Rohani hat den Ruf eines gemäßigten und pragmatischen Politikers. In den vier Jahren seiner Amtszeit ging es vor allem darum, das Land aus der Isolierung zu befreien. Diese Anstrengungen brachten 2015 die ersten Ergebnisse, als der Atomdeal abgeschlossen wurde. Im Tausch gegen Beschränkungen beim Atomprogramm wurden einige westliche Sanktionen aufgehoben.
Doch trotz den Vereinbarungen hoben die USA die einseitigen Sanktionen bislang nicht auf, unter Verweis darauf, dass der Iran sein Raketenarsenal ausbaut, Menschenrechte verletzt und den Terrorismus unterstützt. Die Stabilisierung der Beziehungen des Irans mit dem Westen wurde auch von der Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump verhindert, den Atomdeal revidieren zu wollen. Doch nach dem Machtantritt änderte er seine Position. Am 16. Mai erklärte die US-Administration, dass sie sich an den gemeinsamen Handlungsplan halten wird. Gleichzeitig wurde bekanntgegeben, dass neue Sanktionen wegen der iranischen Raketen eingeführt werden.
Das alles erleichtert kaum die Lage Rohanis als Kandidat der reformistischen Kräfte. Laut der russischen Orientalistin Nina Mamedowa sah es vor zwei Monaten noch so aus, dass die Wahlen ruhig verlaufen und der Sieg Rohanis nur eine Formsache sei. Doch vor den Wahlen wurde klar, dass ein anstrengender Kampf bevorsteht. Noch vor wenigen Tagen gab es sechs Kandidaten. Doch zwei Kandidaten stiegen aus dem Wahlrennen aus.
„Die Situation ist schwierig. Rohani unternimmt viel, um das Land aus der Krise zu bringen. Als er 2013 an die Macht kam, zeigte die Wirtschaft ein negatives Wachstumstempo. Jetzt ist das Tempo positiv. Aus dem Iran floh das Kapital, 2014 stürzten die Ölpreise ab. Der Präsident hat es zu seiner Aufgabe gemacht, die Beziehungen zum Westen wiederherzustellen“, so die Expertin.
Der Iran ist der Ansicht, dass das ausländische Kapital bald zurückkehrt. Doch das geschieht nur sehr zögerlich. Auch die Ölpreise werden niedriggehalten. Das wird Rohani vorgeworfen. Laut den Konservativen willigte der Iran in die Einschränkung des Atomprogramms ein, doch der Westen erfüllte seine Versprechen nicht. Die Arbeitslosigkeit bleibt bestehen, nicht alle Unternehmen funktionieren.
Was befürchtet die geistliche Führung? Dass Rohani bei der Annäherung an den Westen noch weiter gehen wird. Der Iran braucht nicht Geld, sondern Technologien, Ausrüstung. Ohne sie ist es schwierig, neue Vorkommen zu erschließen, besonders wenn der Iran Gasexporteur wird. Zudem will Rohani die Steuerpolitik ändern und die Ermäßigungen für islamische Fonds abschaffen. Dies passt den Geistlichen nicht.
„Was den obersten Religionsführer betrifft, ist nicht bekannt, ob er bis zum Ende Raisi unterstützen wird. Khamenei wird bald aus gesundheitlichen Gründen abgelöst. Als Nachfolger gilt Raisi. Er ist jünger und kennt sich im islamischen Recht gut aus. Ist es für den Religionsführer wichtig, dass er gewinnt?“, fragt die Expertin.
Raisi legt den Schwerpunkt auf die „Wirtschaft des Widerstandes“, damit das Land nicht von ausländischen Technologien abhängt. Konservative kritisieren den gemeinsamen Aktionsplan, sagen aber nicht, dass sie auf ihn verzichten werden.
Laut Umfrageergebnissen wird keiner der Kandidaten mehr als 50 Prozent bekommen, weshalb eine Stichwahl zu erwarten sei.
„Für Russland ist die ausgewogene Position Rohanis vorteilhafter. Er war vor kurzem bei uns zu Besuch. Der Iran ist bereit, mit uns zu kooperieren. Unter der iranischen Geistlichkeit hatte Rohani immer eine Position der Mitte. Das ist eine Figur, die sowohl dem Westen als auch uns passen kann. Er sucht nach wirtschaftlichen Nischen, die Russland und den Iran einander näherbringen können“, so die Expertin.
Quelle : sputnik.de
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