahl am Sonntag 66 Prozent, Le Pen entsprechend 34 Prozent. Der Abstand war damit größer als in Umfragen vorhergesagt. Den Angaben zufolge blieb ein Viertel der Franzosen der Stichwahl fern.[nL8N1IA01D] Der Euro stieg kurzfristig auf ein Sechs-Monats-Hoch von 1,1022 Dollar, bevor Anleger Kasse machten und der Kurs auf 1,0950 Dollar absackte. "Der Favorit der Börsianer hat sich durchgesetzt", sagte Thomas Altmann vom Frankfurter Vermögensverwalter QC Partners. Der Dax stieg zeitweise auf ein Rekordhoch von 12.762,04 Zählern. Sein französisches Pendant CAC40 notierte mit 5442,10 Punkten so hoch wie zuletzt vor neuneinhalb Jahren. Gewinnmitnahmen drückten beide Aktienindizes bis zum Mittag aber ins Minus.

AUFATMEN IN BRÜSSEL

Auch die EU-Spitze in Brüssel atmete nach dem Triumph des Pro-Europäers Macron auf. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker twitterte, die Franzosen hätten sich für eine europäische Zukunft entschieden, und für ein "stärkeres und gerechteres Europa". Ratspräsident Donald Tusk äußert sich ebenfalls via Twitter: "Glückwunsch an das französische Volk."

Macron will das von hoher Arbeitslosigkeit gebeutelte Land mit Reformen fit für den internationalen Wettbewerb machen, muss sich jedoch im Inland auf Gegenwind gefasst machen. So warnten die Gewerkschaften vor zu großem Reformtempo, die CGT rief für Montag zu einer Protestkundgebung gegen die "liberale Wirtschaftspolitik" von Macron auf.

Sowohl in der französischen als auch in der deutschen Wirtschaft wurde dessen Wahl positiv aufgenommen. "Die Franzosen haben für Europa und die Vernunft gestimmt. Es gibt keine bessere Nachricht für Deutschland: Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Emmanuel Macron", sagte Außenhandelspräsident Anton Börner. Der Chef des französischen Wirtschaftsverbandes Gattaz twitterte, er hoffe, dass die Wahl Macrons die Wende zu einer wirklichen Erneuerung markiere.

Le Pen gratulierte Macron und drohte ihm zugleich eine harte Opposition an. Das Abschneiden ihrer Partei sei historisch. Diese müsse sich nun erneuern, um eine neue politische Kraft zu werden. Ihr Vize Florian Philippot kündigte an, die Partei werde als Teil des Umbaus nach vier Jahrzehnten den Namen "Front National" ablegen. Der 39-jährige Macron wird das jüngste Staatsoberhaupt seit Napoleon. Er muss ein gespaltenes Land einen. Dafür bleibt ihm wenig Zeit, denn am 11. und 18. Juni steht die Parlamentswahl an: "Er muss nun zunächst sein eigenes Land hinter sich bringen. Er hat noch nicht die Macht", so DFI-Chef Baasner.

Quelle. reuters.de

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