Konzernchefs fliehen vor Trump

  18 Auqust 2017    Gelesen: 699
Konzernchefs fliehen vor Trump
Als sich Konzernchefs nach einem Aufmarsch von Neonazis aus Beratergremien im Weißen Haus zurückziehen, gibt ihnen der US-Präsident noch wütende Tweets mit auf den Weg. Das hält andere nicht davon ab, ebenfalls das Weite zu suchen.
Das nennt man wohl Affront: Die Vorstände wichtiger US-Unternehmen distanzieren sich von Donald Trump und sorgen dafür, dass der US-Präsident zwei Beraterzirkel auflöst. "Statt Druck auf die Geschäftsleute des Industrie-Rates und des Strategie- und Politikforums auszuüben, beende ich beide", twitterte Trump. "Vielen Dank an alle."

Wegen Trumps Äußerungen zu einem Aufmarsch von Rassisten und Rechtsextremen hatten sich zuvor einige Vorstandschefs aus den Gremien zurückgezogen. Der Hintergrund: In der Stadt Charlottesville war eine Gegendemonstrantin getötet worden, als ein Mann sein Auto in die Menge lenkte. Mehrere Menschen wurden dabei verletzt. Zudem kam es auch zu schweren Zusammenstößen zwischen Neonazis und Gegendemonstranten. Trump hatte eine klare Schuldzuweisung vermieden und sprach von "Gewalt auf beiden Seiten".

Dass sich Wirtschaftsführer aus allen Branchen öffentlich von einem republikanischen Präsidenten abwenden, ist an sich schon bemerkenswert - zumal sich Trump als Geschäftsmann darstellt, der die Interessen von Unternehmen versteht. Bemerkenswert ist allerdings auch, wie deutlich sich die Konzernchefs von Trump distanzieren.

Der Chef der Bank JP Morgan Chase, Jamie Dimon, schrieb in einer Mail an die Angestellten, er lehne die Reaktion Trumps auf die Gewalt in Charlottesville entschieden ab. "Es ist die Aufgabe eines Anführers, im Geschäftsleben und in der Regierung, Menschen zusammenzubringen und nicht, sie zu trennen", so Dimon.

"Hätten nicht mitmachen sollen"

"Rassismus und Mord sind absolut verwerflich und moralisch mit nichts gleichzusetzen, was sonst in Charlottesville geschehen ist", so Denise Morrison, Chefin von Campbell Soup. "Ich denke, dass der Präsident hier eindeutig sein sollte". Auch der Chef von Johnson & Johnson kritisierte, dass Trump diejenigen gleichsetze, die "von rassistischem Hass motiviert sind mit denjenigen, die gegen diesen Hass Stellung beziehen".

Der Exodus hatte am Montag begonnen, als Merck-Chef Kenneth Frazier den Industrie-Rat verließ. "Als Vorstandschef und aus persönlichem Gewissen" müsse er sich "gegen Intoleranz und Rassismus" stellen, so der Pharma-Boss.

Trump reagierte wütend. "Jetzt hat er mehr Zeit, die BETRÜGERISCHEN PREISE VON MEDIKAMENTEN ZU SENKEN!", twitterte der US-Präsident. Danach kündigten weitere Topmanager ihre Mitarbeit auf, darunter die Chefs von Intel, 3M und Under Armour. Auch ihnen schickte Trump einen Tweet hinterher. Für jeden Konzernchef, der den Rat verlasse, habe er mehrere, die deren Plätze einzunehmen würden. "Angeber hätten nicht mitmachen sollen. JOBS!", twitterte er.

Vor einigen Wochen hatten bereits andere Vorstandschefs einen Rückzieher gemacht. Anlass für Disney-Chef Robert Iger und Tesla-Gründer Elon Musk war die Ankündigung von Trump, sich vom Klima-Abkommen von Paris zurückzuziehen. Der damalige Uber-Chef Travis Kalanick ging angesichts des Einreiseverbots für Muslime aus mehreren Ländern.

Medienwirksame Treffen

Die allermeisten CEOs blieben allerdings in beiden Beratergremien. Doch Trumps Reaktion auf die Ereignisse in Charlottesville war für viele nicht zu akzeptieren - was auch daran liegen mag, dass sie Druck von Kunden, Angestellten und Aktivisten ausgesetzt sind.

Während der Industrie-Rat langsam zerfiel, wollten die Mitglieder des Strategic and Policy Forums lieber gemeinsam handeln. In diesem Forum saßen unter anderem die Chefs von Generals Motors, JP Morgan und des Finanz-Investors Blackstone.

Medienberichten zufolge hatte Blackstone-Chef Steve Schwarzman für Mittwochmorgen eine Telefonkonferenz der Mitglieder organisiert. Die meisten CEOs hatten sich demnach bereits entschieden, das Gremium zu verlassen. In der Konferenz verabredeten sie dann, gemeinsam das Forum aufzulösen. Schwarzman informierte Jared Kushner, der als Berater seines Schwiegervaters Trump fungiert. Kurz danach gab der Präsident das Ende der beiden Gremien bekannt.

Die Beraterzirkel hatten sich bisher nur selten getroffen. Sie hatten keine Entscheidungsmacht und waren von Trump offenbar eher dazu gedacht gewesen, medienwirksam seine Nähe zur Wirtschaft zu demonstrieren. Die Unternehmenschefs hofften dagegen, Einfluss auf die Wirtschaftspolitik nehmen zu können. Einige von ihnen hatten Trumps Vorgänger Barack Obama für nach ihrer Ansicht zu hohe Steuern und zu starke Regulierungen kritisiert. Trump hatte ihnen die "größte Steuersenkung in der US-Geschichte" und ein milliardenschweres Infrastrukturprogramm versprochen - doch derzeit deutet wenig darauf hin, dass Trump das umsetzen kann.

Dass sich die Chefs einiger der wichtigsten US-Unternehmen von Trump distanzieren, dürfte das Weiße Haus alarmieren. Schließlich inszeniert sich Trump als erfolgreicher Geschäftsmann, der die US-Wirtschaft zum boomen bringen und für zahllose neue Jobs sorgen könne. Das "Wall Street Journal" drückt es so aus: "Ein republikanischer Präsident, der die Geschäftswelt verliert, hat ein großes Problem."

Quelle: n-tv.de

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