Gift soll aus Labor in Südrussland stammen

  06 April 2018    Gelesen: 1719
Gift soll aus Labor in Südrussland stammen

Die Suche nach der Wahrheit im Fall des Giftanschlags auf einen russischen Ex-Spion geht in die nächste Runde. Britische Medien vermelden, dass die Herkunft des Nervengifts bekannt sei. Es soll aus einem Labor in Russland stammen. Moskau streitet alles ab.

 

Das bei dem Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal verwendete Gift stammt einem Bericht zufolge aus einer russischen Militärforschungsanlage in Schichany. Dort seien kleinere Mengen des Nervengifts Nowitschok gelagert worden, berichtete die britische Zeitung "The Times". Die Einrichtung liegt im Gebiet Saratow an der Wolga, etwa 800 Kilometer südöstlich von Moskau.

Geheimdienstinformationen wiesen klar auf Schichany hin, sagte der britische Chemiewaffen-Experte Hamish de Bretton-Gordon der Zeitung. Die dort gelagerten Mengen seien ausreichend für Attentate, aber zu gering für militärische Einsätze gewesen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass das Gift aus anderen Laboratorien der früheren Sowjetunion stamme, etwa aus der Ukraine oder aus Usbekistan.

Der Kreml wies den Bericht zurück. "Alle Standorte, an denen Chemiewaffen gelagert wurden, sind bekannt. Schichany gehört nicht dazu", sagte Michail Babitsch, der Kremlvertreter im Föderationskreis Wolga, der Agentur Interfax. In Schichany befindet sich eine Filiale des Forschungsinstituts Gosniiocht. Nach eigener Darstellung befasst sich die Einrichtung mit Sicherheitsfragen im Chemiebereich und hatte Technologien zur Vernichtung von C-Waffen entwickelt.

Briten gehen von "Nowitschok-Geheimprogramm" aus
Zuvor hatte der britische Botschafter in Berlin, Sebastian Wood, gesagt, dass Russland weiterhin mit dem Nervengift Nowitschok experimentiere. Wenn Russland sage, dass alle Kampfgifte aus Sowjetzeiten unter Aufsicht internationaler Beobachter vernichtet worden seien, so sei das aus britischer Sicht "falsch, völlig falsch", sagte Wood im Deutschlandfunk.

"Unsere Nachrichtendienste wissen, dass es dieses Geheimprogramm zum Nowitschok-Giftstoff gibt, das die russische Regierung nie offengelegt hat." Der Diplomat forderte Russland auf, als ersten Schritt diese Offenlegung nun nachzuholen. Es gehe um einen Verstoß gegen die Chemiewaffen-Konvention. Die Belege, dass Russland hinter dem Anschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal stecke, seien "klar genug".

"Wir wissen schon, dass die russischen Behörden experimentiert haben, wie man dieses Nervengift am besten einsetzt, um Menschen zu töten", sagte Wood. Bekannt sei auch, dass der russische Staat Menschen wie Skripal als Ziele von Anschläge betrachte. "Wir haben eine starke Einschätzung, dass es höchstwahrscheinlich ein Anschlag des russischen Staates war, und deshalb mussten wir alle gemeinsam reagieren".

Auswärtigen Amt findet britische Argumente schlüssig


Die Bundesregierung teilt die britischen Vorwürfe gegen Russland. Man halte die britischen Hinweise für "äußerst plausibel", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Sie sprach zudem von einem "destruktiven Verhalten" Russlands, das auf sehr konkrete Fragen der britischen Regierung nicht geantwortet habe. Deshalb sei die Reaktion Deutschlands, das wie andere Nato-Partner russische Diplomaten ausgewiesen hat, angemessen. Man sehe ein "Muster russischen Verhaltens", das immer wieder völkerrechtswidriges Vorgehen zeige.

Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nannte die Argumentation der britischen Regierung schlüssig. Der Westen sage nicht: "Es war Nowitschok, also war es Russland. Sondern: Es war Nowitschok, und wir verfügen über eine ganze Reihe von anderen Erkenntnissen", sagte er. Die Bundesregierung könne diese aber nicht alle öffentlich machen. Man komme im "Gesamtschluss" zu der Einschätzung, dass mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit" Russland hinter dem Anschlag stecke.

Die Giftattacke auf Skripal und seine Tochter im südenglischen Salisbury hat das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Russland und Großbritannien sowie anderen westlichen Ländern noch einmal massiv verschlechtert. Russland streitet jede Verantwortung für das Attentat ab. Beide Länder lieferten sich am Donnerstagabend einen heftigen Schlagabtausch im UN-Sicherheitsrat in New York. Der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja und hatte Großbritannien "dreckige Spiele" vorgeworfen. "Wir haben nichts zu verstecken, aber ich fürchte, dass Russland etwas zu befürchten haben könnte", hatte die britische UN-Botschafterin Karen Pierce entgegnet.

Quelle: n-tv.de


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