Fernsehen kann bilden. Es kommt halt darauf an, was man schaut. Angesichts der vom US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Schutzzölle auf Aluminium und Stahl ist die Komödie "Ferris macht blau" unbedingt empfehlenswert.
In einer der bekanntesten Szenen des Films von 1986 wird erklärt, warum solche Zölle eine ganz schlechte Idee sind. Ein humorloser Lehrer langweilt seine apathischen Schüler: "1930 hat das von den Republikanern kontrollierte Repräsentantenhaus ein Gesetz verabschiedet zur Milderung der… Wer weiß es? (..) Der Großen Depression. Dieses Gesetz hieß… Wer weiß es? (…) Das Zollgesetz", doziert Ben Stein monoton. "Das Hawley-Smoot-Zollgesetz, welches die Zölle senkte oder hob? Wer weiß es? Das die Zölle anhob mit der Absicht die Staatseinnahmen zu erhöhen. Hat das Gesetz funktioniert? (…) Es hat nicht funktioniert, und die Vereinigten Staaten fielen noch tiefer in die Depression."
Das klingt durchaus bekannt. Tatsächlich gibt es bemerkenswerte Parallelen zur Gegenwart.
Die Wirtschaft lief rund, die Arbeitslosigkeit war niedrig, und so gab es im Wahlkampf von 1928 vor allem ein Thema: die Landwirtschaft. Denn während der industrielle Sektor in den USA brummte und die ökonomische Zukunft verkörperte, fühlten sich die Farmer abgehängt.
Zwei republikanische Politiker brachten vor diesem Hintergrund ein protektionistisches Gesetz auf den Weg, das nach ihnen benannt wurde: Senator Reed Smoot aus Utah und Willis Hawley, Abgeordneter des Repräsentantenhauses und aus Oregon. Ursprünglich sollten Schutzzölle lediglich auf Wolle und auf Zucker verhängt werden - doch es wurden sehr viel mehr.
Viele Senatoren und Abgeordnete wollten nur dann Schutzzöllen zustimmen, wenn auch ihre Wähler vor ausländischer Konkurrenz geschützt würden. Das führte dazu, dass Präsident Herbert Hoover schließlich Zölle auf mehr als 20.000 Produkte verhängte - unter anderem 35 Prozent auf Goldfische. Weder ein Brief von rund 1000 Ökonomen noch eine Delegation um US-Automobilpionier Henry Ford ("ökonomische Dummheit") hatten Hoover umstimmen können.
Unangenehme Konsequenzen
Der Gedanke hinter diesen Zöllen: Sie sollen die heimische Produktion vor ausländischer Konkurrenz schützen, indem Importe verteuert werden. Das soll US-Konsumenten dazu bewegen, in den Vereinigten Staaten Hergestelltes zu kaufen. Klingt einleuchtend. Doch wird von den Befürwortern übersehen, dass Zölle insgesamt unerfreuliche Folgen haben.
So helfen Woll-Zölle zwar denjenigen, die für den Heimatmarkt Wolle produzieren. Sie können ihre Ware teurer verkaufen. Das bedeutet aber auch, dass die Kosten für diejenigen steigen, die Wolle verarbeiten - und das führt dazu, dass sie den Preis für ihre Produkte erhöhen und Konsumenten beispielswiese für Kleidung mehr Geld ausgeben müssen. Mit anderen Worten: Der Verbraucher zahlt für die Zölle.
Höhere Preise für Aluminium und Stahl in den USA bedeuten, dass etwa Autos, Hochhäuser, Konservendosen oder Kühlschränke teurer werden. Schätzungen zufolge sind in den USA 6,5 Millionen Menschen in Unternehmen beschäftigt, die Aluminium oder Stahl verwenden. Jedoch nur 140.000 US-Amerikaner arbeiten an deren Herstellung.
Das letzte Mal hatten die USA im Jahre 2002 Stahl-Zölle erhoben - und sie nach 20 Monaten wieder zurückgenommen. Einer Studie zufolge hatten die von George W. Bush verhängten Maßnahmen rund 200.000 Jobs gekostet - und damit mehr Arbeitsplätze vernichtet, als damals Menschen in der gesamten US-Stahlindustrie beschäftigt waren.
Dazu kommt, dass Protektionismus zu Gegenmaßnahmen einlädt. Ein Beispiel: Nachdem die USA 1930 Zölle auf Eier von acht auf zehn Cent pro Dutzend erhöht hatten, setzte Kanada die Zölle von drei auf ebenfalls zehn Cent fest. Die Exporte der US-Eierproduzenten brachen daraufhin ein. Das illustriert einen wesentlichen Punkt, der von Zoll-Freunden häufig ausgeblendet wird: Zölle können auch der Branche schaden, die sie eigentlich schützen sollen.
"Handelskriege sind gut"
Das in der Regel "Smoot-Hawely" genannte Gesetz löste eine weltweite Welle von Protektionismus aus. Inmitten der Großen Depression trugen die Zölle dazu bei, dass der US-Handel dramatisch sank. Es trat ein, wovor die Ökonomen-Zunft gewarnt hatte.
Hoover unterlag bei den Wahlen 1932 gegen Franklin D. Roosevelt, sowohl Smoot als auch Hawley verloren ihre Sitze. Angesichts der Folgen des nach ihnen benannten Gesetzes setzte sich allmählich die Erkenntnis durch, dass Protektionismus mehr schadet als nützt. Es dauerte allerdings Jahrzehnte, bis die gegenseitigen Handelsbarrieren weitgehend abgebaut waren und die Welthandelsorganisation WTO ins Leben gerufen wurde.
US-Präsident Trump jedoch ist kein Freund des Freihandels. In seiner Version von Kapitalismus gilt das Recht des Stärkeren. Er sieht im Handel einen Wettstreit, in dem die Gewinne der einen Seite zwingend die Verluste der anderen Seite sind. Daraus resultiert seine Sympathie für Protektionismus. Und so kündigte Trump an: "Handelskriege sind gut, und sie sind leicht zu gewinnen."
Wie für Politiker zu Zeiten von Smoot und Hawley haben die Zölle für Trump einen politischen Zweck: Sie sollen seiner Kernwählerschaft helfen, vor allem Industriearbeiter im so genannten Rust Belt, die sich als Verlierer der Globalisierung sehen. Heute warnen Ökonomen und Konzernchefs wie damals davor, dass Zölle einen Handelskrieg auslösen können - einen Konflikt, in dem es nur Verlierer gibt. Und auch heute hört der Präsident nicht auf sie.
Doch es gibt noch Hoffnung: Trump bleibt beim Zappen bei "Ferris macht blau" hängen.
Quelle: n-tv.de
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