Neuer Renault Koleos soll's besser machen

  09 Juni 2017    Gelesen: 1176
Neuer Renault Koleos soll's besser machen
Renault komplettiert seine SUV-Pallete und versucht mit dem neuen Koleos die Fehler seines eher erfolglosen Vorgängers zu korrigieren. Dafür sind die Franzosen nicht nur optisch neue Wege gegangen.
Wenn alle guten Dinge tatsächlich drei sind, hat Renault soliden Grund, optimistisch zu sein: Die ersten beiden Ausgaben des Modells Koleos waren nicht vom Kunden-Interesse verwöhnt, so dass es mit der Neuauflage nur besser werden kann. Das SUV bringt jedenfalls gute Voraussetzungen dafür mit.

Ein konzeptionell neues Fahrzeug mit einem bekannten Namen zu versehen, ist nicht ohne Risiko. Kunden, die sich möglicherweise vom Vorgänger enttäuscht abgewendet haben, sind schwerer zurück zu gewinnen. Nur rund 12.000 Neuzulassungen wurden innerhalb von sechs Verkaufsjahren in Deutschland registriert, was ein deutliches Statement zur Beliebtheit der ersten Koleos-Generation ist. Das neue Modell präsentiert sich auf einem deutlich höheren Niveau, und zwar technisch ebenso wie optisch.

Das liegt nicht nur daran, dass Allianz-Partner Nissan die Plattform seines neuen Modells X-Trail als Träger der in Europa entwickelten Koleos-Aufbauten stiftete. Designsprache und Formgebung orientieren sich viel klarer am neuen Familien-Gesicht von Renault. Eine starke optische Präsenz mit selbstbewusster Front und muskulöser Linienführung hebt sich vom vormaligen exotisch-fremdartigen Habitus ab. Der Hersteller möchte das mit Front- und Allradantrieb lieferbare SUV der oberen Mittelklasse zugerechnet sehen, was bei Maßen von 4,67Metern Länge und 1,68 m Höhe plausibel erscheint.

Aus diesen Maßen definiert sich auch die Riege der Konkurrenz: In der illustren Runde sind unter anderem Land Rover Discovery Sport, Volvo XC 60, Kia Sorento, Skoda Kodiaq und natürlich der Organspender Nissan X-Trail vertreten. Das Verkaufsvolumen in diesem Segment hat in den letzten zwei Jahren um mehr als 50 Prozent zugenommen und noch immer sind die Hersteller überzeugt, dass weiter gutes Geld zu verdienen sei.

CVT statt Doppelkupplungs-Getriebe

Das prägnante Gesicht, das enge Verwandtschaft zum Modell Talisman aufweist, die Motorhaube, die sich in weitem Bogen bis über die Scheinwerfergläser spannt und die Heckleuchten, die sich fast über die gesamte Breite der Rückansicht ziehen sind Merkmale eines selbstbewussten Auftritts, den er als "großer Bruder" von Captur und Kadjar anstrebt. Große Öffnungswinkel der Türen, viel Gepäckraum (von 579 bis 1795 Liter) und eine "Kino-Bestuhlung", die für Fond-Passagiere mehr Sitz- und Sichtkomfort verspricht, sind innere Werte, die den praktischen Nutzen des Koleos erhöhen sollen. Die Ladekante liegt mit 75 Zentimetern im Durchschnittsbereich. Ungeschminkt geht auch ein neues SUV nicht mehr auf die Straße: Die trapezförmigen Chromrahmen, die an der Heckschürze die Auspuff-Endrohre zu zieren scheinen, sind Makulatur. Der Auslass des Abgassystems befindet sich unsichtbar unter den linken Wagenteil.

Bei all den vielen Neuerungen, die der neue Koleos dem alten voraus hat, fällt kaum auf, dass eine Tatsache unverändert blieb: Er wird weiterhin im koreanischen Werk Busan bei Samsung Motors gebaut. Renault hält das für eine gute Idee, da etwa drei Viertel des weltweiten SUV-Absatzes derzeit in Asien nachgefragt werde. Sehr europäisch ist dagegen die Motorenauswahl, die man in Deutschland bekommen kann: Es gibt einen 1,6- und einen zwei Liter großen Dieselmotor, die 130 uns 177 PS leisten und mit Handschaltung oder einem CVT-Getriebe kombinierbar sind. Die 130-PS-Versionen sind mit Front- oder Allradantrieb lieferbar, die starken Selbstzünder nur mit 4x4-Technik.

