"Das ist eine integrierte Entscheidung. Ich glaube jedenfalls, dass beide Dinge schwer voneinander zu trennen sind", sagte Gabriel nach Gesprächen mit der US-Regierung. Die "Awacs"-Maschinen sind der bisher einzige größere Beitrag der Nato zum internationalen Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Sie sind zu einem Drittel mit Bundeswehrsoldaten besetzt. Bei einem Abzug der deutschen Soldaten wäre der Einsatz insgesamt gefährdet.
Die Türkei hat Bundestagsabgeordneten einen Besuch bei den in Incirlik stationierten rund 260 Bundeswehrsoldaten untersagt. Sie begründet es damit, dass Deutschland türkischen Soldaten Asyl gewährt habe. Ankara wirft diesen Soldaten vor, in den Putschversuch vom Juli 2016 involviert gewesen zu sein. Die Bundesregierung will die Soldaten und ihre Aufklärungsmaschinen nun nach Jordanien verlegen, falls die Türkei nicht einlenkt.
Gabriel: "Mehr als ein bilaterales Problem"
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält den Streit für ein rein deutsch-türkisches Problem und will sich heraushalten. Eine Vermittlerrolle der Nato sieht Stoltenberg nicht. "Dieser Disput ist eine bilaterale Angelegenheit zwischen der Türkei und Deutschland", sagte er am Rande eines EU-Verteidigungsministertreffens.
Gabriel sieht das anders: "Ich glaube, dass es weit mehr als ein bilaterales Problem ist." Bei seinem USA-Besuch versuchte er, den größten Nato-Partner für das Thema zu sensibilisieren. Es gebe in den USA Unterstützung für die deutsche Haltung, sagte er nach Gesprächen mit Außenminister Rex Tillerson und dem Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, Herbert Raymond McMaster.
USA stärken Deutschland den Rücken
"Natürlich werden auch die Vereinigten Staaten ihre Möglichkeiten nutzen, der Türkei klar zu machen, dass es einen fairen und normalen Zugang deutscher Parlamentarier zur Bundeswehr geben muss", betonte Gabriel. "Den Amerikanern ist auch klar, welche schwerwiegenden Konsequenzen es auch für den Kampf gegen den IS hätte, wenn die deutsche Bundeswehr dort abgezogen werden müsste."
Gabriel sieht den Nato-Gipfel nächste Woche als "große Möglichkeit", das Problem zu lösen. Gleichzeitig machte er aber die Entschlossenheit der Bundesregierung für den Fall klar, dass die Türkei nicht einlenkt. "Das, was wir derzeit aus der Türkei hören, hat einfach die Grenze dessen erreicht, was wir ertragen können." Am Rande des Nato-Gipfels wird es möglicherweise ein Treffen der Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geben.
"Wenn es beim kommenden Nato-Gipfel nicht zu einer klaren Korrektur kommt, müssen wir die Bundeswehr aus Incirlik abziehen", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann dem Nachrichtenmagazin "Focus". Derweil verteidigte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu das Besuchsverbot. "Wenn sie abziehen wollen, müssen sie das selbst wissen, wir werden sie nicht anflehen", sagte Cavusoglu in einem Interview des Senders NTV. "Sie wollten kommen und wir waren ihnen behilflich. Wenn sie abziehen wollen, sagen wir eben auf Wiedersehen."
Gabriel gegen Nato-Ziel zu Militärausgaben
Nicht nur beim Streit mit der Türkei ist der Außenminister anderer Meinung als Stoltenberg. Gabriel sprach sich erneut gegen das in der Nato vereinbarte Ziel aus, die Rüstungsausgaben langfristig auf 2 Prozent des BIP anzuheben. "Sie werden keinen Frieden nur durch Militärausgaben hinbekommen", sagte der SPD-Politiker.
Die Bundeswehr werde besser ausgestattet, das sei auch dringend nötig, erklärte Gabriel. "Aber wir werden auf gar keinen Fall dazu kommen, die Militärausgaben in Deutschland zu verdoppeln", so der Außenminister. "Ich wüsste auch gar nicht, wofür wir das Geld ausgeben sollten."
Gabriel machte deutlich, dass er diese Haltung gegenüber den Nato-Partnern durchsetzen will. Die Ankündigung der USA, höhere Militärausgaben durch niedrigere Ausgaben für Entwicklungshilfe auszugeben, sei "mit Sicherheit der falsche Weg, und darüber haben wir hier auch ganz offen geredet".
Deutschland liegt derzeit bei 1,2 Prozent und will den Anteil in den nächsten Jahren erhöhen. Die USA geben 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung aus und drängen die europäischen Bündnispartner zu höheren Investitionen in die Streitkräfte.
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