"Wir wissen, dass der asiatische Konsument sehr markenbewusst ist und einen hohen Fokus auf Qualität legt", sagte Rogger. Im weltweiten Geschäft mit Luxusprodukten würden immerhin 50 Prozent des Umsatzes in Asien erzielt, rechnete der Firmenchef vor. Nach dem Hype um Malbücher für Erwachsene gelte es zudem, "neue Trends zu setzen". In die Suche nach Ideen sollen sich auch "Innovationslabore" in den jeweiligen Produktionsstandorten stärker einbringen als bisher, sagte Rogger. In solche Labors hole Faber-Castell Akteure aus der Start-up-Szene, die sich stärker austauschen sollen.
"Sie sollen Wege finden, wie wir unser analoges Schreiben und unser Zeichnen mit der digitalen Welt verknüpfen können. Da sind Projekte, die wir bisher wenig gemacht haben." Als Beispiel nannte er die von Faber-Castell in Brasilien entwickelte Smartphone-App "Floresta Sem Fim", über die Nutzer ein Foto einer eigenen Zeichnung hochladen können - diese wird dann zum Leben erweckt, indem sie sich dreidimensional bewegt. In Deutschland sei die App allerdings nicht zu haben, sagte eine Firmensprecherin. Man prüfe noch "globale Ansätze."
Suche nach dem nächsten Trend
Großes Potenzial sieht der neue Chef auch in der Lust am Gestalten mit Stiften, die er als eine Art Gegenbewegung zur fortschreitenden Digitalisierung im Alltag versteht. Gerade der Run vieler Erwachsener auf Bilderbücher zum Ausmalen hatte Faber-Castell im Geschäftsjahr 2015/2016 den bis dato höchsten Umsatz der Firmengeschichte beschert. Zwar sei der Hype inzwischen vorbei, doch gebe es Folgetrends wie "Handlettering", die Lust am Schönschreiben, oder "Doodling", das bewusste Kritzeln von Mustern, während man gerade telefoniert. Vor allem bei jungen Leuten sei auch "Bullet Journalling" beliebt, ein Zeitvertreib, bei dem man auf kunstvolle Weise eine To-do-Liste gestalte.
Im Geschäftsjahr 2016/2017 verbuchte das Unternehmen einen neuen Rekordumsatz von 667 Millionen Euro - ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Fürs laufende Jahr rechnet Rogger mit etwas weniger Wachstum - nicht zuletzt wegen des abgeflauten Ausmal-Booms. Sein Vorgänger Anton-Wolfgang Graf von Faber-Castell war im Januar 2016 im Alter von 74 Jahren gestorben. Seit dem 1. Juni steht der aus der Schweiz stammende Rogger an der Spitze der Firma mit weltweit 8000 Mitarbeitern, davon 1100 in Deutschland - und damit erstmals in deren 256-jährigen Geschichte ein externer Manager. Von 2013 bis 2016 war er Vorstandsvorsitzender des österreichischen Brillenherstellers Silhouette International Schmied AG; davor hatte er leitende Funktionen bei der Uhrenmanufaktur Lange, dem Luxuskonzern Richemont und dem Uhrenhersteller Swatch inne.
Für Richemont und Swatch war Rogger viele Jahre in Hongkong tätig. Seine Erfahrungen in Fernost dürften auch eine Rolle bei seiner Berufung zum Chef von Faber-Castell gespielt haben, sagte er. Und gerade in Asien müsse das fränkische Traditionshaus künftig stärker angreifen. So entfielen 40 Prozent der weltweiten Geschäfte von Faber-Castell auf Südamerika, 35 Prozent auf Europa/Nordamerika sowie 25 Prozent auf Fernost. "Mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung ist unser Asien-Anteil im Moment ausbaufähig", räumte Rogger ein.
Dass er von der Außenlinie aus an die Spitze des Unternehmens in adeliger Familienhand gerückt ist, sei keine Bürde, sondern eine Ehre, betonte Rogger. In allem stimme er sich eng mit dem vierköpfigen Vorstand ab, dem auch Graf von Faber-Castells Witwe Mary angehört. Sie soll später in den Aufsichtsrat rücken. Ihr Stiefsohn Charles, Sprössling des Grafen aus erster Ehe, leitet die Premiumsparte. Die Sorge, womöglich nur Vorstandschef auf Abruf zu sein, habe er nicht, stellte Rogger klar. "Meine Anstellung ist langfristig."
Quelle: n-tv.de
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