China treibt Bitcoin-Dealer in den Untergrund

  06 Oktober 2017    Gelesen: 397
China treibt Bitcoin-Dealer in den Untergrund
Um Kapitalflucht und Wirtschaftsflaute zu bremsen, hat Peking Kryptowährungen wie Bitcoin verboten. Doch die Investoren juckt das nicht: Sie lassen sich mit 4000 Prozent Rendite locken - in den Untergrund, wo sich Kriminelle tummeln.
Als die chinesische Finanzaufsicht Anfang September versuchte, Kryptowährungen wie Bitcoin den Todesstoß zu versetzen, hat es dem Cyber-Geld erst recht Leben eingehaucht. Schon damals war China die Hochburg des weltweiten Kryptohandels. Dutzende Firmen haben sich im Reich der Mitte bereits per Börsengang mittels digitaler Kunstwährungen, sogenannter Initial Coin Offerings (ICOs), Geld besorgt.

"Illegale öffentliche Kapitalbeschaffung, die im Zusammenhang mit kriminellen Machenschaften wie Betrug und Schneeballsystemen stehen", nannte die Zentralbank die Angebote und untersagte sie deshalb. Nur genützt hat es nichts: Seitdem sind Cybergeld-Investoren in China endgültig in den Untergrund abgewandert. Das "Wall Street Journal" (WSJ) hat es nun geschafft, einen seltenen Einblick in diese Dunkelkammer des chinesischen Finanzsystems zu erhaschen.

4000 Prozent Rendite

Dort geht der Handel munter weiter - und die Möglichkeiten für Kriminelle wachsen in den Himmel. Nur drei Tage nach dem Verbot fand beispielsweise auf einem Golfplatz in Peking ein Geheimtreffen mit einem halben Dutzend Krypto-Investoren statt. Eine Frau, die angeblich eine Logistikfirma vertrat, die sich Geld beschaffen wollte, versprach den potentiellen Anlegern das Blaue vom Himmel: In zwei bis drei Jahren könnten sie ihr Geld mehr als vervierzigfachen, lockte die Dame laut einem Mitschnitt der Präsentation, der der Zeitung vorliegt.

Chinas Finanzaufsicht hat bereits mehrere Börsen für Cyber-Geld geschlossen und geht mit aller Härte gegen dubiose Anbieter vor. Im Mai hob die Polizei in Haiku in Südchina einen Ring von Krypto-Betrügern aus, die laut der Provinzregierung 620 Millionen Dollar von 40.000 Anlegern für eine neue angebliche Währung namens "Asia-Europe Coin" eingesammelt haben sollen. Die Gruppe soll versprochen haben, das Geld in weniger als einem Jahr zu verzweihunderfachen.

Trotz abstruser Renditeversprechen lassen sich viele Chinesen von solch dubiosen Angeboten locken. Heimliche Verkaufsgespräche, bei denen bis zu 100.000 Dollar pro Investor verlangt würden, fänden außer Sichtweite der Finanzaufsicht statt, berichtet das "WSJ" unter Berufung auf Investoren und Händler, die zu solchen Treffen eingeladen waren. Die Anbieter hätten ihre Seminare, zu denen früher ganze Busladungen von Teilnehmern gekarrt wurden, unter dem Druck der Aufseher lediglich diskret zurückgestutzt, um weniger Aufsehen zu erregen.

Fluchtweg aus dem Finanzsystem

Nichts scheint die Cyber-Abzocke aufhalten zu können. Strikte Kapitalkontrollen, korrupte Staatsbanken, politisch gesteuerte Zitter-Börsen, gefälschte Wachstumszahlen - das chinesische Finanzsystem ist der perfekte Nährboden für den Krypto-Hype. Weil es nicht genug attraktive, legale Anlagemöglichkeiten gibt, stürzen sich viele Chinesen Hals über Kopf in fragwürdige Cyber-Investments - und nehmen dafür auch Verluste in Kauf.

Viele versuchen über die ICOs ihr Geld ins Ausland zu schaffen und dem regulären Kreislauf zu entziehen, weil das Wachstum immer mehr abflaut. Chinas Finanzaufsicht hält mit immer strikteren Kontrollen und Verboten dagegen, um die Wirtschaft des Riesenreichs in Gang zu halten. Doch je fester Peking den Deckel auf sein Finanzsystem drückt, desto tiefer treibt es die Investoren in den Untergrund. "Man kann die Börsen schließen, aber nicht die Nachfrage nach solchen Investmentprodukten abschalten", zitiert das "WSJ" einen Bitcoin-Händler aus Shenzhen.

In diesem Biotop haben fragwürdige Gestalten wie die Frau auf dem Pekinger Golfplatz leichtes Spiel. "Bei ICOs gibt es eine Menge Betrug. Aber nicht bei uns. Wir haben eine Menge echtes Vermögen", beteuerte sie laut "WSJ" bei ihrer Präsentation. Für Beträge zwischen 3000 und 100.000 Dollar könne man bei ihr in sogenannte R-Coins investieren. Als das "WSJ" später bei ihrer Firma anrief, wollte eine Vertreterin keine Fragen dazu beantworten. Sie sei sich nicht sicher, ob die Firma noch Geld annehme.

Quelle: n-tv.de

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