Hoffnung auf Zypern

  21 Dezember 2015    Gelesen: 427
Hoffnung auf Zypern
Viele Anläufe scheiterten, aber nun scheint die Wiedervereinigung des geteilten Zypern nahe. Für den Westen ist die Insel im östlichen Mittelmeer wichtiger denn je – vor allem wegen Syrien und der Flüchtlingskrise.
AthenSchon wieder war ein Außenminister auf Zypern – und nicht irgendeiner: Wang Yi, Chefdiplomat der Volksrepublik China, landete am gestrigen Sonntag auf dem Inselflughafen Larnaca. Er ist nicht der erste ranghohe Staatsgast. Mitte November kam Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nach Zypern. Ihm folgten im Dezember der russische Außenminister Sergej Lawrow und John Kerry, der Chef des U.S. State Departments. So viele Außenminister hat Zypern noch nie in so schneller Folge begrüßt. Der diplomatische Stoßverkehr zeigt: Es bewegt sich etwas auf der seit 41 Jahren geteilten Insel.

Noch nie in den vergangenen vier Jahrzehnten waren die Chancen für eine Wiedervereinigung so gut. Das ist nicht zuletzt dem Inselgriechen Nikos Anastasiades und dem Zyperntürken Mustafa Akinci zu verdanken, den Führern der beiden Volksgruppen. Der konservative Anastasiades ist seit Anfang 2013 Staatschef der Republik Zypern und hat die Insel erfolgreich aus der schweren Finanzkrise geführt, mit der er bei seinem Amtsantritt konfrontiert war. Akinci wurde im April zum Präsidenten der „Türkischen Republik Nordzypern“ gewählt, die allerdings international nur von der Türkei anerkannt wurde. Beide Politiker gelten als überzeugte Verfechter einer Vereinigung, ihr persönliches Verhältnis ist gut. „Ich sehe eine reale Chance, das Zypernproblem jetzt zu lösen“, sagt Akinci. Anastasiades erklärt, er wolle „mit meinem Freund Mustafa Akinci darauf hinarbeiten, unsere Heimat endlich wiederzuvereinigen“. Auch Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon ist zuversichtlich: „Es gibt ermutigende Fortschritte, eine Lösung der jahrzehntelangen Teilung ist greifbar nahe“, sagte Ban Ki-moon Mitte Dezember.

Nicht nur die personelle Konstellation auf der Insel ist jetzt besser als je zuvor seit der Teilung. Auch die europa- und geopolitischen Voraussetzungen sind günstig. Angesichts der Flüchtlingskrise will die EU die Beziehungen zur Türkei vertiefen. Auch die Türkei, die infolge der Bürgerkriege im Nahen Osten und Nordafrika wichtige Märkte verloren hat und durch die jüngsten Spannungen mit Russland noch weiter in die Defensive geraten ist, besinnt sich wieder auf ihre europäische Perspektive. Eine Lösung des Zypernkonflikts ist die Voraussetzung für bessere Beziehungen zur EU.

Der Bürgerkrieg in Syrien verdeutlicht überdies die geostrategische Bedeutung Zyperns als „unsinkbarer Flugzeugträger“ im östlichen Mittelmeer. Großbritannien unterhält zwei bedeutende Militärstützpunkte auf der Insel. Die Basis Akrotiri spielt eine Schlüsselrolle bei den Luftangriffen der Royal Air Force auf die IS-Terrormiliz in Syrien. Der britische Premier David Cameron hat auch Frankreich angeboten, Akrotiri für Angriffe auf den IS zu nutzen. Eine Überwindung der Teilung könnte den Weg für eine Aufnahme Zyperns in die Nato ebnen.


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