Erste Ausfahrt im VW Arteon

  31 Mai 2017    Gelesen: 1220
Erste Ausfahrt im VW  Arteon
Mitte Juni steht der Volkswagen Arteon bei den Händlern. Das neue Flaggschiff aus Wolfsburg überrascht weniger durch den Versuch, sich als komfortorientiertes Produkt zu platzieren, als vielmehr dadurch, ein Kombi im Kleid eines Coupés zu sein.
Die bisherigen Experimente von VW, mit Luxusartikeln zu reüssieren, brachten nur bescheidene Erfolge. Autos wie CC oder Phaeton waren entweder zu schick oder zu teuer, um in Deutschland als des Volkes Wagen akzeptiert zu werden. Nicht einmal 85.000 Exemplare wurden beispielsweise in 15 Produktionsjahren vom Phaeton hergestellt. Der neue Viertürer wird gewiss nicht an dieser Marke gemessen.

Die Front bringt mit ihren acht horizontalen, chromglänzenden Linien erhebliches Selbstbewusstsein zum Ausdruck. Bei exakt der gleichen Höhe, wie der Phaeton sie besaß, ist der Arteon zwar 19 Zentimeter kürzer als die vormalige Oberklasse-Limousine, doch die Differenz im Radstand beträgt nur rund vier Zentimeter. Gegenüber dem Passat ist der Radstand etwa fünf Zentimeter länger, so dass die Proportionen am ehesten wohl mit einem Audi A7 Sportback zu vergleichen sind. Der enorme hintere Überhang führt zu einem Kofferraumvolumen von 563 Litern.

Der optische Eindruck von 17-Zoll-Felgen, die in der Basisversion montiert werden, bleibt der internationalen Fachpresse, die gegenwärtig den Arteon ersten Testfahrten unterzieht, zwar verwehrt, aber man kann sich leicht vorstellen, dass viele Kunden zu den 20-Zöllern greifen werden. Sie wirken einfach stimmiger an einem Pkw, der die Aufgabe hat, das obere Ende der VW-Kapazitäten zu repräsentieren. Das Besondere der Karosserie dokumentiert die oberhalb des Heckfensters angeschlagene Klappe, denn mittels umgelegter Rücksitzlehnen entstehen darunter 1537 Liter Kofferraum-Volumen. Das ist so viel wie bei manchem Kombi, nur mit dem Unterschied, dass man dem Arteon seine Tauglichkeit als Familienlaster mit einer maximalen Zuladung von 607 Kilogramm nicht ansieht. Das Gepäck muss nur über die 73 Zentimeter hohe Ladekante gewuchtet werden.

"Business Class Gran Tourismo"

Bis das Einstiegsmodell nachgeschoben wird, das mit einem Basispreis von unter 35.000 Euro locken soll, sind drei Motorisierungen im Angebot. Die jeweils zwei Liter großen Vierzylinder leisten als aufgeladener Benziner 280 PS und als Diesel 150 und 240 PS. Die 150-PS-Version ist mit Front-, die beiden anderen sind mit Allradantrieb ausgestattet. Für die Gangwahl sorgt jeweils ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. Beim "großen" Selbstzünder ist das gewaltige Drehmoment von 500 Newtonmetern bemerkenswert; eine Schubkraft, die bisher eher drei Liter großen Motoren zuzurechnen war.

Die Innenausstattung glänzt mit der VW-typischen Übersichtlichkeit bei hoher Verarbeitungs-Qualität, unterschäumte und genarbte Abdeckungen verbreiten eine wohnliche Atmosphäre. Bei einigen Ausstattungsvarianten können Metallapplikationen lästige Reflektionen in den Außenspiegeln erzeugen. Der Lenkradkranz ist dick und samtig, die Sitze sind gut ausgeformt und geben ausreichend Seitenhalt. Der vom Hersteller als "Business Class Gran Tourismo" definierte Anspruch kann auch auf der Rückbank als verwirklicht angesehen werden, denn es herrscht gute Knie- und Kopffreiheit. Laut VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann verfügt der Arteon "über ein Raumangebot, das deutlich über dem seiner Mitbewerber liegt".

