Ein umstrittenes Militärprojekt spaltet die Belegschaft von Google. In einem Protestbrief an Konzernchef Sundar Pichai appellieren Tausende Mitarbeiter, keine Technologie mehr aus dem Bereich künstliche Intelligenz für Drohnen des US-Militärs bereitzustellen. Wie im März bekannt wurde, hilft Google dem Pentagon im Rahmen von "Project Maven" seit fast einem Jahr, Drohnenbilder auszuwerten. Viele Mitarbeiter lehnen es ab, dass Google ins Kriegsgeschäft einsteigt und fordern Pichai nun auf, den Vertrag mit dem Pentagon zu beenden.
Google solle sich grundsätzlich nicht an "Geschäften mit dem Krieg" beteiligen, heißt es in dem Schreiben, das der "New York Times" vorliegt. Gut 3000 Mitarbeiter sollen es unterschrieben haben. "Don't be evil"- "sei nicht böse" appellieren die Absender unter Berufung auf das alte von Larry Page und Sergey Brin bei der Gründung ausgegebene Motto. Die Menschen hätten große Angst. Der Konzern dürfe das Vertrauen der Öffentlichkeit nicht verspielen. Kooperationen mit dem Militär beschädigten Googles Ansehen aufs Schwerste.
Der Konzern stelle sich in eine Reihe mit Rüstungskonzernen wie Palantir, Raytheon und General Dynamics. Nur weil andere Tech-Firmen wie Microsoft und Amazon sich an Militärprogrammen beteiligten, müsse Google das nicht ebenfalls tun. "Die moralische Verantwortung für unsere Technologie darf nicht ausgelagert werden", fordern die Mitarbeiter.
Kein Geschäft mit Krieg?
Es ist ein idealistischer Appell, der offensichtlich aber nicht von allen Mitarbeitern geteilt wird. Google hat weltweit gut 80.000 Beschäftigte. Dennoch ist die Kritik und die Warnung der Mitarbeiter auch symptomatisch. Denn das Verhältnis zwischen Silicon Valley und US-Regierung wird immer komplizierter.
Die Tech-Riesen schmieden in ihren Werkstätten hochmoderne Technologien im Bereich künstliche Intelligenz, die auch zunehmend interessanter für militärische Zwecke werden. Dass sich Anfragen aus Washington häufen, wundert also nicht. Ältere Tech-Unternehmen wie IBM und Oracle unterhalten schon lange enge Beziehungen mit dem US-Verteidigungsministerium. Für die jüngeren Unternehmen wie Google stellen sich neue ethische Fragen. Dass ein Teil der Mitarbeiter von Google solche Aufträge kritisch hinterfragt, überrascht auch nicht, weil das Unternehmen die Beschäftigten immer explizit dazu auffordert, zu allen Themen kritisch Stellung zu nehmen.
Erst kürzlich konnten die Mitarbeiter laut "New York Times" dem Management auch direkt Fragen zu "Project Maven" stellen. Google-Managerin Diane Greene habe versucht, die Bedenken auszuräumen und zu beruhigen, zitiert die Zeitung einen Unternehmenssprecher. Zu dem Zeitpunkt seien viele Unterschriften aber bereits gesammelt gewesen. Sowohl Google als auch das Pentagon betonen, dass die spezielle Technologie des Tech-Unternehmens kein autonomes Waffensystem schafft, das in der Lage wäre, ohne Bedienung durch Menschenhand zu feuern. Eine bessere Auswertung der Drohnenvideos helfe, menschliche Ziele zu identifizieren, helfe aber auch dabei, versehentliches Töten von unschuldigen Zivilisten zu verhindern.
Wer ist gut, wer böse?
In einer Erklärung vom Dienstag, die die "New York Times" zitiert, die nicht Bezug auf den Protestbrief nimmt, heißt es, dass "jede militärische Nutzung maschinellen Lernens natürlich berechtigte Bedenken aufkommen lässt". Und weiter: "Wir befinden uns im gesamten Unternehmen in einer umfassenden Diskussion über das wichtige Thema." Ein solcher Austausch sei "äußerst wichtig und nützlich". Ähnlich hatte es in einer Stellungnahme im März geklungen. Laut der Zeitung befürchten einige Mitarbeiter dennoch Sanktionen der Google-Führung.
Bemerkenswert ist, dass einige der Top-Führungskräfte hochkarätige Verbindungen ins Pentagon haben. Ex-Google-Chef Eric Schmidt zum Beispiel arbeitet immer noch für die Muttergesellschaft Alphabet und ist gleichzeitig Mitglied in einem Beratungsgremium des Pentagon, dem Defense Innovation Board. Dort sitzt auch Google-Vizepräsident Milo Medin.
Ob sich bei Google Idealismus oder Gewinnmaximierung durchsetzen wird, liegt in der Hand der Firmenführung. Das alte Firmenmotto gibt es nicht mehr. Als die vielen Projekte und Tochterfirmen des Unternehmens 2015 im Mutterkonzern Alphabet neu strukturiert wurden, hatte "Don't be evil" ausgedient. Seitdem findet sich im Verhaltenskodex des Unternehmens stattdessen nur noch der Hinweis, Mitarbeiter "sollten das Richtige tun - dem Gesetz folgen, ehrlich handeln und andere mit Respekt behandeln".
Quelle: n-tv.de
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