Die ersten US-Diplomaten haben in Russland ihre Koffer gepackt und das Botschaftsgelände in Moskau gemeinsam mit ihren Familien Richtung Flughafen verlassen. Mit der Ausreiseverfügung verhielt sich der Kreml zu den Ausweisungen einer gleich großen Anzahl russischer Diplomaten aus den USA. Diese waren am Osterwochenende in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Insgesamt haben die USA, Großbritannien und andere westliche Staaten mehr als 150 russische Diplomaten ihrer Länder verwiesen. Damit reagierten sie auf den Giftanschlag auf den früheren Doppelagenten Sergej Skripal am 4. März im südenglischen Salisbury.
Der Russlandbeauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, hat unterdessen vor einer weiteren Eskalation im Ost-West-Streit über die Schuld am Giftanschlag gewarnt. Man müsse "das Risiko dieser Eskalationsspirale erkennen und sagen, jetzt brauchen wir eine Pause", so der SPD-Politiker zu ARD.
Das sei auch sachlich geboten, denn in der nächsten Woche stünden Ergebnisse der Laboruntersuchungen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) an, die vielleicht weiterführen könnten. Zumindest bis dann sollte man warten, ehe man weitere Maßnahmen ergreife. Man müsse erst einmal weiter sprechen, sagte Erler.
Die OPCW hatte nach dem Anschlag auf Skripal und dessen Tochter im südenglischen Salisbury auf britischen Wunsch hin unabhängige Ermittlungen aufgenommen. Die Organisation überwacht die Einhaltung der Chemiewaffen-Konvention von 1997. Am Dienstag hatten Forscher eines britischen Chemiewaffenlabors erklärt, es sei unklar, ob das verwendete Gift in Russland hergestellt wurde.
Erler sagte, diese Aussage werde den Druck auf Großbritannien erhöhen, weitere Belege für seine Sicht der Dinge vorzulegen. Die Regierung in London macht Russland für den Giftanschlag verantwortlich, was die Führung in Moskau vehement zurückweist.
Sie spricht vielmehr von einer Verschwörung der amerikanischen und britischen Geheimdienste, um Russland in die Enge zu treiben. Die Bundesregierung hat die russischen Unschuldsbeteuerungen wiederholt zurückgewiesen und die Darstellungen aus Moskau als Nebelkerzen bezeichnet.
Über den Fall Skripal und seine Folgen soll am Donnerstag der Uno-Sicherheitsrat auf Antrag Russlands in einer Sondersitzung beraten. Am Mittwoch war Russland bei einer Sondersitzung der OPCW mit seinem Antrag gescheitert, eine gemeinsame Ermittlung aufzunehmen.
spiegel
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