Was bringt Erdogans Jerusalem-Gipfel?

  13 Dezember 2017    Gelesen: 744
Was bringt Erdogans Jerusalem-Gipfel?
In Istanbul beraten Vertreter von 57 islamischen Staaten auf Einladung der Türkei. Einziger Tagesordnungspunkt: eine Antwort auf die US-Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen. Doch die Teilnehmer sind sich ganz und gar nicht einig.
Wenn die Mitglieder der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul zusammenkommen, dürfen sie sich der türkischen Gastfreundschaft gewiss sein. Bereits seit Tagen wird in der Stadt gegen die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt demonstriert.

Gestern waren Lkw- und Taxifahrer an der Reihe: "Palästina wird seit 1948 nach und nach von Israel vereinnahmt. Sich mit erhobenem Haupte einer Armee aus Banditen gegenüber zu stellen, ist für jeden Muslim eine Ehrensache. Daran möchten wir die muslimischen Länder erinnern", sagt einer. "Wir als Mitglieder des Taxifahrerverbands haben uns entschieden, alle us-amerikanischen und israelischen Waren zu boykottieren", sagt ein anderer.

Türkisch-israelisches Verhältnis steht auf dem Spiel

Verwunderlich sind solche Aussagen nicht, denn der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte mit markigen Worten die Linie vorgegeben, als er sagte: "Dieses Israel ist ein Terrorstaat." Wenige Worte, die reichen könnten, um das in den letzten Jahren mühsam gekittete türkisch-israelische Verhältnis zu zerstören. Die Türkei unterhält gute Verbindungen zur radikalislamischen Hamas.

Und Erdogan persönlich sieht sich als Fürsprecher der palästinensischen Anliegen. "Jerusalem ist wie unser Augapfel. Wir werden Jerusalem nicht der Willkür eines Staates von Kindermördern überlassen", sagt Erdogan. Auch wenn der türkische Präsident mit seiner aggressiven Rhetorik relativ isoliert dasteht - in der Sache sind sich die meisten Führer der arabischen Welt grundsätzlich einig.

Trotzdem dürfte es auf dem Sondergipfel kaum möglich sein, alle 57 Staaten auf eine konsequente Linie einzuschwören. Denn die Bereitschaft der muslimischen Länder, sich auf einen Konflikt mit Israel und den USA einzulassen, ist höchst unterschiedlich. Während die Türkei auf Konfrontationskurs geht, ist Saudi-Arabien zwischen der Solidarität mit Palästina und seinem engen Verhältnis in Washington hin- und hergerissen.

Eher denkbar als eine Kampfansage wäre also eine Erklärung, die sich am Friedensplan der Arabischen Liga orientiert, sagt deren Generalsekretär Ahmed Aboul Gheit: "Die Friedensinitiative der Arabischen Liga hat eine komplette Normalisierung der Beziehungen zwischen den arabischen Staaten und Israel in Aussicht gestellt, sofern sich Israel von palästinensischem und arabischem Boden zurückzieht. Das ist das Angebot der Araber. Wenn wir selbst erwägen würden, unsere Initiative einzufrieren oder gar zurückzuziehen, dann wäre das wie Selbstmord. Denn es gibt keine Alternative zu unserem Vorschlag."

Dieser Vorschlag basiert auf dem vollständigen israelischen Abzug aus den im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzten Gebieten - auch das klingt im Moment eher unrealistisch.

Erdogans Ankündigung jedenfalls, auf dem Sondergipfel die gesamte islamische Welt in Bewegung zu setzen, könnte sich als zu vollmundig erweisen. Zumal wichtige arabische Staaten gar keinen Repräsentanten nach Istanbul schicken, darunter Saudi-Arabien, Marokko, Ägypten, Bahrain und der Irak.

tagesschau.de

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