Der Terroranschlag auf die Polizeischule in Gardes war offenbar minutiös geplant: Gegen 9.30 Uhr zündete zunächst ein Selbstmordattentäter seinen mit Sprengstoff beladenen Wagen in der Nähe des Ausbildungszentrums. Die Explosion habe "den Weg für eine Reihe von Angreifern frei gemacht", berichtete ein Augenzeuge. Die Kämpfer schossen mit automatischen Waffen um sich und versuchten offenbar, das Gelände der Polizeischule zu stürmen. Es kam zu heftigen Gefechten mit Sicherheitskräften.
Unter den Toten seien "Frauen, Studenten und Polizisten", sagte der Chef der staatlichen Kliniken der Provinz Paktia, Hedajatullah Hamidi. Der stellvertretende Gouverneur Abdul Wali Sahi sprach zunächst von mindestens 15 bis 20 Toten und mehr als 160 Verletzten. Er widersprach der Angabe eines Provinzratsmitglieds und afghanischer Medien, dass bei dem Angriff auch Paktias Polizeichef getötet worden sei. Laut Innenministerium erschossen Spezialkräfte der Polizei mindestens zwei der Angreifer. Wie viele Täter an der Attacke beteiligt waren, blieb unklar.
Großangriff in Andar
Schon in der Nacht gegen 1.00 Uhr (Ortszeit) hatten in der an Paktia angrenzenden Provinz Gasni rund 300 Taliban das Zentrum des Bezirks Andar angegriffen, wie Bezirksgouverneur Mohammed Disiwal sagte. Provinzratsmitglied Amanullah Kamran sagte, dass bei der Detonation einer Autobombe 14 Sicherheitskräfte getötet wurden.
Gleichzeitig überrannten Talibankämpfer in der Nähe zwei Kontrollposten der Sicherheitskräfte. Bei diesen beiden Überfällen kamen in dem einen Stützpunkt sechs, in dem anderen zehn Menschen ums Leben. Die Kämpfe hätten bis 5.00 Uhr morgens angehalten, hieß es. Polizei und Armee hätten die Taliban aber zurücktreiben können, sagte Bezirksgouverneur Diliwal. Die Sicherheitslage blieb zunächst angespannt.
Die Überfälle in Paktia und Gasni belegen, dass die Zentralregierung in Kabul im Kampf gegen die Taliban immer stärker in die Defensive gerät. In der vergangenen Woche sind nach Angaben der UN 20.000 Menschen vor Kampfhandlungen zwischen radikalislamischen Talibankämpfern und Einheiten der afghanischen Regierung aus ihren Dörfern geflohen.
Zahl der Binnenflüchtlinge steigt
Wie aus dem jüngsten Afghanistan-Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervorgeht, stieg damit die Zahl der Kriegsvertriebenen in diesem Jahr auf knapp 290.000. Allein in Kabul kamen zwischen dem 9. und dem 15. Oktober rund 900 Binnenflüchtlinge aus vier Provinzen rund um die Hauptstadt an, heißt es in dem Bericht.
In den südafghanischen Provinzen Kandahar, Sabul und Urusgan waren mindestens 10.000 Menschen auf der Suche nach Schutz. In der nordafghanischen Provinz Kundus, wo bis 2013 noch die Bundeswehr Schutzmacht war, flohen mindestens 5200 Menschen. Der einst ruhige Norden steht in diesem Jahr für 36 Prozent aller Kriegsvertriebenen. Auch im Westen und Osten des Landes verzeichnete die UN weitere Binnenfluchtbewegungen. Im vergangenen Jahr waren mehr als 660.000 Afghanen aus ihren Dörfern geflohen. Für 2017 hatten die UN zu Jahresbeginn noch mindestens 450.000 weitere Zwangsvertriebene erwartet.
Quelle: n-tv.de
Tags: