Merkel rief ihre Gäste zu Beginn des Treffens zu Kompromissbereitschaft auf. Lösungen könnten nur gefunden werden, "wenn wir aufeinander zugehen, wenn wir uns aufeinander zubewegen", sagte sie, nachdem sie die Teilnehmer am Morgen mit Handschlag begrüßt hatte. Unterschiedliche Haltungen könnten aber zugleich benannt werden, niemand müsse sich verbiegen. Nach den ersten Gesprächsrunden erklärte die Kanzlerin am Nachmittag, es werde noch harter Arbeit bedürfen, um einvernehmliche Formulierungen für die Abschlusserklärung zu finden. Hintergrund der verhärteten Fronten ist, dass Trump die Wirtschaft seines Landes vor ausländischer Konkurrenz besser schützen will und den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen angekündigt hat.
TERRORBEKÄMFPUNG UND STAHLSTREIT - WEITES THEMENSPEKTRUM
Im Vordergrund standen am ersten Gipfeltag die Themen Terrorismusbekämpfung, Weltwirtschaft und Handel sowie Klimaschutz und Energie. Die Differenzen, vor allem mit den USA, über offene Märkte und die Ablehnung des Protektionismus konnten offenbar nicht beigelegt werden. Merkel sagte, die G20-Unterhändler ("Sherpas") hätten bei der Ausarbeitung der Abschlusserklärung "noch ein großes Stück Arbeit vor sich", um hier gemeinsam getragene Formulierungen zu finden. "Es ist von den allermeisten darauf hingewiesen worden, dass wir einen freien, aber auch fairen Handel brauchen", sagte die amtierende G20-Vorsitzende. Eine sehr große Rolle in der Diskussion hätten auch Stahl-Überkapazitäten und politische Reaktionen darauf gespielt.
Zuvor hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für den Fall neuer Strafzölle, wie sie die USA planen, rasche Gegenmaßnahmen angedroht. "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir innerhalb von wenigen Tagen - da brauchen wir keine zwei Monate - mit Gegenmaßnahmen reagieren werden, in der Hoffnung, dass all dies nicht notwendig sein wird", sagte er. "Wir sind in gehobener Kampfesstimmung." Trump geht mit Strafzöllen bereits gegen Salzgitter und die Dillinger Hütte vor.
KLIMASCHUTZ - TRUMP ERGRIFF DAS WORT
Beim ebenfalls strittigen Thema Klimaschutz hätten die allermeisten Redner sich zum Pariser Abkommen bekannt, aus dem Trump aussteigen will, sagte Merkel. Auch feile man noch an einer gemeinsamen Formulierung im Kommunique. Trump habe am Beginn der Klimasitzung teilgenommen und auch das Wort ergriffen. Danach sei er zu seinem bilateralen Gespräch mit Putin gegangen. Bei dem Treffen, das mit mehr als zwei Stunden deutlich länger dauerte als geplant, einigten sich beide Staatschefs nach übereinstimmenden Angaben ihrer Regierungen auf eine Waffenruhe im Südwesten Syriens ab Sonntag. Die Vereinbarung sei in einer "konstruktiven Atmosphäre" erzielt worden, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Sein amerikanischer Kollege Rex Tillerson erklärte, auch die Ukraine-Krise, Cyberangriffe und der Vorwurf der russischen Einmischung in die US-Wahl seien Themen gewesen.
Beim Kampf gegen Terrorismus konnte der Gipfel einen Teilerfolg verzeichnen. Die Teilnehmer waren sich nach Merkels Worten einig, dass er eine "Bedrohung für uns alle ist". Vor allem wollen die G20-Mitgliedsländer nun den Informationsaustausch verbessern. Auch die Finanzierungsquellen von Terroristen sollten wirksamer ausgetrocknet werden. Daneben will man gegen terroristische Inhalte im Internet vorgehen.
Als unstrittig galten in Hamburg dagegen die Finanzthemen. "Da gibt es keine größeren Probleme", sagte ein G20-Teilnehmer. Die weitgehende Einigkeit gelte auch für strengere Regeln für Banken und die Finanzwirtschaft insgesamt, mit denen eine Wiederholung der Krise von 2008 ausgeschlossen werden soll.
VIELE VERLETZTE BEI KRAWALLEN
Überschattet wurde der Gipfel von teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und G20-Gegnern im Umkreis des Tagungsgeländes und in der Hamburger Innenstadt. Autos brannten, die Polizei setzte Wasserwerfer ein und beklagte Angriffe der Aktivisten auf Beamte. Bis zum Abend bilanzierte die Polizei 71 Festnahmen. Sie forderte weitere Verstärkung aus anderen Bundesländern an. Merkel verurteilte die Krawalle. Sie habe jedes Verständnis für friedliche Demonstrationen. Gewalt könne man aber nicht akzeptieren. In Hamburg-Bahrenfeld wurden nach Angaben der Feuerwehr elf Demonstranten teils schwer verletzt, als sie über ein Absperrgitter auf ein Firmengelände kletterten, das zusammenbrach. Sie stürzten aus rund vier Meter Höhe ab.
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