Kurden-Abstimmung alarmiert Nachbarn

  25 September 2017    Gelesen: 474
Kurden-Abstimmung alarmiert Nachbarn
Die irakischen Kurden stimmen über die Autonomie ihrer Region ab. Doch das wollen Nachbarstaaten wie etwa die Türkei nicht gelten lassen. Sie schließen ihre Grenzen und fordern Bürger zur Ausreise auf. Neue Konflikte sind nicht ausgeschlossen.
Die irakischen Kurden stimmen ungeachtet internationaler Proteste und gegen den Willen der Zentralregierung in einem Referendum über die Unabhängigkeit ihrer Region ab. Es wird erwartet, dass eine klare Mehrheit der Stimmberechtigten mit "Ja" votieren dürfte.

Der Ausgang des Referendums in dem erdölreichen Gebiet ist zwar nicht bindend, doch soll es dem Chef der kurdischen Regionalregierung, Massud Barsani, ein Mandat für Verhandlungen mit der Regierung in Bagdad und den Nachbarstaaten geben. Abstimmungsberechtigt sind nach Angaben der Wahlkommission alle registrierten Kurden und Nicht-Kurden in dem von der Autonomiebehörde kontrollierten Gebiet im Norden des Irak. Dies seien 5,2 Millionen Einwohner. Die Wahllokale sollten um 17 Uhr MESZ schließen. Mit dem Endergebnis werde innerhalb von 72 Stunden gerechnet.

Referendum findet statt - trotz heftiger Ablehnung

Auf diesen Tag haben wir Hundert Jahre gewartet", sagte ein Wähler in Erbil, der Hauptstadt der Region. "Wir wollen einen eigenen Staat haben." Die irakischen Kurden betrachten die Abstimmung auch als Anerkennung ihres Kampfes gegen die Islamisten-Miliz IS, die 2014 die irakische Armee überrannt und zeitweise ein Drittel des Staatsgebiets unter seine Kontrolle gebracht hatte.

Abgestimmt wird nicht nur in dem offiziellen Autonomiegebiet der Kurden, sondern auch in Regionen, in die kurdische Milizen im Kampf gegen den IS vorgerückt sind. Die USA haben die Abstimmung vor allem in diesen Gebieten als Provokation gewertet. Barsani widersetzte sich dem Druck, das Referendum abzusagen. Es wird befürchtet, dass die Abstimmung zu neuen Konflikten mit der Regierung in Bagdad und den Nachbarn Iran und Türkei führen könnte.

Die irakische Zentralregierung forderte ausländische Firmen auf, den Ölhandel mit den Kurden einzustellen. Die Autonomieregierung wurde aufgefordert, die Kontrolle über die internationalen Flughäfen, sowie die Grenzübergänge zum Iran, der Türkei und Syrien abzugeben.

Türkei will "jede Maßnahme" ergreifen

Die Abstimmung veranlasste die türkische Regierung dazu, ihre Staatsbürger in der Region zur Ausreise aufzurufen. Wer keinen zwingenden Grund zur Anwesenheit habe, dem werde dringend empfohlen, die Region so bald wie möglich zu verlassen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf das Außenministerium.

In einer separaten Pressemitteilung des Außenministeriums in Ankara hieß es, das Referendum sei "null und nichtig" und ohne jede rechtliche Grundlage. Die Türkei werde das Ergebnis nicht anerkennen. "Wir sind bestürzt über diesen Versuch" der politischen Führung der Kurdenregion, die das Referendum trotz aller Warnungen der Türkei und der Internationalen Gemeinschaft abhalte. Die Kurdenregierung gefährde Frieden und Stabilität im Irak und der ganzen Region, erklärte das Außenministerium.

Die Türkei werde "jede Maßnahme" ergreifen, die das internationale Recht und das türkische Parlament erlaube, hieß es in der Mitteilung. Das gelte etwa in dem Fall, dass "radikale Elemente und Terroristen" die Lage nach dem Referendum ausnutzten und die nationale Sicherheit der Türkei gefährdeten.

Präsident Recep Tayyip Erdogan werde bei seinem Iran-Besuch kommende Woche in Teheran über die Antwort auf das Referendum beraten, so Ministerpräsident Binali Yildirim. Die Türkei bekämpft im eigenen Land einem Aufstand kurdischer Separatisten- Außerdem hatte das türkische Parlament erst am Samstag das Mandat für Militäreinsätze im Irak und in Syrien verlängert.

Auch Bundesregierung gegen Votum

Der Iran hat seine Luft- und Landgrenzen zur Region geschlossen. Dies sei auf Bitte der irakischen Zentralregierung in Bagdad erfolgt, sagte der iranische Außenamtssprecher Bahram Ghasemi. Das Referendum sei "illegal und illegitim". Irans Präsident Hassan Ruhani hatte in der Nacht in einem Telefonat Iraks Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi versichert, Teheran unterstütze vollends die irakische Zentralregierung.

Die Bundesregierung hat sich ebenfalls gegen die Volksabstimmung ausgesprochen. Im Nordirak sind deutsche Soldaten stationiert, die kurdische Peschmerga für den Kampf gegen die Islamisten-Miliz IS ausbilden.

Quelle: n-tv.de

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