Mit ihr soll die Tendenz einer beschleunigten Wiederherstellung des gegenseitigen Handels gefestigt werden. Bekannt ist, dass der Handel stark unter den Sanktionen leidet, doch innerhalb von vier Monaten stieg er fast um ein Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Das sind positive Punkte. Allerdings ist es noch zu früh, von einer entschlossenen Normalisierung zwischen Berlin und Moskau zu sprechen. Ein Reizfaktor bleiben weiterhin die antirussischen Sanktionen. Zudem besteht das Problem der Ukraine-Regelung und der von der Bundesregierung unterstützten Nato-Politik in Sachen Sicherheit in Europa, darunter der aktiven Teilnahme Deutschlands am Ausbau der Nato-Präsenz an den Grenzen Russlands. Doch neue Herausforderungen, die sich als aussichtslos erwiesene Konfrontation mit Russland sowie die Spaltungen in der transatlantischen Gemeinschaft bewegen zu einem intensiveren Dialog.
Nun liegt es auf der Hand, wie wichtig die Rolle eines bilateralen Dialogs ist, der trotz der schwierigen Beziehungen zwischen Moskau und Berlin in den vergangenen Jahren nicht gestoppt wurde. Es gab zahlreiche Telefongespräche zwischen Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzlerin Angela Merkel, im Mai trafen sie sich in Sotschi. Auch Vizekanzler und Außenminister Sigmar Gabriel war in Moskau und wurde im Kreml empfangen. Darüber hinaus reiste CSU-Chef Horst Seehofer zweimal nach Russland und traf sich ebenfalls mit Putin. Man hat also einen zuvor nie dagewesenen Kontakt unter Teilnahme der wichtigsten politischen Entscheidungsträger.
Beim G20-Gipfel in Hamburg konnte kaum jemand die vielen Gespräche zwischen Putin und Merkel am Rande der Protokollveranstaltungen übersehen. Es gab auch ein separates Frühstück mit den Präsidenten Russlands und Frankreichs, das von der Bundeskanzlerin zur Besprechung der Ukraine-Frage organisiert wurde. Der russische Präsident schätzte die Ergebnisse des G20-Gipfels positiv ein. Er hob hervor, dass Deutschland einen optimalen Kompromiss bei solch einem sensiblen Thema wie dem Klimawandel erreichte. Bei der Antwort auf eine „provokative“ Frage auf der Pressekonferenz in Hamburg, ob Russland beabsichtige, sich in die Bundestagswahl einzumischen, sagte Putin:
„Weshalb sollten wir? Es fehlte gerade noch, sich in innenpolitische Prozesse einzumischen“.
Wie es in einer Stellungnahme des russischen Außenministeriums hieß, will Lawrow in Berlin Meinungen mit Sigmar Gabriel zu den wichtigsten internationalen Problemen austauschen, darunter zum Verlauf der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen und zur Förderung des Friedensprozesses in Syrien. Große Aufmerksamkeit wird bei solchen Gesprächen traditionell den praxisorientierten Fragen der russisch-deutschen Beziehungen gewidmet.
Im Kontext internationaler Angelegenheiten, darunter der russisch-amerikanische Aspekt, ist die Aufmerksamkeit gegenüber Russland in Deutschland offensichtlich. Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, sprach von einer Unentschlossenheit in der Russland-Politik der USA. Berlin stellt sich Frage, ob die jetzige US-Administration die Konflikte in der Ukraine und Syrien meistern kann, wenn sie widersprüchliche Signale an Russland sendet.
In deutschen Wirtschaftskreisen wird immer beharrlicher die Frage nach dem Ausbau der Partnerschaft mit Russland gestellt. Die Verlegung der Nord-Stream-2-Pipeline wird nicht in Frage gestellt. Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft veröffentlichte vor kurzem das 20-seitige Positionspapier „Schrittweise aus der Krise — Eine Bilanz des Ost-Ausschusses nach drei Jahren europäisch-russischer Wirtschaftssanktionen“. Da steht: „Die Zeit ist reif, die ökonomischen und politischen Auswirkungen und die Ausgestaltung der Wirtschaftssanktionen zu hinterfragen, zumal die russische Wirtschaft zunehmend lernt, mit den EU Sanktionen umzugehen und diese selbst sogar zur Abschottung des eigenen Marktes instrumentalisiert.“
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