Der Wechsel war erwartet worden, kam dann aber doch überraschend schnell: US-Präsident Donald Trump trennt sich von seinem Sicherheitsberater H.R. McMaster. John Bolton, ehemals Botschafter der USA bei den Vereinten Nationen unter George W. Bush, wird der Nachfolger.
Trump gibt damit ein Signal, das sowohl innerhalb als auch außerhalb der USA klar verstanden werden wird. In Washington schlägt die Stunde der Falken.
Ausgerechnet Bolton. Wie kaum ein Zweiter steht der 69-Jährige für eine aggressive, unilaterale Außen- und Sicherheitspolitik, die knallhart amerikanische Interessen verfolgt und diese im Zweifel auch mit militärischen Mitteln vorantreibt. Selbst Republikaner bezeichnen den Mann mit dem buschigen Bart als "Neokonservativen auf Steroiden". Senator Rand Paul, selbst ein Konservativer, warnt, Bolton sei geradezu versessen darauf, alle außenpolitischen Fehler Amerikas der vergangenen 15 Jahre zu wiederholen.
Bolton sitzt nun an einer zentralen Schaltstelle der Supermacht: Der nationale Sicherheitsberater koordiniert die Außen- und Sicherheitspolitik der Regierung und ist einer der wichtigsten Berater des Präsidenten - zum Beispiel auch bei Entscheidungen über Krieg und Frieden.
Dass Bolton einen äußerst aggressiven Stil pflegt, hat er bei den Vorbereitungen des Irakkriegs 2002 unter Beweis gestellt. Da war er neben seinem Förderer, dem damaligen Vizepräsidenten Dick Cheney, einer der Hauptantreiber des Krieges. Er half als Staatssekretär im Außenministerium dabei mit, Iraks Diktator Saddam Hussein den angeblichen Besitz von Massenvernichtungswaffen nachzuweisen. Dieser konstruierte Kriegsgrund erwies sich später bekanntlich als falsch.
Trump umgibt sich mit Hardlinern
Mitarbeiter im Außenministerium, aber auch Diplomaten anderer Länder beschwerten sich immer wieder auch über Boltons rüde Umgangsformen. Sie klagten über Beschimpfungen und Drohungen. Als George W. Bush ihn 2005 zum Uno-Botschafter machen wollte, versagte der Senat seine Unterstützung. 100 Mitarbeiter des Ministeriums warnten vor seiner Nominierung. Bush setzte Bolton am Ende doch mit einem Verfahrenstrick durch. Bolton selbst spottete über die Uno, von den 38 Stockwerken des Hauptquartiers in New York könne man sofort zehn streichen, es würde niemand bemerken.
Die Ernennung von Bolton zum neuen Sicherheitsberater zeigt nun, dass sich Trump offenbar entschlossen hat, sein Team von Außen- und Sicherheitspolitikern mit mehr Hardlinern zu besetzen. Erst in der vergangenen Woche hatte er Außenminister Rex Tillerson durch den bisherigen CIA-Chef Mike Pompeo ersetzt. Wie Bolton ist auch er treuer Anhänger von Trumps "America First"-Ideologie.
Sowohl Tillerson als auch McMaster galten dagegen in der Regierung eher als moderate Kräfte. McMaster, der Militärhistoriker, erregte häufiger den Unmut des Präsidenten, weil er abwägte und im Umgang mit Verbündeten wie Gegnern auch zur Mäßigung mahnte. Unter deutschen Außenpolitikern erwarb er sich einen guten Ruf. Er galt in Berlin als einer der wenigen "vernünftigen" Ansprechpartner in der Trump-Regierung.
Zu einem letzten Konflikt zwischen Trump und McMaster kam es wohl in den vergangenen Tagen. Am Dienstag telefonierte Trump mit Russlands Präsident Wladimir Putin und gratulierte ihm zu Wahlsieg. Danach wurde an die Medien durchgestochen, dass das Team von Sicherheitsberater McMaster Trump ausdrücklich darauf hingewiesen habe, Putin eben nicht zur Wahl zu gratulieren. Schließlich sei diese ja nicht frei und fair gewesen. Außerdem stehe Putin im Verdacht, den Gasanschlag auf einen Ex-Spion in Großbritannien angeordnet zu haben.
Trump war öffentlich bloßgestellt und soll wegen der Indiskretion, die womöglich aus dem Team von McMaster kam, einen Tobsuchtanfall gehabt haben. Allerdings wird im Weißen Haus bestritten, dass die Trennung damit im Zusammenhang stehe.
Mit Bolton dürfte Trump nun eher auf einer Wellenlänge liegen. Der gelernte Jurist, der wegen seiner extremen Ansichten eigentlich seit Jahren als Außenseiter in der Szene der Sicherheitspolitiker gilt, hat in den vergangenen Monaten alles dafür getan, um Trumps Gunst zu erringen.
Vor allem trat er immer wieder bei Trumps Lieblingssender Fox News auf, wo er den Präsidenten über den grünen Klee lobte. Er unterstütze Trumps umstrittene Entscheidung, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen. Und er setzt wie Trump auf eine baldige Beendigung des Atomabkommens mit Iran. Er forderte im Fernsehen sogar, dass die USA auf einen "Wechsel des Regimes" in Teheran hinarbeiten sollten. In Sachen Nordkorea zählte Bolton zu den wenigen Außenpolitikern, die öffentlich für einen militärischen Erstschlag der USA gegen die Führung Nordkoreas argumentierten.
Trump ist immer weniger bereit, auf Berater zu hören
Für Amerikas Verbündete wie Gegner sind die Umbesetzungen in Trumps Team der Außen- und Sicherheitspolitik eher schlechte Nachrichten. Es zeigt sich, dass Trump offenbar immer weniger gewillt ist, auf Berater zu hören, die andere Ansichten vertreten als er. Sowohl Bolton als auch der neue Außenminister Pompeo dürften Trumps aggressive Instinkte und breitbeiniges Auftreten im Umgang mit anderen Ländern eher befeuern, als bremsen.
Offen bleibt indes die Frage, wie Bolton sich mit Verteidigungsminister James Mattis und Stabschef John Kelly verstehen wird. Beide sollen mit McMaster immer wieder Reibereien erlebt haben und für seine Entlassung eingetreten sein. Die Berufung von Bolton durch Trump sehen sie laut Medienberichten dennoch skeptisch. Zwar gelten beide ebenfalls eher als Falken. Aber Bolton könnte sogar ihnen zu radikal sein, heißt es in Washington.
Vielleicht löst sich dieser drohende Konflikt dann bald ganz von allein: Zumindest Stabschef John Kelly steht angeblich ebenfalls auf Trumps Abschussliste.
spiegel.de
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