Schicksale wie das von Karina Sartiaguin sind grausam, in den USA gehören sie zum Alltag.
Die Fotografin Kathy Shorr hat für ihr Buch "Shot" 101 Überlebende von Schusswaffengewalt in den Vereinigten Staaten porträtiert. Gut zwei Jahre lang reiste die New Yorkerin für ihr Projekt durch das Land. Die meisten ihrer Protagonisten fotografierte Shorr an dem Ort, an dem sie angeschossen wurden. Im Einkaufszentrum, im Kino und in der Kirche. Im Auto, im eigenen Haus und auf den Straßen in der Nachbarschaft. Die Überlebenden sind Bischof und Ex-Prostituierte, Schüler und Student, Busfahrer und Hotelangestellte, Familienanwalt und Rockmusiker, Polizistin und Banker. Es sind Männer und Frauen, Alte und Kinder.
Auf einer Geburtstagsparty, in der Schule, an der Straßenecke
James Armstrong hat sein linkes Bein unterhalb des Knies verloren. Es geschah 2013 auf einer Geburtstagsparty in Bozeman im Bundesstaat Montana. Ein Gast randalierte, er ging dazwischen. Der Mann, ein ehemaliger Soldat, verließ zunächst die Feier, kehrte aber mit einer Schrotflinte zurück, schoss und traf Armstrongs Wade. Dann tötete er einen von Armstrongs Freunden. Als er auf den Kopf eines weiteren Freundes anlegte, versagte die Waffe.
Die Drittklässlerin Taniya aus Augusta im Bundesstaat Georgia wurde in ihrem Klassenraum angeschossen. Ein Mitschüler hatte die Waffe zu Hause gefunden und mitgebracht.
Busfahrer Joe Wilson aus Philadelphia wurde in den Achtzigern gleich dreimal angeschossen. Zweimal in seinem Bus, einmal als er sich an einer Straßenecke mit einem Freund unterhielt. Sein Sohn starb durch Schusswaffengewalt.
Keine Fundamentalkritik am Recht auf Waffenbesitz
Fast 12.000 Menschen werden in den USA jährlich mit einer Schusswaffe ermordet. Eine erschreckende Zahl. Kein anderes hochentwickelte Land weist eine auch nur annähernd ähnlich hohe Mordrate durch Schusswaffen auf. Doch die Zahl überschattet die Schicksale der vielen Menschen, die verletzt und häufig traumatisiert überleben.
Das Ziel ihres "Shot"-Projekts, so Shorr, sei es, die Aufmerksamkeit auf die Überlebenden zu lenken. Die Bilder zeigen Menschen und ihre Narben - an Leib und Seele.
Als fundamentale Kritik am Recht jedes US-Bürgers, eine Schusswaffe zu besitzen, und an den mächtigen Waffenlobbyisten von der NRA, der National Rifle Association, will Shorr ihr Werk dennoch nicht verstanden wissen. Daher seien in dem Buch auch viele Waffenbesitzer vertreten. Etwa ein NRA-Mitglied, das sich mit seiner lizenzierten Waffe verteidigte und so überlebte.
Quelle : spiegel.de
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