Demnach werden die neuen US-Sanktionen, die von Washington im Alleingang und ohne jegliche Absprachen mit den europäischen Kollegen beschlossen wurden, nicht nur den russischen Energiesektor ins Visier nehmen, sondern auch Firmen aus anderen Ländern treffen, die sich an der Instandsetzung, Modernisierung oder am Ausbau russischer Pipelines beteiligen. Die Formulierungen des beschlossenen Sanktionspaketes sind so gehalten, dass praktisch jede deutsche Firma, die auch indirekt an deutsch-russischen Energieprojekten mitwirkt, von amerikanischen Sanktionsmaßnahmen betroffen werden könnte.
Vertreter der deutschen Wirtschaft hoffen, dass zumindest der im US-Sanktionsgesetz vorgesehene Konsultationsmechanismus mit der EU genutzt werden wird, um einen „Kollateralschaden“ für europäische Firmen zu vermeiden.
So hebt eine Sprecherin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hervor, man hoffe aus Brüsseler Sicht, dass bei der Durchführung der Sanktionen die europäischen Interessen Berücksichtigung finden werden. Sollte dies nicht der Fall sein, behalte man sich gar Gegenmaßnahmen vor.
Die Sinnhaftigkeit der antirussischen Sanktionen als politisches Druckmittel ist eh seit Längerem umstritten. Nach zwei Jahren Krise hat sich die russische Wirtschaft zuletzt auch trotz der ständig ausgeweiteten US- und EU-Sanktionen wieder erholt. Bereits in diesem Jahr wird eine Zunahme des russischen BIP von 0,5 bis 1,7 Prozent erwartet.
Davon profitiert auch der deutsch-russische Handel: er kann sich trotz der Sanktionen zunehmend erholen. Die DIHK erwartet für dieses Jahr wieder ein Wachstum der deutschen Exporte in das Land. Die Erwartungen gehen von bis zu fünf Prozent Wachstum aus. Vor allem die exportorientierten deutschen Maschinenbauer profitieren sichtbar von dieser Erholung: Bereits in den ersten fünf Monaten seien die Ausfuhren nach Russland um mehr als ein Fünftel gestiegen, so der Branchenverband VDMA.
Einen langfristigen Schaden haben dagegen bereits die deutschen Landwirtschaftsexporte genommen. Die russische Agrarwirtschaft hatte trotz (oder vielleicht sogar wegen) der Sanktionen ein Plus von 4,8 Prozent im Jahr 2016 und profitierte somit von den „Strafmaßnahmen“ aus Brüssel und Washington: Nach Einführung von Moskauer Gegenmaßnahmen mussten russische Landwirte nicht gegen die Agrarimporte aus der EU konkurrieren, konnten in die frei gewordenen Marktlücken vorstoßen und diese nun klar für sich einnehmen.
Den meisten Schaden haben davon die deutschen Bauern. Wie der Deutsche Bauernverband beziffert, summieren sich die Einbußen für die hiesigen Landwirte aus den letzten beiden Jahren auf jährlich etwa eine Milliarde Euro.
Folgerichtig zeigen auch Meinungsumfragen eine klare Ablehnung der Deutschen gegenüber den neuesten antirussischen Sanktionen. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage halten 83 Prozent der Befragten die US-Sanktionen gegen Russland für falsch, nur sechs Prozent finden sie richtig. Ebenfalls eindeutig ist die öffentliche Einschätzung der wahren Motive für die Sanktionen. Ganze 77 Prozent der Befragten sind sich sicher, dass es den Vereinigten Staaten bei den neuesten Sanktionen gegen Russland nur darum gehe, die eigene Position ihrer Wirtschaft zu stärken – „America first“ eben. Nur zehn Prozent glauben der amerikanischen Argumentation, der Grund für die US-Sanktionen seien russische Einflussversuche auf die US-Wahl 2016 sowie russische „Vergehen“ in der internationalen Politik.
Quelle : sputnik.de
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