Bis zuletzt sah es allerdings nicht so aus, als ob es in wichtigen Fragen große Fortschritte oder sogar einen Durchbruch geben könnte. Die seit 2015 andauernde Auseinandersetzung über die Asylpolitik in Europa gewann kurz vor dem Gipfel sogar noch einmal an Schärfe. EU-Kommission und Europaparlamentarier übten am Mittwoch heftige Kritik an Gipfelchef Donald Tusk, der die Pflicht aller EU-Staaten zur Aufnahme von Flüchtlingen infrage gestellt hatte.
Konkret geht es bei dem Streit vor allem darum, wie künftig im Fall einer Flüchtlingskrise besonders stark betroffene Staaten entlastet werden können. Die EU-Kommission und Länder wie Deutschland sind dafür, ein Konzept zu beschließen, das zumindest bei einem sehr starken Zustrom eine Umverteilung inklusive Aufnahmepflicht vorsieht. Polen, Ungarn und Tschechien lehnen hingegen jegliche Art von Zwang bei der Aufnahme von Flüchtlingen ab.
Startet die zweite Brexit-Phase?
Weitere heikle Gipfelthemen sind der Umgang mit der US-Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, und die Brexit-Verhandlungen mit der Regierung in London. Die britische Premierministerin Theresa May reist mit einer schweren Niederlage im Gepäck nach Brüssel. Bei einer Abstimmung am Mittwochabend im britischen Parlament sicherten sich die Abgeordneten gegen den Willen der Regierung das Recht, über ein Brexit-Abkommen abstimmen zu dürfen.
Für die verbleibenden EU-Staaten bedeutet dies mehr Unsicherheit. Sie wollen eigentlich am Freitag entscheiden, die zweite Phase der Brexit-Verhandlungen zu starten, nachdem May in der vergangenen Woche weitreichende Zugeständnisse bei Grenz- und Finanzfragen gemacht hatte.
Aus dem Pariser Élyséepalast hieß es, der Gipfel sei "eine Art Test für die europäische Dynamik". Es gehe darum, eine Reihe von Erfolgen herauszustellen - etwa in der Verteidigungspolitik, die diese Woche mit dem offiziellen Start einer ständigen militärischen Zusammenarbeit von 25 EU-Staaten deutlich gestärkt wurde. Paris stellte dies auch in den Kontext der Vorschläge von Präsident Emmanuel Macron zur Reform der EU. "Es ist sehr wichtig, dass diese Dynamik nicht abbricht", hieß es.
Frankreich wünscht sich vor allem Reformen zur Stärkung der Eurozone, die wie der Brexit am Freitag diskutiert werden sollen. Konkrete Ergebnisse oder Entscheidungen werden allerdings nicht erwartet - auch weil sich Deutschland bislang nicht klar positioniert hat. Vorankommen könne die EU bei dem Thema wohl frühestens dann, wenn in Deutschland die Regierungsbildung abgeschlossen sei, heißt es in Brüssel aus Diplomatenkreisen. Das aber kann sich bis ins Frühjahr ziehen.
Quelle: n-tv.de
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