Der Status der Gefangenen und die Frage ihres Austausches sind seit 2014 ungeklärt, weil der Konflikt im Donezbecken offiziell nicht als Krieg, sondern als Antiterroroperation deklariert wird. Somit ist auch weiterhin die Frage offen, ob bei gegenseitig festgenommenen Soldaten und Zivilisten die Völkerrechtsnormen für Gefangene wirksam werden.
Die Teilnehmer der Minsker Verhandlungen versuchten in diesem Jahr, beim Thema Gefangenenaustausch systematisch vorzugehen.
Der Vorsitzende der Gesellschaftsorganisation „Ukrainische Wahl – Wahl des Volkes“, Viktor Medwedtschuk, sagte: „Anfang 2017 haben wir bei der Sitzung der humanitären Untergruppe in Minsk eine Roadmap zum Austausch nach dem Alle-gegen-alle-Prinzip abgestimmt, die aus mehreren Etappen besteht.“
In der ersten Etappe seien die Listen abgestimmt worden, in der weiteren Etappe gehe es um ihre Verifizierung, so Medwedtschuk.
Mitte Mai berichtete die ukrainische Seite vom Abschluss der Verifizierung, doch die Vertreter der Volksrepubliken hatten Zweifel an den Ergebnissen. Die Listen wurden aufs Neue überprüft.
Die Menschenrechtsbeauftragte der Obersten Rada (ukrainisches Parlament), Valeria Lutkowskaja, sagte im Interview mit der Zeitung „Liga“, dass alle Streitpunkte schon am 5. Juli gelöst werden können.
„Es wird nur zwei Fragen geben – die Streitpunkte (weil sich die Ukraine weigert, Personen zu übergeben, die besonders schwere Verbrechen begangen haben) und das Datum des Austausches.“
Die von Lutkowskaja erwähnten Prinzipien könnten einen neuen Streit in Minsk verursachen. Bereits nach dem Treffen Ende Juni weigerte sich der Vertreter der Volksrepublik Lugansk, Wladislaw Sejnego, die Fristen des Beginns des Austausches zu prognostizieren, weil dies eine sehr „sensible“ Frage sei.
Vor der erneuten Gesprächsrunde in Minsk entstanden weitere Schwierigkeiten. Laut der Menschenrechtsbeauftragten der Volksrepublik Donezk, Darja Morosowa, hält die ukrainische Seite die Gefangenen unter unwürdigen Bedingungen gefangen. Heute will die Delegation der Volksrepublik Donezk diese Frage bei den Gesprächen in Minsk erörtern. Laut einer Quelle in Kiew könnte dies zu Ärgernissen führen, weshalb kein Datum für den Austausch festgelegt wird. „Es wird verzögert und abgewartet, womit das Treffen von Trump und Putin endet.“
Was Trump und Putin auch immer vereinbaren werden, wird Kiew wohl am 9. Juli erfahren. Für diesen Tag ist nach Angaben der Zeitung „Ukrainskaja Prawda“ ein Besuch von US-Außenminister Rex Tillerson in Kiew geplant.
Laut dem Politologen Wladimir Fessenko könnte nach dem Gespräch beider Präsidenten die Arbeit im Normandie-Format intensiviert werden. Allerdings sei kein Durchbruch zu erwarten. Erstens gebe es keine entsprechenden Initiativen. Einige Diplomaten behaupten, dass alle Ideen zur Regelung des Konfliktes im Donezbecken bereits vorgeschlagen wurden und es nichts prinzipiell Neues mehr gibt.
Zudem hätten Russland und die Ukraine prinzipielle Einschränkungen in Bezug auf das Modell der Friedenslösung. Deswegen bestehe die Hauptfrage der Gespräche nicht in der Suche nach prinzipiell neuen Lösungen, sondern darin, wie ein realer Waffenstillstand und die allmähliche Erfüllung zumindest einzelner Punkte der Minsker Abkommen erreicht werden können, so der Experte.
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