Abweichend von den in anderen Baureihen gängigen Ausstattungslinien wird der Arteon außer in der Standardversion nur in zwei Differenzierungen angeboten. "Elegance" soll dem Wunsch nach Wohlfühl-Ambiente und luxuriöser Behaglichkeit nachkommen, die "R-Line" den Geschmack von sportlich orientierten Kunden zufrieden stellen. Dort ist das Interieur überwiegend dunkel gehalten und es gibt Alu-Pedale. Die vorderen Lufteinlässe sind in Hochglanz-Schwarz und die Leichtmetallfelgen können ebenfalls ein schwarzes Finish bekommen. Alle Modelle verfügen über LED-Scheinwerfer und Alufelgen, ein schlüsselloses Zugangssystem, Edelstahl-Einstiegsleisten sowie Klimaanlage und Infotainment-System.

Selbstständiges Abbremsen und Anhalten

Über den serienmäßigen Müdigkeitswarner hinaus sind zahlreiche ergänzende Sicherheitseinrichtungen erhältlich. Der so genannte Emergency-Assistent kann das Fahrzeug für den Fall, dass Mann oder Frau am Steuer dazu nicht in der Lage sind, selbstständig an den rechten Fahrbahnrand manövrieren und das Tempo bis zum vollständigen Anhalten vermindern. Der adaptive Abstandstempomat kann bei laufender Navigation anhand von GPS- und Kamera-Daten die Geschwindigkeit auf das an Ortseingängen oder in beschränkten Zonen erlaubte Maß vermindern. Auch vor Kurven mindert der Wagen dann ohne Zutun des Fahrers das Tempo, nächstens leuchtet das adaptive Kurvenlicht bereits in die Kehre hinein, bevor der Lenkimpuls erfolgt.

Menschliche Eingriffe werden dadurch nicht überflüssig, wie die Testfahrten zeigten, jedoch erwies sich das System als überwiegend zuverlässig und mit den geografischen Gegebenheiten vertraut. Die Gefahr von unbeabsichtigten Geschwindigkeitsüberschreitungen im Tempomatbetrieb kann so vermieden werden. Übersichtlichkeit und Abrollkomfort lassen keine Wünsche offen. Ein Mittel zur gänzlichen Verhinderung von Auffahrunfällen durch nachfolgende Fahrzeuge ist das neue, nach rückwärts orientierte Insassen-Schutzsystem zwar noch nicht, jedoch können die Folgen durch automatisches Fensterschließen und Gurtstraffen minimiert werden.

Den gefahrenen Diesel- und Benzinversionen ist ein angenehm niedriges Geräuschniveau im Innern eigen, die serienmäßige Progressivlenkung vermittelt ein direktes und griffig-präzises Fahrgefühl, die Servounterstützung sollte jedoch mehr Raum für Rückmeldung lassen. Ist der Wagen mit dem adaptiven Fahrwerk ausgestattet, können die Dämpfer individuell und stufenlos zwischen komfortabler und sportlich-straffer Gangart variiert werden. Die spürbare Spreizung der Einstellungen bleibt jedoch bescheiden. Auch im Dynamikmodus werden Unebenheiten mit der nötigen Souveränität weggefiltert. Mit 6,6 Liter Diesel bzw. 8,3 Litern Benzin je 100 Kilometer lag der Testverbrauch bei entspannter Fahrt lediglich 0,7 bzw. 1,0 Liter über dem Sollwert.Zunächst beginnt die Preisliste bei 39.675 Euro für den Diesel mit 150 PS, der 240-PS-Selbstzünder liegt bei 51.600 Euro. Seinen Allradantrieb findet man auch im 280-PS-Benziner, der 49.900 Euro kosten soll.

Quelle: n-tv.de

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