Russland erwartet stark steigende Gaspreise in Europa

  19 April 2018    Gelesen: 1816
Russland erwartet stark steigende Gaspreise in Europa

Der von westlichen Sanktionen betroffene Rohstoff-Riese Russland stellt sich auf anziehende Preise für seinen Exportschlager Gas ein. Die Nachrichtenagentur Interfax meldete am Mittwoch unter Berufung auf Schätzungen des Wirtschaftsministeriums, 2018 werde ein Anstieg um fast 18 Prozent auf 230 Dollar je 1000 Kubikmeter erwartet. Die Schätzung bezieht sich auf die Exportpreise, die der russischen Konzern Gazprom voraussichtlich für seine Lieferungen nach Europa erzielen kann. Die Zahlen sollen auch in die volkswirtschaftlichen Prognosen des Ministeriums einfließen.

 

Die jüngste Welle von US-Strafmaßnahmen gegen Russland wird laut der Rating-Agentur Fitch auf die Konjunktur durchschlagen. Das US-Finanzministerium hatte Anfang des Monats sieben russische Oligarchen und zwölf von ihnen beherrschte Firmen auf die Sanktionsliste gesetzt. Die EU hat zudem erst jüngst die im Ukraine-Konflikt verhängten Sanktionen gegen Russland um weitere sechs Monate verlängert.

In Deutschland rechnet man hingegen mit weiter günstigen Preisen. Preiserhöhungen auf breiter Front müssten die Gaskunden auch im nächsten Jahr zunächst nicht befürchten. „Leicht sinkende Netzentgelte und nur wenige Preisanpassungen zum Jahreswechsel sprechen dafür, dass Gas für Verbraucher 2018 zunächst günstig bleibt“, sagte Oliver Bohr, Geschäftsführer für den Bereich Energie bei Check24. Sein Portal hat gerade mal 21 Gasversorger ausgemacht, die ihre Preise zum Jahresbeginn um rund fünf Prozent anheben.

Verivox zählt 24 Grundversorger vor allem in Baden-Württemberg, die ihre Tarife erhöhen. Auf der anderen Seite stehen 42 bis 54 Unternehmen mit Preissenkungen. Der Großteil der rund 800 Gasversorger in Deutschland hält seine Preise stabil.

Auf mittlere Sicht könnte es jedoch auch bei den Gaspreisen wieder nach oben gehen. Dafür gibt es zwei Anzeichen: Zum einen hat sich Rohöl zuletzt wieder verteuert. Die Endpreise für Öl und Gas hängen zwar nicht mehr unmittelbar zusammen, doch ist Rohöl noch immer so etwas wie die Leitwährung auf den Energiemärkten und gibt die Richtung vor. Ein Barrel (159 Liter) der Nordsee-Sorte Brent kostete am Freitag rund 63 Dollar, das ist fast das Jahreshoch. Noch vor einem halben Jahr war ein Barrel Brent-Öl für 45 Dollar zu haben.

Das merken auch die Heizölkunden, die schon seit sechs Wochen wieder mehr als 60 Euro für 100 Liter Heizöl bezahlen müssen. Vor einem Jahr waren die Preise zwar ähnlich hoch, zwischendurch lagen sie aber auch mal bei 51 Euro. Im Jahresdurchschnitt hat sich Öl im Gegensatz zu Gas verteuert. Dennoch ist Heizen mit Öl noch immer etwas günstiger als mit Gas, wenn es nur um die Brennstoffkosten geht.

Der zweite Grund für tendenziell höhere Gaspreise ist die starke Nachfrage, sowohl international wie auch in Deutschland. In den ersten neun Monaten dieses Jahres kletterte der deutsche Gasverbrauch um neun Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Dazu tragen die privaten und gewerblichen Wärmekunden bei, vor allem aber der vermehrte Einsatz von Erdgas in Strom- und Wärmekraftwerken, meldet die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (Ageb).

Dementsprechend steigen seit Mitte des Jahres die Großhandelspreise für Gas, die ungefähr die Hälfte des Endverbraucherpreises bestimmen. „Setzt sich dieser Trend fort, könnte Gas mittelfristig für Verbraucher wieder teurer werden“, sagte Bohr.


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