Die neue CO2-Bilanz der Internationalen Energieagentur (IEA) enthält viele Überraschungen: gute und schlechte gleichermaßen. Die schlechte zuerst: Nach drei Jahren gleichbleibender CO2-Emissionen stieg der Ausstoß des Gases weltweit 2017 erstmals wieder an. Das Ziel der Vereinten Nationen, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf unter zwei Grad Celsius halten zu können, rückt damit in noch weitere Ferne.
Kohlenstoffdioxid, das bei Verbrennungsprozessen entsteht, wird von vielen Wissenschaftlern für die Erderwärmung verantwortlich gemacht. Im vergangenen Jahr stiegen die Emissionen zum ersten Mal seit 2014 wieder an und erreichten den Rekordwert von 32,5 Gigatonnen.
Fossile Energieträger gewinnen das Rennen
Nach den Berechnungen der IEA ist das erneute Wachstum der Emissionen auf das mit 3,7 Prozent robuste Wachstum der Weltwirtschaft zurückzuführen. Beigetragen hätten vielerorts auch fallende Preise für fossile Kraftstoffe. IEA-Chef Fatih Birol kritisierte auch, dass „sich die Verbesserung der weltweiten Energieeffizienz dramatisch verlangsamte, weil die Politik sich weniger darauf konzentriert hat.“
Alle Faktoren zusammengenommen sorgten für einen Anstieg der weltweiten Energienachfrage um 2,1 Prozent – und 70 Prozent dieses zusätzlichen Bedarfs wurde durch fossile Energieträger wie Kohle, Gas und Öl gedeckt. Dadurch wurden 460 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich ausgestoßen – was rechnerisch den Emissionen von 170 Millionen Autos entspricht.
Einige gute Nachrichten enthält der Zwischenbericht der IEA zum globalen Klimaschutz auch. Vor allem eine Entwicklung mutet geradezu bizarr an: Ausgerechnet die USA entwickelten sich im Jahr eins unter Präsident Donald Trump zum erfolgreichsten Klimaschützer der Welt.
Der große Klimasünder hat eine weiße Weste
Denn nach den Zahlen der IEA stiegen die Kohlendioxid-Emissionen in den meisten großen Volkswirtschaften, darunter auch Deutschland, zwar an. Einigen wenigen Ländern jedoch gelang es, den Ausstoß des Treibhausgases gegen den Trend sogar zu senken, darunter die USA, Großbritannien, Japan und Mexiko.
Erfolgreichster CO2-Sparer in absoluten Zahlen: die USA. Nach den Zahlen der IEA gelang es den Vereinigten Staaten, die CO2-Emissionen 2017 um 0,5 Prozent oder 25 Millionen Tonnen auf 4810 Millionen Tonnen zu reduzieren. Damit verringern die USA ihre Emissionen schon im dritten Jahr in Folge.
Der Trend überrascht: Die Vereinigten Staaten tragen seit der Amtsübernahme von Donald Trump eigentlich das Stigma des größten Klimasünders der Welt. Während Großverschmutzer wie China Besserung zumindest gelobten und zum Teil auch einleiteten, leugnete Trump den Klimawandel rundheraus und erklärte ihn zu einer „Erfindung der Chinesen“.
Der 45. US-Präsident leitete zudem Maßnahmen ein, um den von ihm so empfundenen „Krieg gegen die Kohle“ zu beenden. Dazu gehörte auch der Austritt aus dem Weltklimaabkommen von Paris, den Trump im August vergangenen Jahres unter großem internationalen Protest vollzog.
Ökostrom in den USA auf dem Vormarsch
Nun allerdings zeigt sich, dass diese Schritte nichts an der Vorreiterrolle der USA geändert haben. Im Gegenteil: Frühere CO2-Sparerfolge ließen sich noch damit erklären, dass in den USA viele Kohlekraftwerke durch billiges und tendenziell sauberes Erdgas verdrängt wurden, das mithilfe der umstrittenen Fördertechnik Fracking aus der Erde geholt wurde.
Diesmal aber beruht der Klimaschutzerfolg der USA nicht auf Fracking-Gas: Die CO2-Einsparung des Jahres 2017 sei vielmehr auf den verstärkten Verbrauch erneuerbarer Energien zurückzuführen, die einen Rekordanteil von 17 Prozent erreichten, während der Anteil der CO2-armen Atomkraft bei 20 Prozent verharrte.
Warum sich Trumps politischer Kurs pro Kohle-Verstromung und gegen Klimaschutz nicht negativ auf die Klimabilanz des Landes ausgewirkt hat, lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Dazu gehört, dass sein Bekenntnis für die Kohleverstromung allein nichts an den wirtschaftlichen Fundamentaldaten verändert hat: Danach war der Einsatz von Erdgas zur Stromgewinnung in den USAökonomischer als die Verbrennung von Kohle in veralteten, ineffizienten Kraftwerken. In den USA beträgt der Anteil von Erdgas am Energiemix bereits rund 34 Prozent, der Kohleanteil weniger als 30 Prozent.
Washington hat wenig Einfluss auf Verstromung
Zudem hat die von Trump geführte Zentralregierung in Washington energie- und klimapolitisch wenig Einfluss auf die einzelnen Bundesstaaten. Regional wurde der Ausbau von Wind- und Solarkraft unabhängig von Washington weiter gefördert und ausgebaut.
Wie es im IEA-Bericht weiter heißt, waren asiatische Länder im vergangenen Jahr für zwei Drittel des zusätzlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Dennoch zeigten Umwelt- und Klimaschutzbemühungen Chinas bereits Wirkung: Während der größte CO2-Verursacher der Welt ein Wirtschaftswachstum von fast sieben Prozent hinlegte, stiegen die Kohlendioxid-Emissionen nur um 1,7 Prozent.
Nach den USA mit einem Minus von 25 Millionen Tonnen CO2 war Großbritannien mit einer CO2-Einsparung von 15 Millionen Tonnen der zweibeste Klimaschützer. Vor allem dank eines staatlich eingeführten Mindestpreises auf CO2-Emissionen ging die Kohle-Nachfrage um 19 Prozent zurück, die Emissionen sanken auf das Niveau von 1960. In Japan sorgte der Ausbau erneuerbarer Energien ebenso wie die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Atomkraftwerke für einen Rückgang der CO2-Emissionen.
welt.de
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