Moskau oder Peking oder neuer „Ostblock“? Die EU auf Sündenbock-Suche

  07 Februar 2018    Gelesen: 1269
Moskau oder Peking oder neuer „Ostblock“? Die EU auf Sündenbock-Suche
Die Europäische Union hat kein Problem mit einem neuen „Ostblock“ oder einer angeblichen Einmischung Russlands, sondern ist für ihre Krise selbst verantwortlich. Darauf machen zwei Politikwissenschaftler aufmerksam. Für sie ist die EU-Skepsis in Prag, Bratislava, Warschau, Budapest und auch Wien verständlich und von EU-Seiten hausgemacht.

In der Europäischen Union (EU) droht ein neuer „Ostblock“ zu entstehen. Davor warnt zumindest ein Beitrag in der Online-Ausgabe der sozialdemokratischen Zeitschrift „Internationale Politik und Gesellschaft“ (IPG). Autor Paul Hockenos ist besorgt angesichts der von ihm ausgemachten „Kluft zwischen dem liberalen Westen, der eine weitere Integration anstrebt, und dem nationalistisch orientierten Osten, der einen Teil Mitteleuropas umfasst“. Die EU habe „mit den nationalistischen, euroskeptischen Regierungen Osteuropas unter Führung Polens und Ungarns ein ernsthaftes Problem“.

In der Schweizer Zeitschrift „Weltwoche“ wurde im Januar erklärt, „der Bund der Mitteleuropäer um den Ungarn Viktor Orbán und den Österreicher Sebastian Kurz“ würde die „eiernde deutsch-französische Achse“ als treibende Kraft in der EU ablösen. Das richte sich vor allem gegen die deutsche Dominanz. Dabei werde von diesen Staaten nicht weniger als eine „Kulturrevolution“ gegen „Multikulti“ angestrebt, mit einer Rückkehr zu traditionellen Werten zum Beispiel beim Familienbild.

Verbale Verschärfung und Sprachverwirrung
Für den Politologen und EU-Experten Andreas Wehr zeigen sich daran „erhebliche Differenzen innerhalb der Europäischen Union nicht nur gegenüber Großbritannien mit dem Brexit, sondern auch schon seit längerem mit den Visegrad-Staaten Polen Ungarn, Tschechien und Slowakei“. Wenn nun von sozialdemokratischer Seite der Begriff „Ostblock“ wieder eingeführt werde, „wundert mich das nicht“, sagte Wehr im Sputnik-Interview. Die Sozialdemokraten hätten in den letzten Monaten erheblichen Druck auf diese Länder ausgeübt, sich insbesondere in der Flüchtlingspolitik zu öffnen, bis hin zu Drohungen vom SPD-Vorsitzenden Martin Schulz.

„Das ist jetzt eine verbale Verschärfung, wenn man nun zu solchen Begriffen greift, die aus dem Kalten Krieg kommen“, stellte Wehr fest. Erstaunlich sei, dass nun auch Österreich dazu gezählt werde. Der Politikwissenschaftler Erhard Crome bezeichnete gegenüber Sputnik den Begriff des „neuen Ostblocks“ als „verwirrend“. Im Kalten Krieg habe die Grenzlinie an der Elbe gelegen. In der IPG werde bei den betreffenden Ländern immer wieder von „Mitteleuropa“ geschrieben. Crome verwies darauf, dass die historischen „Mitteleuropa“-Konzepte aus Deutschland kamen. „Die Sprachverwirrung hilft nicht, die Probleme aufzuklären.“

sputniknews


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