Mats Hummels schlägt zurück

  01 Mai 2018    Gelesen: 1159
Mats Hummels schlägt zurück

Mats Hummels darf vor dem Halbfinal-Rückspiel bei Real Madrid nicht zu einem TV-Auftritt. Klingt nach vernünftiger Vorbereitung. Es geht in der Champions League aber auch anders, wie ein Pole im Knast und ein Waliser mit Golfschläger beweisen.

 

Als ich am Wochenende las, dass der FC Bayern seinem Nationalspieler Mats Hummels verboten hatte, als Gast in der TV-Show von Joko Winterscheidt aufzutreten, musste ich sofort an zwei Geschichten denken. Denn natürlich ist man als Fan seines Vereins im höchsten Maße daran interessiert, dass sich das geliebte Team professionell auf das kommende Spiel vorbereitet - aber was genau dieses "professionell" bedeutet, muss nicht immer ganz so klar sein, wie man vordergründig denken mag. Um das an konkreten Beispielen zu verdeutlichen, möchte ich einmal genau die zwei Geschichten erzählen, die mir am Samstag direkt im Kopf herumspukten.

Story Nummer eins spielt im Jahr 2007 - ist also noch gar nicht so lange her. Und vor allem spielt sie auf allerhöchstem Niveau. Damals wollte Liverpools Trainer Rafael Benitez sein Team mit einem kleinen Ausflug nach Portugal auf das anstehende Champions-League-Spiel in Barcelona vorbereiten. Die Devise war: ein paar Tage den Kopf freipusten, alle Sorgen vergessen und den Fokus komplett auf die wichtige Partie lenken. Das klappte auch prima - bis zum letzten Abend vor der Abreise. Was in dieser Nacht genau passierte, wird vermutlich nie zu klären sein. Eindeutig überliefert ist, dass am nächsten Morgen die portugiesische Polizei den polnischen Keeper Jerzy Dudek in Handschellen aus dem Hotel abführte. Zusammen mit seinen Kollegen Robbie Fowler und Jermaine Pennant soll er in der Nacht zuvor an mehreren Autos erheblichen Sachschaden verursacht haben. Da Zeugen nur ihn mit einem Baseballschläger gesehen haben wollten, wurde Dudek zur weiteren Klärung mit auf die Wache genommen.

Der eigentliche "Höhepunkt" der nächtlichen Aktivitäten hatte sich aber zwischen John Arne Riise und Craig Bellamy abgespielt. Da der stocknüchterne Norweger sich in dieser feuchtfröhlichen Runde standhaft geweigert hatte, an der Karaokesession der Mitspieler teilzunehmen, war Bellamy stellvertretend für seine Kameraden kurzerhand ausgerastet und hatte - Obacht! - Riise mit einem Golfschläger angegriffen. Glücklicherweise deutete Bellamy den Schlag nur an, so dass sich die Verletzungen beim Norweger in Grenzen hielten. Die Aktion brachte dem Waliser dennoch den ewigen Spitznamen "The nutter with the putter" (der Verrückte mit dem Golfschläger) ein.

Der Clou an der Geschichte: Die nächtlichen Eskapaden wären wahrscheinlich nie an das Licht der Öffentlichkeit gelangt, wenn Liverpool das Spiel in Nou Camp am Ende nicht mit 2:1 gewonnen hätte. Denn der Schütze des ersten Liverpooler Treffers war - ausgerechnet - Craig Bellamy. Und der feierte sein Tor mit einem angedeuteten Golfschwung. Selbstverständlich musste der Mann aus Cardiff hinterher der Presse erklären, was es denn mit diesem besonderen Torjubel auf sich hatte. Fast überflüssig zu erwähnen, dass natürlich der Norweger John Arne Riise den zweiten Liverpooler Treffer an diesem Abend erzielte und die Story so endgültig rund machte.

Bochumer Kaczor landet in Ausnüchterungszelle


Die zweite Geschichte ist eine Legende meines Vereins, dem VfL Bochum. Sie ist zwar schon ein paar Jahre her, zeigt dafür aber auf eine herausragende Art und Weise, wie eine eher unglücklich verlaufende Spielvorbereitung am Ende noch eine Extraschippe Motivation freisetzen kann. Also: Vor dem 29. Spieltag der Saison 1975/76 reiste der VfL Bochum zu einem Kurztrainingslager auf die Sonneninsel Gran Canaria. Das warme Wetter dort machte einige VfL-Spieler richtig durstig. Eines Abends versuchten die Profis aus dem Ruhrgebiet daher, den Flüssigkeitsverlust ohne Rücksicht auf Promille auszugleichen. Das klappte gut. Doch leider kam der etwas angeheiterte Stürmerstar Jupp Kaczor prompt etwas zu spät zum Hotel zurück. Alle Türen waren bereits geschlossen. Das brachte ihn auf die abenteuerliche Idee, mit einem abmontierten Verkehrsschild zu versuchen, über die Außenmauer zu springen. Das klappte nicht so gut, und zu allem Überfluss wurde er dabei auch noch von der Polizei entdeckt. Man nahm den Randalierer mit aufs Revier und steckte ihn für eine Nacht in die Ausnüchterungszelle. Als Kaczor am nächsten Morgen nicht zum Frühstück erschien, flog die ganze Geschichte auf. Trainer Heinz Höher war stinksauer, hatte aber sogleich eine Lösung parat: "Wenn du am Samstag gegen Köln ein Tor machst, ist das hier vergessen. Wenn nicht …!" Um die Geschichte auf den Punkt zu bringen: Der VfL Bochum schlug den 1. FC Köln mit 1:0. Und der Torschütze war natürlich? Na, klar: Jupp Kaczor!

Und was lernen wir daraus? Tja, vielleicht hätte der FC Bayern mit etwas mehr Fingerspitzengefühl seinen verdienten Nationalspieler Mats Hummels den Auftritt einfach machen lassen. Ein wenig Ablenkung kann doch eigentlich nie schaden. Aber andersherum: Treibt Hummels am Abend (20.45 Uhr im n-tv.de Liveticker)die Madrilenen mit einer herausragenden Abwehrleistung schier zur Verzweiflung, dann haben die FCB-Verantwortlichen alles richtig gemacht. Denn das ist ja Schöne am Fußball: Hinterher ist man immer schlauer! In diesem Sinne: Auf ein unterhaltsames Spiel heute Abend im Estadio Santiago Bernabéu.

Quelle: n-tv.de


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