Den in Deutschland gefürchteten automatischen Getrieben mit stufenlos variabler Übersetzung fügt Renault jetzt eine Variante hinzu, die für einige Überraschungen gut ist. Nicht nur der zähe "Gummibandeffekt" fehlt, der hohe Drehzahlen stets mit mit geringer Beschleunigung verband, sondern auch die quälende Geräuschentwicklung, die einen kurz bevorstehenden Motor-Exitus suggerierte. Das von Renault verwendete Getriebe überraschte mit authentisch wirkender Simulation von sieben Schaltstufen, geschmeidigen Übersetzungswechseln und geringer Drehzahl nebst mäßiger Schallentwicklung. Mit einem Aufpreis von 1900 Euro ist es überdies für angemessene Zusatzkosten zu haben.

Langer Radstand für guten Geradeauslauf auf komfortable Abstimmung für Federn und Dämpfer tragen viel zu einem angenehmen Fahrkomfort bei. Mit dem auf sportlich getrimmten und einem wulstigen Kranz versehenen Lenkrad hat der Fahrer den Wagen gut im Griff. Bei der Testfahrt auf gewundenen Landstraßen ließ sich der gut 1,8 Tonnen schwere Fünftürer anstrengungslos manövrieren und ließ selbst bei kurzatmigen Richtungswechseln nur geringe Seitenneigung des Aufbaus erkennen. 210 Millimeter Bodenfreiheit geben dem Wagen eine durchaus respektable Geländetauglichkeit, wenn der Allradantrieb zum Einsatz kommt. Er lässt sich per Tastendruck deaktivieren, so dass der Wagen als Fronttriebler unterwegs ist, und außer dem automatischen Modus ist eine Verriegelungsfunktion schaltbar, die das Antriebsmoment zu gleichen Teilen auf die Achsen lenkt.

Nur geringe Temperaments-Unterschiede

Fährt man die handgeschaltete 130-PS-Version und den 177-PS-Automaten im Vergleich, sind die Temperaments-Unterschiede gar nicht so groß, wie es die Leistungsdifferenz von 47 PS vermuten ließe. Rund 40 Kilo weniger Leergewicht kommen dem "kleinen" Koleos dabei sicher zugute. Lediglich muss beim Handschalter damit gerechnet werden, dass die gewählte Übersetzung vereinzelt nicht für ein zügiges Beschleunigen aus der Kurve ausreicht, weil das volle Drehmoment von 320 Nm erst bei 1750 Umdrehungen (1,6-Liter-Motor) zur Verfügung steht. Die deshalb häufigere manuelle Drehzahlanpassung führte während der Testfahrt aber nicht zu einer signifikanten Verbrauchserhöhung. 5,9 Liter je 100 km/h wurden für den kleinen Motor ermittelt, 7,3/100 km für den 177-PS-Diesel. Die Herstellerangaben lauten auf 4,9 und 5,9 Liter.

Zwei mögliche Cockpit-Varianten rücken einen horizontal angeordneten 7-Zoll-Bildschirm oder einen analog zum Talisman vertikal montierten 8,7-Zoll-Bildschirm ins Blickfeld. Wenngleich man bei Renault weder auf den unpraktischen Keyless-Go-Schlüssel ohne Öse noch auf die verspielten 17 Variationen für das Fahrzeugsymbol auf dem Navi-Monitor verzichten wollte, kann der Innenausbau durch hochwertige Materialien und geschmackvolles Ambiente überzeugen. Dem Navigations-System ist gar die Fähigkeit zu Eigen, per Ansage vor kommenden stationären "Blitzern" zu warnen. Es tut dies mit solcher Konsequenz, dass selbst wenn das Fahrzeug nur mit der Hälfte des erlaubten Tempos unterwegs ist, die Aufforderung ertönt: "Reduzieren Sie Ihre Geschwindigkeit".

Im Preis von 30.900 Euro für die Basisversion ist eine nützliche Grundausstattung enthalten: Alufelgen, Klimaautomatik, Audio-Anlage, Einparkhilfe hinten und Tempomat. Die nächsthöhere Ausstattungslinie fährt bereits auf 18-Zoll-Alus sowie mit serienmäßigem LED-Licht vor. Ähnlich wie beim kürzlich vorgestellten Renault Captur gibt es als Spitzenmodell die Ausstattungslinie "Initiale Paris". Wer einen Allrad-Diesel mit Automatik in dieser Version ordert, zahlt mindestens 44.500 Euro und hat dann gleich noch ein Bose-Surround-System, eine elektrische Heckklappe mit Fußsensor, beheiz- und belüftbare Vordersitze sowie Nappaleder-Polster mit an Bord.

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