Trump gibt den Kalten Krieger

  01 September 2017    Gelesen: 870
Trump  gibt den Kalten Krieger
Die Beziehungen zwischen den USA und Russland geraten unter Donald Trump immer mehr in die Krise. Die Schließung von Konsulaten könnte erst der Anfang sein. Neuer Streit droht um Nordkorea und die Ukraine.
Russische Diplomaten gibt es in der alten Handelsmetropole San Francisco seit dem frühen 19. Jahrhundert. Der Sitz des russischen Generalkonsulats befindet sich in einer der besten Gegenden. Von den obersten Stockwerken hat man einen direkten Blick auf die Golden Gate Bridge.

Doch Generalkonsul Sergej Petrow und seine Mitarbeiter müssen jetzt ihre Sachen packen. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat die Schließung der diplomatischen Vertretung in San Francisco angeordnet. Zeitgleich müssen zwei weitere kleinere Wirtschaftsbüros des russischen Außenministeriums in Washington und New York schließen.

Die Schließung des Konsulats in San Francisco ist die neueste Wendung in einer ernsten Krise im russisch-amerikanischen Verhältnis. "Tit for tat" nennen die Amerikaner das alte Machtspiel aus dem Kalten Krieg, in dem sich die USA und die UdSSR einst mit immer neuen Vergeltungsmaßnahmen gegenseitig bestraften. In so einer Spirale scheinen Russen und Amerikaner wieder gefangen zu sein.

Mehr Rivale als Verbündeter

Ausgerechnet Donald Trump, der Präsident, der eigentlich angetreten war, die schwierige Beziehung zu Moskau zu reparieren, sorgt nun dafür, dass die Dinge nicht wirklich besser werden, eher schlechter.

Er würde wohl gerne - wie im Wahlkampf versprochen - mit Wladimir Putin Freundschaft schließen. Allerdings muss er nun als Präsident erkennen, dass es etliche Felder gibt, auf denen Russen und Amerikaner grundsätzlich andere Interessen verfolgen. Hinzu kommt, dass vor allem viele seiner eigenen republikanischen Parteifreunde im Kongress und in der Regierung wenig davon halten, mit dem Gegner aus den Zeiten des Kalten Kriegs allzu nett umzugehen.

Gerade die zahlreichen alten Ex-Militärs, die Trump selbst in die Regierung geholt hat, sehen Moskau mehr als Rivalen, denn als Verbündeten. John Kelly, der neue Stabschef und Ex-Marine, oder auch James Mattis, ebenfalls Ex-Marine und jetzt Verteidigungsminister, haben gelernt, Moskau grundsätzlich nicht über den Weg zu trauen.

Unterstützung erhalten sie von Moskau-Kritikern im Kongress wie dem republikanischen Senator John McCain. Er und andere Hardliner sorgten dafür, dass in Washington im Frühsommer neue empfindliche Sanktionen gegen Russland beschlossen wurden, vor allem gegen den wichtigen Energiesektor.

Klassische Doppelstrategie

Die Abgeordneten wollten Putin für seine mutmaßliche Einmischung in die US-Wahlen und für die andauernde Besetzung der Krim bestrafen. Trump stimmte dem Plan zähneknirschend zu. Aus Empörung über die neuen Sanktionen ordnete Moskau den Abzug von 755 diplomatischen Mitarbeitern der USA bis Ende August an. Die Schließung des russischen Konsulats in San Francisco ist nun wiederum eine Reaktion der Amerikaner auf die russische Strafaktion. Es gehe bei der Schließung des Standorts in San Francisco darum, in etwa Parität herzustellen, hieß es im US-Außenministerium. Die USA und Russland haben nun gleich große diplomatische Delegationen im jeweils anderen Land.

Die Moskau-Kritiker in Washington wollen Trump auf eine klassische Doppelstrategie festlegen. Einerseits sollen Putin Grenzen aufgezeigt werden. Andererseits wollen sie den Gesprächskanal offen halten. Vor allem Außenminister Rex Tillerson, der aus seiner Zeit als ExxonMobil-Boss gute Drähte zu Putin hat, soll versuchen, mit den Russen weiter im engen Austausch zu bleiben.

Zwei Themen mit Konfliktstoff

Die Beziehungen sollen nicht vollkommen einfrieren. Wenn Moskau kooperiert, soll eine Verbesserung der Beziehungen in Aussicht gestellt werden. Wenn nicht, wird der Druck erhöht. Reichlich Konfliktstoff könnte es schon bald vor allem bei zwei Themen geben:

Moskau soll endlich seinen Einfluss in Nordkorea nutzen, um Diktator Kim Jong Un von seinen Plänen für eine atomare Aufrüstung abzubringen. In Washington herrscht Unverständnis darüber, dass sich Russland - im Gegensatz zu China - so wenig in der Sache engagiert.
Ein besonders heikler Konflikt steht in Sachen Ukraine bevor: In der US-Regierung wird ernsthaft die alte Idee aufgewärmt, die westlich orientierte Regierung in Kiew von Präsident Petro Poroschenko mit schweren Waffen zu beliefern. So solle sich Kiew besser gegen die von Russland unterstützten Separatisten in der Ost-Ukraine schützen können.

Verteidigungsminister James Mattis nahm unlängst am ukrainischen "Unabhängigkeitstag" an einer Parade von Streitkräfte in Kiew teil - ein klares Signal an Moskau, dass Washington nicht länger bereit ist, die russische Einmischung in dem Land zu dulden. Moskau wiederum versteht das amerikanische Gebaren in der Ukraine eher als Zeichen westlichen Expansionsstrebens.
So ist völlig offen, ob das amerikanische Konzept von "Zuckerbrot und Peitsche" aufgehen wird. Moskaus Außenminister Sergej Lawrow reagierte ausgesprochen kühl auf die Schließung des Konsulats in San Francisco, die ihm Tillerson am Telefon verkündete. Man bedaure die "Eskalation" und werde die USA über eine Reaktion informieren, ließ er wissen.

Warnung vor neuer Eiszeit

Im kommenden Frühjahr stellt sich Putin in Russland erneut als Präsident zur Wahl. Europäische Diplomaten befürchten, dass er den Konflikt mit Washington und dem Westen deshalb in einem nationalistischen Wahlkampf weiter anheizen könnte, um sich keine Blöße zu geben.

In Brüssel und in Berlin werden die Muskelspiele auf beiden Seiten deshalb mit Sorge gesehen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte in dieser Woche bei einem Besuch in Washington ausdrücklich vor einer Verschärfung der Krise: "Es darf zwischen Russland und dem Westen keine neue Eiszeit geben."

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