Ultimatum an Katar: Doha kann kaum noch frei atmen

  29 Juni 2017    Gelesen: 797
Ultimatum an Katar: Doha kann kaum noch frei atmen
Das von Saudi-Arabien und mehreren anderen Ländern der Golfregion an Katar gestellte Ultimatum war wenigstens in dem Sinne nützlich, weil es die wahren Absichten Riads und seiner Verbündeten offenbart hat, schreibt die Zeitung "Kommersant" am Mittwoch.
Doha hat zehn Tage Zeit, um dieses Ultimatum, das von Saudi-Arabien sowie den VAE, Bahrain und Ägypten formuliert wurde, zu erfüllen. Diese werfen ihm vor (ohne allerdings überzeugende Beweise zu haben), Kontakte mit dem so genannten "Islamischen Staat", der al-Qaida und anderen terroristischen Gruppierungen zu pflegen. In Wahrheit aber geht es ihnen gar nicht darum. Sie haben einfach Angst vor dem souveränen außenpolitischen Kurs Katars, unter anderem vor seinen Verbindungen zum schiitischen Iran und zur Türkei, zum politischen Islam, dessen wohl bekannteste Vertreter die „Muslimbrüder“ sind.

Saudi-Arabien und die VAE betrachten diesen politischen Islam als größte Gefahr, weil er die absolute Macht der Monarchen, die sie angeblich vom lieben Gott bekommen haben, infrage stellt. Eben deshalb verweigerte Riad im Jahr 2012 den „Muslimbrüdern“ und ihrem Präsidenten Mohammed Mursi in Ägypten seine Unterstützung. Aber Doha unterstützte ihn, und zwar nicht nur finanziell, sondern auch im Informationsbereich: Al Jazeera, der wohl bekannteste und einflussreichste TV-Sender in der ganzen arabischen Welt, war quasi das „Sprachrohr“ der „Muslimbrüder“. Doch das half ihnen nicht: Ägyptische Militärs stürzten Mursi und brachte ihren Vertreter Abd al-Fattah as-Sisi an die Macht. Seit dieser Zeit orientiert sich Kairo vor allem an Riad, und die „Muslimbrüder“ bleiben jetzt im Untergrund.

Ägypten ist das am meisten gravierende, aber nicht das einzige Beispiel der geopolitischen Rivalität zwischen Doha und Riad. Sie unterstützen nämlich verschiedene Oppositionsgruppierungen in Syrien. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist der wohl bekannteste Vertreter des von Saudi-Arabien gehassten politischen Islams – der Gleichgesinnte Dohas und zugleich der große Opponent Riads. Hinzu kommt auch der schiitische Iran, der ewige ideologische Feind Saudi-Arabiens, das sich für den Vorreiter der sunnitischen Welt hält. Und ausgerechnet Katars Bereitschaft zu normalen Beziehungen zu Teheran wurde für Riad der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Das führte eben zu den Forderungen an Doha, mit Teheran zu brechen, einen türkischen Militärstützpunkt auf seinem Territorium und ebenfalls den TV-Sender Al Jazeera zu schließen. Für Katar wäre dies jedoch unvorstellbar, denn dadurch würde das „Gas-Emirat“ geopolitisch kapitulieren und seine Souveränität praktisch verlieren.

Es ist aber hochinteressant, was jetzt passieren wird. Was wird Riad tun, wenn die zehn Tage vorbei sind? Wen werden die USA unterstützen? Werden Teheran und Ankara ihrem Verbündeten helfen?

Allein Moskau hat in dieser Situation keine Sorgen: Das ist nicht sein Konflikt und es sind nicht seine Kopfschmerzen. In diesem Streit zwischen zwei Seiten, die einst radikale Kräfte im Nordkaukasus unterstützten und immer noch die Kämpfer in Syrien finanzieren, kann Moskau offen die Neutralität bewahren, ohne mit jemandem zu streiten, aber auch ohne jemanden zu unterstützen.

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