Moskau und Brüssel: Mehr denn je auf Dialog angewiesen

  11 Juli 2017    Gelesen: 541
Moskau und Brüssel: Mehr denn je auf Dialog angewiesen
Der russische Außenminister Sergej Lawrow weilt am Dienstag und Mittwoch zu einem Arbeitsbesuch in Brüssel. Auf Programm stehen das Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini im Rahmen des Dialogs Russland-EU sowie Gespräche mit dem belgischen Außenminister Didier Reynders. Das schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Dienstag.
Wegen der Ukraine-Krise und der damit verbundenen harten Sanktionspolitik Brüssels erleben Russland und die EU die schwierigste Periode in den Beziehungen. Laut Lawrow „bringt dies uns keine Freude, doch die Wahl wurde nicht von uns getroffen“.

Während im neuen außenpolitischen Konzept Moskaus Russlands Interesse an der strategischen Partnerschaft mit der EU bestätigt wird, erwähnt die im vergangenen Jahr verabschiedeten „Globalen Sicherheitsstrategie“ der EU die Partnerschaft mit Russland überhaupt nicht. In dem Dokument heißt es, dass die Entwicklung der Beziehungen mit Russland eine „Herausforderung“ für die EU sei.

Moskau ist derweil weiterhin darauf orientiert, die vollumfängliche Kooperation mit der EU wiederherzustellen – dem größten handelswirtschaftlichen Partner. Auf die EU entfällt mehr als die Hälfte des Exports und mehr als 40 Prozent des Imports Russlands. Anscheinend wird Lawrow in Brüssel erneut die prinzipielle Bereitschaft erklären, die Beziehungen mit einem für die EU annehmbaren Tempo zu normalisieren. „Wir sind bereit, so weit zu gehen, wie sie“, sagte Mogherini Ende April in Moskau.

Laut einer Quelle im russischen Außenministerium wird das Treffen in Brüssel die Kontakte zwischen Lawrow und Mogherini in Moskau fortsetzen. „Der Besuch in Brüssel wird es ermöglichen, den gesamten Komplex der Beziehungen zwischen Russland und der EU und die internationalen Probleme zu besprechen, die vom gegenseitigen Interesse sind. Dabei sind unsere Positionen bei mehreren wichtigen Problemen wie der internationale Terrorismus, Nahost-Regelung bzw. Libyen-Krise naheliegend.“ Die Quelle führte weiter aus: „In Brüssel wird es die Möglichkeit geben, die Positionen voneinander zu anderen Themen besser zu verstehen, darunter in der Syrien-Frage. Wir rechnen mit einem konstruktiven Meinungsaustausch und Aktivierung des politischen Dialogs, der unseres Erachtens regelmäßig sein soll.“

Die Seiten sollen in Brüssel die Aussichten der Kooperation in den Bereichen besprechen, wo sich Fragen anhäuften: Energie, Verkehr, Fischerei, phytosanitäre Aufsicht, Gesundheitswesen u.a. Zuvor gab es eine gute Plattform dafür in Form der Dialogformate, die allerdings von der EU nach der Rückkehr der Krim zu Russland eingefroren wurden.

Lawrow könnte beim Treffen auch auf antirussische Stimmungen unter Brüsseler und europäischer Politiker hinweisen, die Russland vorwerfen, die EU zu schwächen, gegen die EU einen Hybrid-Krieg zu entfachen und die Wahlen in EU-Mitgliedsländern zu beeinflussen.

Es ist klar, dass das größte Reizthema die Ukraine-Frage bleibt. Moskau hofft weiterhin, dass die EU nicht mehr ignoriert, dass Kiew seinen Verpflichtungen gemäß Minsker Abkommen nur teilweise nachkommt, und mehr Aufmerksamkeit den Erscheinungen des aggressiven Nationalismus, Verletzung der Meinungsfreiheit und Rechte der Journalisten in der Ukraine widmen wird.

Angesichts der Tatsache, dass die Regelung der Ukraine-Krise sich in die Länge zieht, soll laut Moskau der Dialog zwischen Russland und der EU nicht zur Geisel dieses Prozesses werden. Früher oder später müssen die Seiten einen ernsthaften Dialog über die Zukunft Europas, wichtigste Mechanismen und Prinzipien, auf denen die Beziehungen aufgebaut werden sollen, führen.

Trotz aller Kontroversen, gegenseitigen Vorwürfen und Misstrauen wird die Kooperation in vielen Bereichen fortgesetzt. Laut dem EU-Botschafter in Russland, Vygaudas Ušackas, haben beide Seiten zum Beispiel die grenznahe Kooperation entwickelt, für die von Brüssel 183 Millionen Euro bereitgestellt wurden. Russische Dozenten und Studenten sind die aktivsten Teilnehmer an europäischen Bildungsprogrammen. Mehr als 4000 russische Studenten und Dozenten werden EU-Zuschüsse für Studienaufenthalte bzw. Unterrichtsprogramme bis Mitte des nächsten Jahres bekommen.

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