Die Expertenmission steht unter Zeitdruck: Die Rückstände von Giftgas werden von westlichen Medien als „sehr flüchtig“ bezeichnet. Die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) soll deshalb laut AFP nach einem mutmaßlichen Giftgaseinsatz am 7. April auf eine rasche Untersuchung gedrängt haben, um Beweise zu sichern.
Der Einsatz der Experten vor Ort in Duma verzögerte sich Angaben der OPCW dann zunächst, weil Syrien und Russland wegen Sicherheitsbedenken keine Genehmigung zur Reise erteilen wollten. Am Montag schließlich sicherte Russland für Mittwoch einen Beginn der Inspektion zu.
Die Sicherheitsbedenken scheinen allerdings begründet gewesen zu sein, wie die Schüsse und eine Explosion belegen. In Duma sind zwar die meisten Söldner besiegt. Aber schon an anderen Orten wie Aleppo oder Idlib hatte sich gezeigt, dass einzelne Widerstandsnester auch noch Tage nach der offiziellen Kapitulation noch nicht ausgehoben werden konnten.
Am Mittwoch allerdings war der Einsatzbeginn weiterhin völlig offen, wie OPCW-Chef Ahmet Üzümcü in Den Haag erklärte. Üzümzü stellte Bedingungen für den Beginn der Mission seiner Inspektoren: Die UN-Sicherheitsexperten müssten grünes Licht für den Einsatz geben, zudem müsse das Inspektorenteam „ungehinderten Zugang zu allen Orten“ bekommen.
Ein Erkundungsteam von UN-Sicherheitsexperten war am Dienstag in Duma unter Beschuss geraten und nach Damaskus zurückgekehrt, wie es von UN-Seite hieß. Verletzt worden sei niemand. Das Team habe in Duma prüfen sollen, ob die Sicherheit für die OPCW-Experten gewährleistet sei.
Der britische Botschafter am OPCW-Sitz in Den Haag, Peter Wilson, sagte, das UN-Sicherheitsteam sei in Duma von einer „großen Gruppe“ Demonstranten feindselig empfangen worden. Später sei das Team zum „Ziel von Beschuss aus Kleinfeuerwaffen und einer Explosion“ geworden, sagte der Botschafter. Diese Informationen habe er von der OPCW.
Die USA und Frankreich hatten Russland verdächtigt, die Ermittlungen zu verzögern. Die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland hatten dagegen bereits unmittelbar nach dem angeblichen Angriff eine Mission der OPCW gefordert.
Die OPCW soll mit Hilfe von Interviews, Bluttests und Bodenproben vor Ort nach Belegen suchen. Der Urheber soll dabei allerdings nicht ermittelt werden.
Der Westen wirft Syrien vor, einen Giftgasangriff ausgeführt zu haben, ohne dafür unabhängig überprüfbare Belege vorlegen zu können.
Russland dagegen sagt, die von den deutschen Steuerzahlern, den USA und Großbritannien finanzierten „Weißhelme“ hätten den Angriff inszeniert. Sie waren neben einer weiteren US-Gruppe und einer von Frankreich finanzierten Gruppe die einzigen Zeugen, die angeblich die Folgen des Angriffs erlebt haben. Die US-syrischen Ärzte und die Franzosen haben schon länger nichts mehr von sich hören lassen.
Ganz anders die Weißhelme: Sie bedrängen die OPCW-Inspekteure offenbar und haben ihnen angeblich ihre Informationen über den mutmaßlichen Angriff inzwischen an die OPCW übergeben. „Dazu gehört die genaue Lage der Gräber“, erklärte der Chef der Gruppe, Raed Saleh, in einer Textbotschaft an die Nachrichtenagentur Reuters. Diese sei geheimgehalten worden, um eine etwaige Manipulation der Beweise zu verhindern. Die Leichen hätten angesichts des schweren Bombardements schnell begraben werden müssen. Auch für eine gründliche Identifizierung der Opfer sei keine Zeit gewesen. „Die Priorität bestand darin, die Toten so schnell wie möglich zu begraben“, erklärte Saleh weiter.
In der OPCW geben die USA und Großbritannien den Ton an. Russland muss dagegen versuchen, eigene Allianzen aufzubauen. Sollten die Experten den Darstellungen de Weißhelme folgen und Spuren bei unbekannten Toten in geheimgehaltenen Gräbern suchen, dürfte eine Zuordnung der Täter vermutlich nicht möglich sein. Der Fall bliebe dann, wie zahlreiche andere angebliche Giftgasangriffe in Syrien, unaufgeklärt.
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