Warum US-Außenminister Tillerson Kollege Sigmar Gabriel alleine vor dem Ministerium stehen ließ

  19 Mai 2017    Gelesen: 690
Warum US-Außenminister Tillerson Kollege Sigmar Gabriel alleine vor dem Ministerium stehen ließ
An dieses Bild muss man sich erst einmal gewöhnen: Der deutsche Außenminister steht nach einem Gespräch mit seinem US-Kollegen in Washington ganz alleine vor dem US-Außenministerium und berichtet den Journalisten, was gerade passiert ist.
Früher war eine gemeinsame Pressekonferenz beider Minister im State Department ganz selbstverständlich. Die Zeiten sind vorbei. US-Außenminister Rex Tillerson hält nichts davon, gemeinsam mit seinen Gästen Fragen der Medien zu beantworten. In den ersten dreieinhalb Monaten seiner Amtszeit gab es das nicht ein einziges Mal.

Lediglich bei zwei seiner Auslandsreisen - eine davon ausgerechnet mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow - stellte er sich nach einem bilateralen Gespräch den Journalisten.

Gabriel: "Ausgesprochen gute Gespräche"

Jetzt steht Gabriel also in Washington – und berichtet so ganz allein von "ausgesprochen guten" Gesprächen. Die physische Distanz zu seinem US-Kollegen erweckt dennoch den Eindruck: Die Tage herzlicher Zusammentreffen wie zwischen Kanzlerin Merkel und Ex-Präsident Barack Obama sind vorbei.

Trotz Gabriels einsamem Auftritt soll die Zusammenarbeit zwischen USA und Deutschland nicht vorbei sein. Der Außenminister wirbt bei Tillerson für die Zusammenarbeit mit den USA im Konflikt mit der Türkei.

"Wir haben die Amerikaner um Unterstützung gebeten in den Gesprächen mit der Türkei", sagt Gabriel. Er betont, dass es für Nato-Partner undenkbar sei, dass man sich gegenseitig unter Druck setze.

Neben der Türkei thematisieren Gabriel und Tillerson die Kriege in Syrien und dem Irak und die Spannungen mit Russland. Über Geheimdienstkooperationen habe man aber "ausnahmsweise nicht" gesprochen, sagt Gabriel.

Es gebe auch keinen Grund, die enge Kooperation der Dienste beider Länder in Frage zu stellen. Einer der Vorwürfe gegen Trump betrifft die Weitergabe sensibler Informationen des israelischen Geheimdienstes an Russland.

Gabriels zweiter Termin ist eine Ohrfeige für Trump

Der zweite Termin Gabriels passt dann ins Bild des sich abkühlenden Verhältnisses: Der Bundesaußenminister besucht die Redaktion der Trump-kritischen Zeitung "Washington Post".

Er spricht mit einigen der renommiertesten Journalisten des Landes. Die "Post" hat eine stolze Geschichte. Zwei Reporter des Blattes deckten Anfang der 70er-Jahre den Watergate- Skandal um den damaligen Präsidenten Richard Nixon auf - bis heute einer der größten Scoops des investigativen Journalismus überhaupt.

Heute werden Medien wie die Zeitung von Trump wahlweise als "Fake News Media" oder "Feind des amerikanischen Volkes" bezeichnet.

Gabriel liebt es, mit Terminen wie diesem jenseits der offiziellen Regierungsgespräche mehr oder weniger verschlüsselte Botschaften zu senden. Auch wenn er diesmal sagt, er sei nur zur "Post" gegangen, weil er eingeladen wurde. Ganz zufällig ist die Terminwahl wohl nicht.

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