abgelehnt, EU-Hilfe für eine bessere Kontrolle der Grenzen, zur Registrierung von Migranten und humanitärer Hilfe anzunehmen.
Analysten und Politiker sind sich sicher, dass hinter der Untätigkeit Kalkül steht. Der griechische Premier möchte den Flüchtlingsstrom nutzen, um Zugeständnisse bei der Rückzahlung von Krediten der EU auszuhandeln. Doch dieser Schuss könnte nun nach hinten losgehen.
Viele EU-Staaten sind wütend auf Tsipras. Nach Angaben der Zeitung sehen "mehrere EU-Minister" und "hochrangige EU-Beamte" einen möglichen Schengen-Ausschluss als die einzige Möglichkeit, um ihn davon zu überzeugen, endlich die von Seiten der EU angebotene Hilfe anzunehmen.
Griechenland hat keine Landgrenze mit der EU. Daher hätte ein Ausschluss keine Auswirkung auf den Flüchtlingsstrom. Lediglich an EU-Flughäfen müssten Griechen dann wieder ihre Pässe vorzeigen. Es wäre allerdings ein starker symbolischer Schritt – bisher hat es einen Schengen-Rauswurf noch nie gegeben.
Konkret soll es um drei Vorwürfe gegen Griechenland gehen:
1. Athen hat das Angebot der EU abgelehnt, 400 Frontex-Beamte zur Sicherung seiner Grenze nach Mazedonien anzunehmen. Begründung: Nach griechischem Recht dürften nur griechische Polizisten an der Grenze patrouillieren.
2. Bisher hat Griechenland ein Angebot der EU für humanitäre Hilfe nicht angenommen. Das wiegt um so schwerer, da am 19. November der EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis zu einem Besuch auf Lesbos war. Er sah mit an, wie ein Flüchtlingsboot landete - und erlebte mit, wie drei Kinder an Unterkühlung starben, während freiwillige Helfer "in einer schlammigen Hütte" versuchten, deren Leben zu retten. "Das ist nicht akzeptabel", schrieb er in einem Brief an Jean-Claude Juncker. "Weit und breit war nichts von der EU zu sehen und man fragte mich, wann die EU kommen würde, um zu helfen." Aus dem Brief zitierte die belgische Zeitung "Le Soir".
3. Athen hat es abgelehnt, 300 "Eurodac"-Geräte zum Abnehmen und Einspielen von Fingerabdrücken in die EU-Datenbank anzunehmen. Begründet wurde dies mit Problemen mit der Internet-Verbindung und der fehlenden Ausbildung des Personals.
Besonders osteuropäische Staaten sind wütend. Sie sprechen sich offen für einen Ausschluss aus der Schengen-Zone aus. Am Sonntag sagte Robert Fico, der Premierminister der Slowakei, es sei "höchste Zeit" dafür.
Fico sagte, hinter vorgehaltener Hand seien alle EU-Staaten dieser Ansicht. "Wir können nicht zulassen, dass ein Mitgliedsstaat es offen ablehnt, seinen Verpflichtungen zur Sicherung der Schengen-Grenzen nachzukommen. In so einer Situation ist die Schengen-Grenze nutzlos."
Deutschland hat sich bisher noch nicht zu diesem Schritt entschlossen. Doch ein EU-Botschafter in Brüssel sagte der "Financial Times": "Für die Deutschen war die rote Linie, als Frontex nicht erlaubt wurde, zu kommen, um zu helfen. Die Deutschen schäumen vor Wut, und deshalb reden die Leute jetzt davon, Griechenland rauszuschmeißen."
Nach Angaben der "FT" soll die Ausschluss-Drohung mehrmals überbracht worden sein. Unter anderem bei einem Besuch, von Jean Asselborn, dem Außenminister von Luxemburg, das gerade die EU-Ratspräsidentschaft hat. Asselborn sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass er kein Ultimatum überbracht habe, mit der griechischen Regierung jedoch über die Rauswurf-Forderungen gesprochen habe. "Wir müssen sicherstellen, dass die Leute in Brüssel nicht darüber sprechen, Griechenland aus Schengen rauszuschmeißen", sagte er. "Das müssen wir um jeden Preis vermeiden."
Griechenland bestätigte den Bericht. Die griechische Regierungssprecherin Olga Gerovasili wies gegenüber der britischen BBC darauf hin, dass der Ausschluss Griechenlands aus der Schengen-Zone "nie im EU-Rahmen" angesprochen wurde. Sie klagte aber, dass "europäische Kreise auf einer entstellten Realität bestehen und weiterhin glauben, dass Europas Zukunft auf fremdenfeindlichen Reflexen, Zäunen und Ausschluss gebaut werden kann."
Auch der griechische Immigrations-Minister Ioannis Mouzalas äußerte sich zu den Vorwürfen. Er bestätigte der BBC, dass einige EU-Staaten, "fälschlicherweise" annähmen, der Zufluss von Migranten könne besser in Griechenland als in der Türkei kontrolliert werden. "Es wird nicht offiziell gesagt, aber da ist Druck", sagt er.
Auf einem EU-Treffen am Freitag soll über die Situation in Griechenland gesprochen werden. Sollte sich die Einstellung Griechenlands nicht ändern, würden dann Mitte Dezember offiziell über einen solchen Schritt diskutiert werden.
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