Trump macht ernst mit «America First»

  24 Januar 2018    Gelesen: 435
Trump macht ernst mit «America First»

Washington/Davos (dpa) - Ob es um Waschmaschinen geht, um Solarpaneele oder um Alufolie, um Flugzeuge aus Kanada oder um Edelstahl-Flansche aus Spanien und China: Donald Trump und seine Handelsexperten Wilbur Ross und Robert Lighthizer machen seit knapp zwölf Monaten Front gegen den Freihandel - und setzen Schritt für Schritt ihre «America First»-Politik um. Kurz vor seinem mit Spannung erwarteten Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos setzte Trump mit der Ankündigung neuer Strafzölle nun eine weitere Duftmarke.

Während etwa in Europa sich bisher noch immer die Wahrnehmung hielt, der US-Präsident habe mit seiner protektionistischen Politik nicht ernst gemacht, verfolgt die Regierung in Washington eine Strategie der Nadelstiche, etwa gegen China und Indien. Mit empfindlichen Zöllen werden vor allem Spezialprodukte mit kleineren Importvolumina belegt. Größere Marktbedeutung hat Trumps Protektionismus bisher vor allem für die Nachbarn Kanada und Mexiko. Das Freihandelskommen der USA mit beiden Ländern (Nafta) - derzeit unter Lighthizers Führung in der Neuverhandlung - steht auf der Kippe.

Deutschland hat im vergangenen Jahr nach Angaben des Zentralverbandes der Elektroindustrie Waschmaschinen im Wert von 22 Millionen Euro in die USA exportiert - gemessen am Gesamtmarkt deutscher Hersteller ein vergleichsweise geringer Anteil. China, von Trump wegen Pekings Rolle in der Nordkorea-Politik bisher vergleichsweise sanft angefasst, trifft es härter. Auch der enge Verbündete Südkorea soll bluten.

Beide Länder kündigten Proteste bei der Welthandelsorganisation (WTO) an. In Südkorea sind vor allem die Hersteller Samsung und LG betroffen. Japan verkündete wohl nicht ganz zufällig am Dienstag, elf Pazifik-Anrainer wollten im März das von den USA torpedierte Freihandelsabkommen TPP unterzeichnen - ohne Beteiligung Washingtons.

Trumps als Hardliner bekannter Handelsbeauftragter Lighthizer begründete die neuen Beschränkungen damit, dass die Regierung immer die Interessen amerikanischer Arbeiter verteidigen werde. Bei den Waschmaschinen hatte der US-Hersteller Whirlpool Washington um Schutz gebeten. Kern der Argumentation ist bei den meisten Beschränkungen, ausländische Produkte würden durch ungerechtfertigte Subventionen für den Weltmarkt so verbilligt, dass sie die US-Wirtschaft schädigen. So wehrte sich etwa der US-Hersteller Boeing mit Hilfe des Weißen Hauses erfolgreich gegen die Einfuhr von Flugzeugen des kanadischen Unternehmens Bombardier - gegen alle internationale Proteste.

Mexiko musste Einschnitte bei Zuckerexporten in die USA hinnehmen. So will Washington die heimische Maisindustrie schützen. In den USA wird zum Süßen etwa von Schokoriegeln oder Softdrinks häufig Rohrzucker durch Maissirup ersetzt. Experten auch im Land befürchten aber, dass der kurzfristige Erfolge versprechende protektionistische Ansatz mittelfristig zu einem Preisauftrieb auch im Inland führen wird.

In Peking reagierte das Handelsministerium am Dienstag empört und äußerte seine «starke Unzufriedenheit» über die Maßnahmen. China ist der weltgrößte Hersteller von Solarpaneelen. «Zusammen mit anderen Mitgliedern der Welthandelsorganisation wird China seine legitimen Interessen entschieden verteidigen», hieß es. «Die gegenwärtige Grundlage den weltweiten wirtschaftlichen Erholung ist weiter sehr schwach und erfordert gemeinsame Bemühungen aller Länder.»

Diplomaten in Peking rechneten damit, dass Trump in den nächsten Tagen weitere Strafmaßnahmen gegen China verhängen wird. Beide Länder streiten über das hohe US-Handelsdefizit, chinesischen Billigstahl, mangelnden Marktzugang in China und Druck auf US-Unternehmen, zwangsweise Technologie zu transferieren. Es wurde damit gerechnet, dass Peking - einer der größten Gläubiger der hoch verschuldeten Vereinigen Staaten - nun Vergeltungsmaßnahmen ergreifen wird.

Washingtons erste große handelspolitische Entscheidung des neuen Jahres verheißt auch nichts Gutes für deutsche Unternehmen. So hat die Trump-Regierung etwa die hiesige Stahlindustrie schon länger auf dem Kieker. Dumping-Vorwürfe erhob die US-Regierung im Vorjahr bereits gegen die Salzgitter AG und gegen die Dillinger Hütte.

Der Außenwirtschafts-Experte des Deutschen Industrie- und Handelkammertages, Volker Treier, zeigte sich beunruhigt: «Mit Sorge beobachtet die deutsche Wirtschaft den verstärkten Fokus der USA auf Handelsschutzinstrumente. Der Hang zu Protektionismus und Retorsion, bei dem die USA augenscheinlich auch Verletzungen von WTO-Regeln in Kauf nehmen, kann auch das Geschäft deutscher Unternehmen betreffen.» Grundsätzlich gelte: Anti-Dumping-Zölle sollten nur in Ausnahmefällen und bei klaren Verstößen gegen WTO-Regeln angewandt werden.

Auf Waschmaschinen werden laut Lighthizer künftig Zölle zwischen 20 und 50 Prozent erhoben. In den kommenden Jahren sollen die Tarife schrittweise reduziert werden. Bei Solarmodulen sollen die Zölle bei 30 Prozent starten und innerhalb von vier Jahren auf 15 Prozent sinken. Die für gewerbliche Rechtskonflikte zuständige amerikanische Schiedsstelle US International Trade Commission hatte teilweise zu noch höheren Zollsätzen geraten. Zuvor hatten sich US-Konzerne über unfaire Schleuderpreise von Rivalen insbesondere aus Asien beschwert.

Trump ist generell der Ansicht, dass die USA im internationalen Handel von ihren Geschäftspartnern benachteiligt werden. Er macht billige Produktion im Ausland und Importe für den Verlust zahlreicher heimischer Arbeitsplätze verantwortlich. Seine Maßnahmen sind jedoch höchst umstritten. Die Einfuhrhürden wurden unter einem schon seit Jahren nicht mehr angewendeten US-Gesetz quasi im Alleingang verhängt. Sie könnten gegen Regeln der WTO verstoßen, die eine weitere Liberalisierung und Harmonisierung des Welthandels anstrebt.

Der einflussreiche Chef der Investmentgesellschaft Blackstone, Stephen Schwarzman, verteidigte auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos die Handelspolitik Trumps. Chinas Importzölle seien bisher drei Mal so hoch wie diejenigen der USA. Schwarzman verwies auf das gewaltige Defizit der USA im Handel mit China, das Trump seit langem stört. «Diese Beziehung muss sich ändern, sie muss angemessen sein», betonte er. «Die chinesischen Gesetze ähneln denen der USA aus dem 19. Jahrhundert, so gehen eben Schwellenländer ihren Weg.»

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