Staatsfernsehen meldet weitere Tote bei Protesten in Iran

  02 Januar 2018    Gelesen: 277
Staatsfernsehen meldet weitere Tote bei Protesten in Iran
Bei den Protesten in Iran sollen laut einem Bericht neun weitere Menschen getötet worden sein. Unklar ist, ob es sich dabei um Demonstranten, Polizisten oder Revolutionswächter handelt.
In Iran spitzt sich die Lage offenbar immer weiter zu. Bei den Protesten im Land sind nach Angaben des staatlichen Fernsehens Irib weitere neun Menschen getötet worden. Ob sich darunter Demonstranten oder Sicherheitskräfte befanden, war zunächst nicht bekannt.

Irib hatte zuvor berichtet, dass in der Nacht zum Dienstag ein Revolutionswächter der Stadt Nadschafabad im Zentraliran von Demonstranten getötet worden sei. Er sei erschossen worden. Nach Angaben von Irib beweist die Tat, dass einige der Demonstranten bewaffnet seien. Die Revolutionswächter sind Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden, einer paramilitärischen Organisation zum Schutz des Systems.

Bis zum Montag starben nach Angaben des Staatsfernsehens im Zentral-, West und Südwestiran mindestens zehn Demonstranten. Zudem kamen ein alter Mann und ein Kleinkind bei einem Unfall während der Proteste im westiranischen Dorud um.

In sozialen Netzwerken wird behauptet, dass die Polizei in Dutzenden Städten auf die Demonstranten schieße; es habe am Montag erneut Tote gegeben. Diese Berichte ließen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

Anfangs Proteste gegen Wirtschaftspolitik

Die Proteste hatten am Donnerstag begonnen. Sie richteten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, wurden aber zunehmend systemkritisch. (Eine Analyse zur Situation in Iran lesen Sie hier). Am Samstag griffen die Proteste auch auf die Hauptstadt Teheran über. Nach Augenzeugenberichten griff die Polizei in Teheran mit Wasserwerfern und Tränengas ein.

Angesichts der Protestwelle hat der britische Außenminister Boris Johnson zu einer ernsthaften Debatte über die "legitimen und wichtigen Belange" der Demonstranten im Land aufgerufen. Großbritannien hoffe, dass die iranischen Behörden eine solche Debatte zuließen. "Die Menschen sollten die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung haben und auf legale Weise friedlich demonstrieren dürfen", schrieb Johnson bei Facebook.

Großbritannien bedauere die Todesfälle bei den Protesten, heißt es in Johnsons Beitrag. Man rufe alle Parteien zum Gewaltverzicht auf.

Präsident Hassan Rohani räumte ein, dass die Regierung die Lage nicht mehr völlig kontrolliere. Bei einer Krisensitzung im Parlament erklärte er, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als ausländische Verschwörung einzustufen. "Auch sind die Probleme der Menschen nicht nur wirtschaftlicher Natur, sie fordern auch mehr Freiheiten." Er kritisierte damit indirekt die Hardliner im Klerus, die seine Reformen blockieren. Rohani zufolge sollten die Proteste nicht als Gefahr, sondern als Chance angesehen werden.

Israel, Russland, EU, Gabriel - die Reaktionen

Die USA und Israel unterstützten die Proteste und äußerten ihre Hoffnung auf einen politischen Umsturz in Teheran. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu äußerte sich am Montag in einer Videobotschaft zu den Protesten: "Mutige Iraner gehen auf die Straße. Sie wollen Freiheit, sie wollen Gerechtigkeit, sie wollen die grundlegenden Rechte, die ihnen seit Jahrzehnten verweigert werden." Das russische Außenministerium warnte vor jeglicher "Einmischung" des Auslandes. Dies würde die Situation in Iran "destabilisieren".

Die EU rief die iranische Führung unterdessen auf, das Demonstrationsrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren. "Wir hoffen, dass das Recht auf friedliche Demonstrationen und die Meinungsfreiheit garantiert werden", erklärte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Montagabend. "Wir werden die Entwicklungen weiterhin verfolgen."

Zuvor hatte bereits Bundesaußenminister Sigmar Gabriel die Führung in Teheran aufgefordert, die Versammlungsfreiheit zu respektieren. Er sei "sehr besorgt" angesichts der Meldungen über getötete Demonstranten und zahlreiche Verhaftungen bei den Protesten in Iran.

Es sind die größten Unruhen seit der gewaltsam unterdrückten Protestbewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad 2009.

Quelle : spiegel.de

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